Entscheidungsstichwort (Thema)

Mehrvertretungszuschlag in Wohnungseigentumssachen. Wohnungseigentumssache

 

Leitsatz (amtlich)

1. Es liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Wohnungseigentumsverwalters, ob er Ansprüche der Eigentümergemeinschaft als Verfahrensvertreter oder Verfahrensstandschafter gerichtlich geltend macht.

2. In Wohnungseigentumssachen ist das Gericht im Rahmen des § 47 Satz 2 WEG befugt, den ggf. entstandenen Mehrvertretungszuschlag eines Rechtsanwalts in die Erstattungspflicht einzubeziehen oder von ihr auszunehmen.

 

Normenkette

WEG § 47 S. 2; BRAGO § 6 Abs. 1 S. 2

 

Beteiligte

weitere Beteiligte wie aus dem Beschluß des Landgerichts Berlin vom 27. November 1992 – 150 T 9/92 – ersichtlich

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Schöneberg (Aktenzeichen 76 II 409/90)

LG Berlin (Aktenzeichen 150 T 9/92)

 

Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner hat die Gerichtskosten dritter Instanz zu tragen. Er hat ferner der Gemeinschaft deren notwendige außergerichtliche Kosten dritter Instanz zu erstatten, und zwar einschließlich des etwa erwachsenen Mehrvertretungszuschlages.

Der Geschäftswert wird auf 5.577,43 DM festgesetzt.

 

Gründe

Die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners ist gemäß §§ 27, 29 FGG, 45 WEG zulässig. Insbesondere ist die Rechtsmittelbeschwer des § 45 Abs. 1 WEG erreicht. Das Rechtsmittel ist jedoch sachlich nicht gerechtfertigt. Einen Rechtsfehler, auf den die sofortige weitere Beschwerde mit Erfolg allein gestützt werden kann (§ 27 Abs. 1 FGG), weist der angefochtene Beschluß nicht auf.

Zutreffend bejaht das Landgericht die Ermächtigung der Verwalterin zur Geltendmachung der vorliegenden Forderung gegenüber dem Antragsgegner aus § 15 Abs. 1 der Teilungserklärung. Danach ist der Verwalter zur Geltendmachung von Ansprüchen gem. § 27 Abs. 2 Nr. 5 WEG ermächtigt, und zwar so, daß er Ansprüche – auch gegen einzelne Wohnungseigentümer – sowohl im eigenen Namen als auch als Bevollmächtigter der Eigentümergemeinschaft geltend machen kann. Durch die inzwischen bestandskräftig gewordene, am 1. März 1990 zu TOP 3 beschlossene Jahresabrechnung sind die von dem Antragsgegner beanstandeten Baukosten unangreifbar Kosten im Sinne des § 16 Abs. 2 WEG geworden. Durch diesen Eigentümerbeschluß ist gem. § 28 Abs. 5 WEG die Beitragsschuld des Antragsgegners gegenüber der Gemeinschaft begründet worden (BGHZ 104, 197 = NJW 1988, 1910 = WE 1988, 162). Damit ist auch die Einziehungsbefugnis der Verwalterin gegeben. Der Anspruch der Gemeinschaft auf den Abrechnungssaldo aus dem Wirtschaftsjahr 1989 gegen den Antragsgegner besteht losgelöst von dem Zustandekommen und der Zusammensetzung der in dieser Wirtschaftsperiode entstandenen Kosten. Entgegen der Auffassung des Antragsgegners bedarf die Verwalterin daher keiner besonderen Vollmacht.

Rechtlich einwandfrei führt der angefochtene Beschluß weiter aus, daß es nach Vorliegen der Jahresabrechnung 1989 nicht mehr darauf ankommt, daß es für die im Jahre 1989 erhobenen Sonderumlagen möglicherweise keine Beschlüsse der Gemeinschaft gibt. Eine aus aktuellem Anlaß beschlossene Sonderumlage stellt eine Ergänzung des laufenden Wirtschaftsplanes nach § 28 Abs. 2 und 5 WEG dar, mit der zusätzliche Vorschüsse für besondere Ausgaben erhoben werden. Unabhängig davon gehören die tatsächlichen Ausgaben nach Durchführung der Baumaßnahmen in die Jahresabrechnung für die betreffende Wirtschaftsperiode. Mit dem bestandskräftigen Eigentümerbeschluß über den betreffenden Abrechnungszeitraum sind die Sonderausgaben für die Baumaßnahmen gebilligt, ohne daß es insoweit auf die Berechtigung der Baumaßnahmen ankommt.

Es begegnet daher keinen rechtlichen Bedenken, daß das Landgericht es abgelehnt hat, das Zustandekommen und die Gültigkeit etwaiger Sonderumlagebeschlüsse vom 13. April 1989 und 16. Oktober 1989 zu prüfen. Entgegen dem Rechtsbeschwerdevorbringen kommt es somit nicht darauf an, ob hinsichtlich der Sonderumlagebeschlüsse Einladungsmängel vorlagen oder unzulässigerweise über bauliche Veränderungen beschlossen wurde.

Unerheblich sind auch die Angriffe des Rechtsbeschwerdeführers gegen die Höhe der Zahlungsverpflichtung. Verfahren in Wohnungseigentumssachen sind sogenannte echte Streitsachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit, in denen die Amtsermittlungspflicht des § 12 FGG modifiziert ist. Da die Beteiligten regelmäßig ein besonderes Interesse haben, das Gericht durch Angabe von Tatsachen und Beweismittel zu unterstützen, kann das Gericht ohne Verletzung seiner Aufklärungspflicht davon ausgehen, daß sie die ihnen vorteilhaften Umstände von sich aus vorbringen (vgl. Keidel/Kuntze/Winkler, FGG 13. Aufl., § 12 Rdn. 197). Zu dem Komplex der erbrachten Zahlungen hat der Antragsgegner in den Vorinstanzen auch umfassend vorgetragen. Demgemäß hat das Landgericht verfahrensfehlerfrei das Bestehen einer Zahlungsverpflichtung von 5.577,43 DM festgestellt. Das Rechtsbeschwerdevorbringen ändert hieran nichts.

Aus der bestandskräftig beschlossenen Jahresabrechnung 1989 ergibt sich...

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