Verfahrensgang
LG Berlin (Entscheidung vom 13.03.2006; Aktenzeichen (569) 3 Op Js 1927/04 Ns (86/05)) |
Tenor
1.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 13. März 2006 im Rechtsfolgenausspruch mit den ihm zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben.
2.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe
Das Amtsgericht Tiergarten in Berlin hat gegen Angeklagten wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln eine Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 11,00 Euro verhängt. Auf die auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Berufung der Staatsanwaltschaft hat das Landgericht Berlin das amtsgerichtliche Urteil dahin abgeändert, daß es den Angeklagten zu einer Freiheitsstrafe von zwei Monaten verurteilt hat. Mit seiner hiergegen gerichteten Revision rügt der Angeklagte die Verletzung förmlichen und sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel hat Erfolg.
1.
Gegen die Wirksamkeit der von der Staatsanwaltschaft erklärten Beschränkung der Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch, die das Revisionsgericht im Falle einer zulässigen Revision von Amts wegen zu prüfen hat (vgl. BGHSt 27, 70, 72; BGH NJW 1980, 1807; OLG Düsseldorf NStZ 1992, 298; OLG Hamm NJW 1973, 1141, 1143; OLG Karlsruhe Justiz 1988, 27; OLG Koblenz VRS 74, 270, 271; KG, Urteil vom 13. Dezember 2006 - (5) 1 Ss 305/06 (49/06) -; Meyer-Goßner, StPO 49. Aufl., § 318 Rdn. 33, § 352 StPO Rdn. 4), bestehen keine Bedenken. Die Feststellungen des Amtsgerichts tragen den Schuldspruch wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln. Sie belegen insbesondere den erforderlichen Vorsatz, da sie in ihrem Gesamtzusammenhang ausweisen, daß der Angeklagte wußte, daß er Betäubungsmittel bei sich führte.
2.
Die durch die Sachrüge veranlaßte Überprüfung ergibt, daß der Rechtsfolgenausspruch des landgerichtlichen Urteils keinen Bestand haben kann.
Allerdings ist die Strafzumessung grundsätzlich Aufgabe des Tatrichters. Denn nur er ist in der Lage, sich in der Hauptverhandlung einen umfassenden Eindruck von den Taten und der Täterpersönlichkeit zu verschaffen und auf dieser Grundlage die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, zu bewerten und gegeneinander abzuwägen (vgl. OLG Düsseldorf, NStZ 1988, 325, 326; KG, Beschluß vom 23. März 2006 - (5) 1 Ss 49/06 (7/06) - und Urteil vom 5. Juli 2005 - (5) 1 Ss 144/05 (25/05) -). Die Prüfung durch das Revisionsgericht ist daher in der Regel darauf beschränkt, ob die Strafzumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, ob der Tatrichter rechtlich anerkannte Strafzwecke außer Betracht gelassen hat oder ob sich die Strafe so weit nach oben oder unten von ihrer Bestimmung als gerechter Schuldausgleich gelöst hat, daß sie nicht mehr innerhalb des dem Tatrichter eingeräumten Spielraums liegt (vgl. BGHSt 29, 319, 320). Auch unter Berücksichtigung dieses eingeschränkten Prüfungsumfangs unterliegt der Rechtsfolgenausspruch des angefochtenen Urteils der Aufhebung.
a)
Dem in § 47 Abs. 1 StGB zum Ausdruck kommenden Willen des Gesetzgebers, bei Straftaten von geringem Gewicht der Geldstrafe den Vorzug zu geben und die Verhängung kurzer Freiheitsstrafen auf eng umgrenzte Ausnahmen zu beschränken (vgl. BayObLG NJW 1996, 798; KG, Beschlüsse vom 20. November 2006 - (5) 1 Ss 215/06 (36/06) -, 31. Mai 2006 - (5) 1 Ss 68/06 (8/06) - bei JURIS und 10. Januar 1994 - (5) 1 Ss 180/93 (40/93) -), ist dadurch Rechnung zu tragen, daß von dieser Ahndungsmöglichkeit äußerst zurückhaltend Gebrauch gemacht wird (vgl. KG, Beschluß vom 31. Mai 2006 - (5) 1 Ss 68/06 (8/06) - bei JURIS; StV 2004, 383; Tröndle/Fischer, StGB 54. Aufl., § 47 Rdn. 2, 6 ff.). Die Verhängung einer kurzen Freiheitsstrafe hat dementsprechend eine umfassende Feststellung und erschöpfende Würdigung aller tat- und täterbezogenen Umstände zur Voraussetzung, die für und gegen die Annahme eines derartigen Ausnahmefalls sprechen (vgl. KG, Beschluß vom 31. Mai 2006 - (5) 1 Ss 68/06 (8/06) - bei JURIS). Die Formulierung im Gesetz, derzufolge alternativ auf besondere Umstände in der Tat oder in der Persönlichkeit des Täters abzustellen ist, darf nicht in der Weise mißverstanden werden, daß allein täterbezogene Umstände die Verhängung einer kurzen Freiheitsstrafe rechtfertigen könnten. Hier wie im gesamten Bereich der Strafzumessung ist das verfassungsrechtliche Gebot der Verhältnismäßigkeit von Tat und Rechtsfolge zu beachten (vgl. OLG Karlsruhe NJW 2003, 1825; NStZ-RR 1997, 2; OLG Stuttgart NJW 2002, 3188; KG StV 2004, 383). Die Rechtsfolge der kurzen Freiheitsstrafe muß sich daher auch im Hinblick auf das Gewicht der Tat und die Schwere der Tatschuld als gerechtfertigt erweisen (vgl. KG, Beschlüsse vom 20. November 2006 - (5) 1 Ss 215/06 (36/06) - und 31. Mai 2006 - (5) 1 Ss 68/06 (8/06) - bei JURIS).
Aus der Entscheidung des Gesetzgebers für eine Beschränkung der kurzen Freiheitsstrafe auf Ausnahmefälle ergeben sich auch besonder...