Entscheidungsstichwort (Thema)

Sonderkündigungsrecht nach § 11 WoBindG

 

Leitsatz (amtlich)

Eine juristische Person ist kein Wohnberechtigter, der sich kraft Gesetzes auf das Sonderkündigungsrecht nach § 11 WoBindG berufen kann; ein derartiges Kündigungsrecht ist jedoch dann vertraglich vereinbart, wenn die Parteien die Geltung der Vorschriften über die Kostenmiete (§§ 8-11 WoBindG) ihrem Mietverhältnis zu Grunde gelegt haben.

 

Normenkette

WoBindG §§ 8-11

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 02.02.2006; Aktenzeichen 34 O 351/05)

 

Tenor

1. Es wird gem. § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO darauf hingewiesen, dass der Senat nach Vorberatung beabsichtigt, die Berufung der Klägerin durch Beschluss zurückzuweisen, weil sie keine Aussicht auf Erfolg hat.

2. Die Klägerin erhält Gelegenheit zur Stellungnahme hierzu binnen drei Wochen.

 

Gründe

Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg.

Nach § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung erfolgreich nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht (§ 546 ZPO) oder nach § 529 ZPO zu Grunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.

Beides ist hier nicht der Fall. Der Senat folgt vielmehr im Ergebnis der angefochtenen Entscheidung.

Insofern wird auf Folgendes hingewiesen:

1. Zu Recht hat das LG die Geltung des Sonderkündigungsrechts nach § 11 WoBindG betreffend den Mietvertrag vom 17.11.1995 zu Gunsten des Beklagten angenommen.

a) Die auf S. 4 ff. UA dargelegte Auffassung des LG, im Verhältnis zwischen den Parteien gelte das Sonderkündigungsrecht des § 11 WoBindG schon kraft Gesetzes, begegnet allerdings rechtlichen Bedenken.

(1) Zwar handelt es sich bei den Räumen in der W.-straße, EG rechts, in Berlin-... auf die der zwischen den Parteien am 17.11.1995 geschlossene Vertrag sich bezieht, um Wohnraum i.S.d. § 1 WoBindG i.V.m. § 50 Abs. 1 WoFG mit der Folge, dass die Räume grundsätzlich den Vorschriften des WoBindG unterliegen. Die Regelungen zur zulässigen Kostenmiete sowie zu ihrer Erhöhung (§§ 8-10 WoBindG) als Anknüpfungspunkt für das Kündigungsrecht des § 11 WoBindG setzen jedoch tatbestandlich jedenfalls voraus, dass zwischen dem Verfügungsberechtigten und dem Wohnberechtigten ein Wohnraummietvertrag besteht. Zu Recht weist die Klägerin auf den sozialen Schutzzweck des WoBindG hin: Die Kostenmiete soll bezahlbaren Wohnraum nur für die nach dem WoBindG Berechtigten gewährleisten.

(2) Daher scheitert eine direkte Geltung des § 11 WoBindG im vorliegenden Fall daran, dass die Parteien keinen Wohnraummietvertrag geschlossen, sondern allenfalls ein Zwischenmietverhältnis begründet haben (zum Begriff vgl. Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 9. Aufl. 2007, § 565 BGB, Rz. 1). Zwar haben sie für den Vertrag vom 17.11.1995 einen Vordruck verwendet, der mit "Mietvertrag für Neubau-Wohnungen" überschrieben ist und in dem der Beklagte durchgängig als "Mieter" bezeichnet wird. Allerdings verbietet bereits die Rechtsform des Beklagten - eine eingetragene Genossenschaft - die Annahme eines Wohnraummietverhältnisses: Eine juristische Person "wohnt" nicht. Zudem hat die Beklagte satzungsgemäß die Räume Dritten jeweils im Rahmen einer Betreuungs- und Nutzungsvereinbarung zu Wohnzwecken zur Verfügung gestellt. Der Beklagte ist daher kein Wohnberechtigter, der sich kraft Gesetzes auf das Sonderkündigungsrecht nach § 11 WoBindG berufen kann.

Etwas anderes ergibt sich nicht aus der Freistellungserklärung des Bezirksamts Pankow Berlin vom 30.8.1996. Dort wird zwar einerseits die Freistellung der Klägerin von den Bindungen des § 4 Abs. 2 WoBindG an die Dauer der Nutzung durch den Beklagten gekoppelt; andererseits ist das mit der Auflage verbunden, dass die Wohnung "von mindestens 2 Personen ausschließlich für Wohnzwecke zu nutzen" ist. Ferner ist geregelt, dass die Überlassung der Wohnung an den Nutzungsberechtigten binnen zwei Wochen dem Bezirksamt mitzuteilen ist. Darin kommt das Verständnis zum Ausdruck, dass Nutzungsberechtigter i.S.d. WoBindG jedenfalls nicht der Beklagte ist.

b) Die Parteien haben aber im Vertrag vom 17.11.1995 die Geltung der Vorschriften über die Kostenmiete (§§ 8-11 WoBindG) vereinbart. Darauf weist der Beklagte zutreffend hin. Dies ergibt sich jedenfalls aus der Anlage zum Mietvertrag, in der es u.a. heißt: "Die Wohnung, um die Sie sich beworben haben, ist im öffentlich geförderten sozialen Wohnungsbau errichtet worden. Sie unterliegt den Vorschriften des Wohnungsbindungsgesetzes - WoBindG - in der jeweils geltenden Fassung und ist gesetzlich preisgebunden. Die Miete für die Wohnung darf nur so hoch sein, dass sie zuzüglich der Umlagen (Betriebskosten) die laufenden Aufwendungen des Vermieters deckt." Nachfolgend enthält die Anlage Hinweise zur konkreten Mietberechnung sowie zur weiteren erwartbaren Kostenentwicklung.

Die Vertragspraxis der Parteien hat sich an den Regelungen zur Kostenmiete orientiert, wie die streitgegenständliche Erhöhungserklärung vom 7.4.2004 zeigt: Die Klägerin selbst bezieht sich zur Rechtfertigung für die Erhöhung...

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