Verfahrensgang
AG Berlin-Charlottenburg (Beschluss vom 04.09.2015; Aktenzeichen 61 VI 934/14) |
Tenor
I. Auf die Beschwerden der Beteiligten zu 1. bis 3. wird der Beschluss des Amtsgerichts Charlottenburg vom 04.09.2015 - 61 VI 934/14 - wie folgt abgeändert:
Der Antrag des Antragstellers vom 22.06.2015 auf Erteilung eines Erbscheins wird zurückgewiesen.
II. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet weder in 1. noch in 2. Instanz statt. Von der Erhebung von Gerichtskosten wird für die 2. Instanz abgesehen.
III. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 80.000,- Euro festgesetzt.
IV. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Auf Antrag des Antragstellers vom 22.06.2015 (Bd. I Bl. 45 f. d. A.), einen Erbschein des Inhalts zu erteilen, dass er Alleinerbe nach der Erblasserin geworden ist, hat das Amtsgericht Charlottenburg mit Beschluss vom 04.09.2015 (Bd. I Bl. 57 ff. d. A.) - unter Aussetzung der sofortigen Wirksamkeit seines Beschlusses - die Tatsachen, die zur Erteilung des vom Antragsteller beantragten Erbscheins erforderlich sind, für festgestellt erachtet und angekündigt, den beantragten Erbschein zu erteilen.
Dieser Beschluss ist - neben dem Antragsteller und den Beteiligten zu 5. bis 17. - wie folgt gestellt worden:
- der Beteiligten zu 2. am 11.09.2015 (Bd. I Bl. 70 d. A.),
- den Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 1. am 15.09.2015 (Bd. I Bl. 63 d. A.),
- der Beteiligten zu 3. am 21.09.2015 (Bd. I Bl. 74 d. A.).
Gegen diesen Beschluss haben Beschwerden eingelegt:
- die Beteiligte zu 2. mit am 28.09.2015 beim Amtsgericht Charlottenburg eingegangenen Schriftsatz vom 24.09.2015 (Bd. I Bl. 85 d. A.),
- die Beteiligte zu 1. mit am 02.10.2015 beim Amtsgericht Charlottenburg eingegangen Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom selben Tage (Bd. I Bl. 86 ff. d. A.),
- die Beteiligte zu 3. mit per Fax am 08.10.2015 beim Amtsgericht Charlottenburg eingegangen Schriftsatz vom 07.10.2015 (Bd. I Bl. 97 ff. d. A.).
Das Amtsgericht Charlottenburg hat mit Beschluss vom 12.08.2016 (Bd. II Bl. 1 ff. d. A.) den Beschwerden unter Vorlage an das Kammergericht nicht abgeholfen.
B. 1. Der Senat ist für die Entscheidung über die Beschwerden der Beteiligten zu 1. bis 3. zuständig, §§ 23a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2, 119 Abs. 1 Nr. 1b GVG, §§ 342 Abs. 1 Nr. 6, 58 ff. FamFG, § 352 Abs. 1 Satz 1 FamFG, in der bis zum 16.08.2015 geltenden Fassung (im Folgenden: FamFG a. F.)
2. Die Beschwerden sind form- und fristgerecht von den ausreichend beschwerten Beteiligten zu 1. bis 3. eingelegt worden und auch im Übrigen zulässig, §§ 58 Abs. 1, 59 Abs. 1, 61 Abs. 1, 63 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1, 64 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 Alt. 1, Satz 3, Satz 4 FamFG.
3. Die Beschwerden sind auch begründet.
Die zur Erteilung des von dem Antragsteller beantragten Erbscheins, nämlich einen Erbscheins dahingehend, dass er Alleinerbe nach der Erblasserin geworden ist, können nicht als nach § 352 Abs. 1 Satz 1 FamFG a. F. festgestellt erachtet werden. Denn der Antragsteller ist nicht Erbe oder gar Alleinerbe nach der Erblasserin geworden. Nichts anderes würde gelten, wenn der § 352 Abs. 1 Satz 1 FamFG a. F. ab dem 17.08.2015 ersetzende § 352e Abs. 1 Satz 1 FamFG herangezogen würde.
a. Nach § 1937 BGB kann der Erblasser durch einseitige Verfügung von Todes wegen, insbesondere durch ein Testament, den Erben bestimmen. Errichtet ein Erblasser mehrere Testamente, wird gemäß § 2258 Abs. 1 BGB durch die Errichtung des späteren Testaments das frühere Testament insoweit aufgehoben, als das spätere Testament mit dem früheren in Widerspruch steht. Nach § 2064 BGB kann der Erblasser ein Testament nur (höchst) persönlich errichten. Dies kann gemäß § 2231 BGB entweder zur Niederschrift eines Notars oder durch eine vom Erblasser nach § 2247 BGB abgegebene Erklärung erfolgen. § 2247 Abs. 1 BGB schreibt dabei vor, dass der Erblasser ein Testament durch eigenhändig geschriebene und unterschriebene Erklärung errichten kann. Das Erfordernis der eigenhändigen, also insbesondere nicht maschinenschriftlichen, Niederschrift (Weidlich in Palandt, BGB, 76. Aufl., 2017, § 2247 Rdnr. 6) bedeutet aber nicht, dass in einem für sich genommen formwirksamen Testament nicht auf andere Schriftstücke Bezug genommen werden könnte.
aa. Unproblematisch ist hierbei der Fall, dass es sich bei dem in Bezug genommenen Schriftstück seinerseits um eine formgültig errichtete letztwillige und wirksame Verfügung des Erblassers handelt. Das verweisende Testament muss dabei nicht für sich genommen verständlich sein. Es reicht aus, dass sich die Gesamtverständlichkeit erst aus beiden Urkunden zusammen ergibt (Weidlich, a. a. O., § 2247 Rdnr. 8).
bb. Entspricht das in Bezug genommene Schriftstück für den Fall, dass das verweisende Testament für sich genommen nicht verständlich ist, nicht der Testamentsform und will der Erblasser erst durch die Verweisung den Inhalt seiner letztwilligen Verfügung zum Ausdruck bringen, ist dies formnichtig (Weidlich, a. a. O., § 2247 Rdnr. 8). So kann der E...