Leitsatz (amtlich)
Neigt der Betroffene krankheitsbedingt dazu, eine Vielzahl von behördlichen oder gerichtlichen Verfahren zu betreiben, kommt die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts für den gesonderten, von sonstigen Aufgabenkreisen unabhängigen Aufgabenkreis "Vertretung ggü. Institutionen, Sozialleistungsträgern, Behörden und Gerichten" nur dann in Betracht, wenn diese Verfahren zu einer Gefährdung des Vermögens des Betroffenen führen können. Das ist nicht der Fall, wenn es sich um Verfahren handelt, bei denen Gebühren nicht erhoben werden (Fortführung von KG, Beschlüsse vom 9.1.2007 - 1 W 60/06, FGPrax 2007, 220 = BtPrax 2007, 84 = OLGReport 2007, 562; v. 27.11.2007 - 1 W 243/07 - zur Veröffentlichung vorgesehen).
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 16.03.2006; Aktenzeichen 83 T 127/06) |
AG Berlin-Wedding (Aktenzeichen 50-XVII 4876) |
Tenor
Der Beschluss des LG Berlin vom 16.3.2006 - 83 T 127/06 - wird aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das LG zurückverwiesen.
Gründe
I. Der Betroffene machte in einem gegen die L.B. vor dem Landessozialgericht für das Land Brandenburg geführten Rechtsstreit einen Anspruch auf Gewährung von Leistungen zur beruflichen Rehabilitation geltend. Das Landessozialgericht bestellte dem Betroffenen mit Beschluss vom 4.8.2004 bis zum Eintritt eines Betreuers einen besonderen Vertreter nach § 72 Abs. 1 SGG und teilte dies dem VormG mit.
Das VormG hat nach Einholung des Gutachtens des Sachverständigen Dr. B. und persönlicher Anhörung des Betroffenen mit Beschluss vom 23.2.2006 den Beteiligten zu 1 zum Betreuer mit dem Aufgabenkreis "Vertretung ggü. Institutionen, Sozialleistungsträgern, Behörden und Gerichten" bestellt und insofern einen Einwilligungsvorbehalt angeordnet. Der Betroffene hat gegen die Anordnung des Einwilligungsvorbehalts sofortige Beschwerde eingelegt, die das LG mit Beschluss vom 16.3.2006 zurückgewiesen hat. Hiergegen wendet sich der Betroffene mit der durch seine Verfahrensbevollmächtigte erhobenen sofortigen weiteren Beschwerde vom 6.4.2006.
II. Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben worden, §§ 29 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 und 4, 22 Abs. 1 FGG. In der Sache führt das Rechtsmittel zu einem vorläufigen Erfolg. Die angefochtene Entscheidung des LG beruht auf einer Verletzung des Rechts, §§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO.
1. Das LG hat ausgeführt, der Betroffene leide an einer seit 1981 bekannten medikamentös unbehandelten paranoiden Schizophrenie. Er sei aufgrund seiner psychischen Krankheit nicht in der Lage, sachangemessene Einsicht in seine zu regelnden Angelegenheiten zu haben, was dazu führe, dass er Anträge und Klagen verfolge, die seinem Wohl, vor allem in finanzieller Hinsicht erheblich zuwider liefen, wie sein unsinniges Begehren nach einer Berufsunfähigkeitsrente, die niedriger sein würde als die ihm bereits gewährte Erwerbsunfähigkeitsrente, deutlich mache. Auch sein Verhalten im bisherigen Betreuungsverfahren hinsichtlich der erfolglos gebliebenen Beschwerden und weiteren Beschwerden verdeutliche dies offensichtlich.
2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Allerdings hat das LG im Ausgangspunkt zutreffend seiner Entscheidung die für die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts maßgeblichen Vorschriften zugrunde gelegt. Soweit dies zur Abwendung einer erheblichen Gefahr für die Person oder das Vermögen des Betreuten erforderlich ist, ordnet das VormG an, dass der Betreute zu einer Willenserklärung, die den Aufgabenkreis des Betreuers betrifft, dessen Einwilligung bedarf, § 1903 Abs. 1 S. 1 BGB. Von einer erheblichen Gefahr ist dann auszugehen, wenn festgestellt wird, dass der Betreute am Rechtsverkehr teilnimmt und er hierbei Willenserklärungen abgibt, die ihm nachteilig sind (Jürgens, Betreuungsrecht, 3. Aufl., § 1903 Rz. 2). Die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts setzt weiter voraus, dass der Betroffene aufgrund seiner Krankheit oder Behinderung seinen Willen nicht frei bestimmen kann (BayObLG FamRZ 1998, 454).
Das LG hat jedoch übersehen, dass die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts nur dann in Betracht kommt, wenn für den Betroffenen ein Betreuer bestellt worden ist oder zugleich mit dem Einwilligungsvorbehalt bestellt wird. Denn nur dann, wenn zu Recht eine Betreuung besteht, kann auch ein Einwilligungsvorbehalt rechtmäßig sein. Dies folgt aus der strengen Akzessorietät des Einwilligungsvorbehalts, der nur für Willenserklärungen angeordnet werden kann, die den Aufgabenkreis eines Betreuers betreffen, § 1903 Abs. 1 S. 1 BGB. Deshalb ist bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit eines Einwilligungsvorbehalts auch die Berechtigung der Betreuung zu prüfen (BayObLG, OLGReport 2004, 435; Jurgeleit/Deusing, Betreuungsrecht, § 1903 BGB Rz. 7). Ausdrücklich hat das LG die Berechtigung der Betreuung nicht angesprochen. Eine am 30.7.2006 durch den Betroffenen gegen die Betreuerbestellung erhobene Beschwerde hat das LG bislang nicht beschieden. Die von dem LG getroffenen Fest...