Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit baulicher Veränderungen. Wohnungseigentumssache betreffend die Wohnungseigentumsanlage
Leitsatz (amtlich)
Die von der Gemeinschaft nicht hinzunehmenden Nachteile bei einseitigen Umbaumaßnahmen einzelner Wohnungseigentümer können in der Veränderung der Statik, der erhöhten Wartungs- und Reparaturanfälligkeit für das Dach als ganzes und in der Veränderung des optischen Gesamteindrucks der Wohnanlage liegen und bedürfen der sorgfältigen Aufklärung durch die Tatsacheninstanzen.
Normenkette
WEG § 14 Nr. 1, § 22 Abs. 1 S. 2
Beteiligte
Rechtsanwälte Dr. Bernhard Dombek u.a. |
Rechtsanwälte Jörg-Konrad Becker u.a. |
Rechtsanwälte Hans-Werner Müller |
Verfahrensgang
AG Berlin-Schöneberg (Aktenzeichen 76 II 323/89) |
LG Berlin (Aktenzeichen 150 T 20/90) |
Tenor
Unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses wird die Sache zu erneuter Verhandlung und Entscheidung an das (Landgericht zurückverwiesen, das auch über die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu befinden hat.
Außergerichtliche Kosten dritter Instanz sind nicht zu erstatten.
Der Geschäftswert wird auf 5.000,– DM festgesetzt.
Gründe
Die Antragsteller haben die Wohnung Nr. 8 im Dachgeschoß inne, über dem sich ein Gründach mit Gräsern und Kräutern befindet. Im Jahre 1988 haben sie in ihrer Wohnung ein Oberlicht einbauen lassen, wobei das Gründach durchbrochen werden mußte, was die Eigentümerversammlung mit Beschluß vom 1. November 1988 gebilligt hat. Auf der Eigentümerversammlung vom 14. Juli 1989 beantragten die Antragsteller, die Gemeinschaft solle genehmigen, daß die Antragsteller ein weiteres quadratisches Oberlicht von 3 × 3 Metern einbauen und die Gaube zur Straßenseite entsprechend der bereits vorhandenen Gaube verdoppeln dürften, was jedoch von den Eigentümern nicht gebilligt worden ist. In dritter Instanz verfolgen die Antragsteller lediglich noch ihren in den Vorinstanzen gestellten und zurückgewiesenen Hilfsantrag und auch diesen nur insoweit, als festgestellt werden soll, daß die Antragsteller auch ohne Zustimmung sämtlicher Wohnungseigentümer berechtigt seien, ein weiteres Oberlicht (in der Größe von 3 × 3 Meter im Dach über ihrer Wohnung einzubauen. Die Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht zu erneuter Verhandlung und Entscheidung.
Die gemäß §§ 27, 29 FGG. 45 WEG zulässige sofortige weitere Beschwerde ist nicht frei von Rechtsfehlern (§ 27 Abs. 1 FG
Das Landgericht führt im Hinblick auf das jetzt allein noch umstrittene Oberlicht aus: Bei der geplanten Maßnahme handele es sich um eine bauliche Veränderung, die über die ordnungsmäßige Instandhaltung oder Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgehe und die gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG nur mit Zustimmung aller Wohnungseigentümer zulässig sei. Die Baumaßnahme sei auch nicht gemäß § 22 Abs. 1 Satz 2 WEG zustimmungsfrei. In der Durchbrechung der Dachhaut und dem Einbau eines Oberlichtes verbunden mit der teilweisen Beseitigung des auf dem Flachdachbereich angelegten Gründaches liege eine Maßnahme, durch die die Rechte aller übrigen Wohnungseigentümer über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt würden. Hierzu reiche bereits das Risiko einer erhöhten Wartungs- und Reparaturanfälligkeit aus, was auch nicht durch die von den Antragstellern zugesicherte volle Haftungsübernahme für etwaige künftige Schäden ausgeräumt werde. Zudem werde in das aus ökologischen Gründen angelegte Gründach eingegriffen. Der bloße Wunsch der Antragsteller, die Wohnung nunmehr stärker zu belichten, reiche für die Annahme eines objektiven Bedürfnisses nicht aus, zumal die Antragsteller das Dachgeschoß ausgebaut erworben und die Helligkeit der Wohnung gekannt hätten.
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand. Zwar stellt die Teilbeseitigung des Gründaches sowie der Einbau eines 3 × 3 Meter großen Oberlichtes eine bauliche Veränderung im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG dar. Die weiteren Ausführungen des Landgerichts zu §§ 22 Abs. 1 Satz 2, 14 Nr. 1 WEG orientieren sich aber an dem Vorlagebeschluß des Senats vom 28. November 1990 – 24 W 5299/90 –, dem der Bundesgerichtshof mit seiner zwischenzeitlich ergangenen Entscheidung vom 19. Dezember 1991 (NJW 1992, 972 = WE 1992, 105 = GE 1992, 321) nicht gefolgt ist. Die konkreten Nachteile, die zu dem Erfordernis allseitiger Zustimmung zu geplanen Baumaßnahmen führen, bedürfen nunmehr nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, die der Senat zugrundelegt, genauerer Feststellungen, als sie in dem angefochtenen Beschluß des Landgerichts enthalten sind.
Der angefochtene Beschluß stützt den nicht hinzunehmenden Nachteil der übrigen Wohnungseigentümer unter anderem darauf, daß trotz der Regelung des § 16 Abs. 3 WEG zumindest faktisch nicht ausgeschlossen ist, daß die Eigentümergemeinschaft später Reparaturkosten hinsichtlich der Umbaumaßnahme aufbringen müßte und ein Rechtsnachfolger der Antragsteller...