Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschwerde gegen die Kostenentscheidung im einstweiligen Verfügungsverfahren; Verbot der reformatio in peius bei einer Kostenbeschwerde
Leitsatz (amtlich)
1. Eine bloß mögliche zukünftige vergaberechtswidrige Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers begründet in einem einstweiligen Verfügungsverfahren noch keinen Verfügungsanspruch. (Rn. 13)
2. Das Verschlechterungsverbot (Verbot der reformatio in peius) entsprechend § 528 Satz 2 ZPO gilt jedenfalls bei isolierten Rechtsmitteln gegen Kostenentscheidungen (entgegen KG, Beschluss vom 6. Januar 2000 - 19 W 8787/99, juris Rn. 6). (Rn. 14)
Normenkette
ZPO § 91a Abs. 1 S. 1, § 528 S. 2
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 04.02.2019; Aktenzeichen 38 O 386/18) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 4. Februar 2019 - 38 O 386/18 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Die Antragsgegnerin schrieb Abrissarbeiten in einem Vergabeverfahren nach VOB/A aus. Zuschlagskriterium war allein der Preis.
Die Antragstellerin reichte fristgerecht zum 29. Oktober 2018 ein Angebot bei der in der Ausschreibung angegebenen Vergabestelle, einem mit der Durchführung des Vergabeverfahrens von der Antragsgegnerin beauftragten Ingenieurbüro ein. Das einzige preisgünstigere Angebot der M. GmbH ging am 24. Oktober 2018 unmittelbar bei der Antragsgegnerin ein, die es an die Vergabestelle weiterleitete, wo es erst nach Ablauf der Angebotsfrist einging. Im Hinblick auf Unklarheiten bei den Preisen in dem Angebot der M. GmbH und den Verdacht einer vergaberechtlich unzulässigen Mischkalkulation lud die Vergabestelle die M. GmbH zu einem Aufklärungsgespräch am 5. November 2018.
Mit Schreiben vom 2. November 2018 rügte die Antragstellerin, dass das Angebot der M. GmbH nicht ausgeschlossen worden sei, weil es zum einen verspätet bei der Vergabestelle eingegangen sei und zum anderen eine unzulässige Mischkalkulation aufweise, und forderte die Antragsgegnerin zum Ausschluss des Angebots der M. GmbH auf.
Mit ihrem am 5. November 2018 bei dem Landgericht eingegangenen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, hat die Antragstellerin dieses Anliegen weiter verfolgt. Das Landgericht hat mit Beschluss vom selben Tag die beantragte einstweilige Verfügung ohne Anhörung der Antragsgegnerin erlassen.
Die Antragsgegnerin hat das Aufklärungsgespräch mit der M. GmbH nicht mehr durchgeführt und mit Schreiben vom 11. November 2018 das Vergabeverfahren aufgehoben, weil sie das Grundstück, auf dem die Abrissarbeiten erfolgen sollten, wider Erwarten nicht zum 14. November 2018 erwerben konnte. Die Beteiligten haben das einstweilige Verfügungsverfahren daraufhin übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt.
Mit Beschluss vom 4. Februar 2019 hat das Landgericht die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens gegeneinander aufgehoben. Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer sofortigen Beschwerde, mit der sie die vollständige Kostenlast der Antragsgegnerin anstrebt.
II. Die nach §§ 91a Abs. 2 S. 1, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte und auch sonst zulässige sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist unbegründet. Die von dem Landgericht in dem angegriffenen Beschluss angeordnete Kostenaufhebung für das in der Hauptsache erledigte einstweilige Verfügungsverfahren ist zwar zu beanstanden, indes hätte es der Antragstellerin die Kosten auferlegen müssen und nicht, wie diese meint, der Antragsgegnerin (1), was jedoch keine Veranlassung gibt, auf die allein von der Antragstellerin eingelegte sofortigen Beschwerde die Kostenentscheidung entsprechend zu Lasten der Antragstellerin abzuändern (2).
1. Gemäß § 91a Abs. 1 S. 1 ZPO entscheidet das Gericht, bei beidseitiger Erledigungserklärung in der Hauptsache über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen. Da bei der nach Billigkeit vorzunehmenden Kostenverteilung der Sach- und Streitstand zum Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses zu berücksichtigen ist, haben bei der insoweit nur summarisch durchzuführenden Prüfung die Erfolgsaussichten in der Hauptsache für die Kostenverteilung maßgeblich zu sein.
Danach wären entgegen der Auffassung des Landgerichts die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens der Antragstellerin aufzuerlegen gewesen. Denn die von der Antragstellerin in der Hauptsache begehrte einstweilige Verfügung wäre nach nur summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage nicht zu erlassen gewesen, weswegen sie in der Hauptsache unterlegen gewesen wäre und es alleine der Billigkeit im Sinne des § 91a Abs. 1 S. 1 ZPO entsprochen hätte, ihr die Kosten aufzuerlegen (vgl. Althammer in Zöller, 32. Auflage 2018, § 91a Rn. 24 m.w.N.). - Im Einzelnen:
a) Allerdings war entgegen der Auffassung des Landgerichts ein Verfügungsgrund gegeben. Denn es war denkbar, dass die preislich günstiger anbietende Konkurrentin der An...