Verfahrensgang
Tenor
§ 564b Abs. 2 Nr. 1 BGB erfordert grundsätzlich ein eigenes Verschulden des Mieters und schließt damit die Zurechnung des Verschuldens von Erfüllungsgehilfen nach § 278 BGB aus.
Tatbestand
A.
Die Klägerin kündigte mit Schreiben vom 27. November 1998 den von ihrer Rechtsvorgängerin mit den Beklagten geschlossenen Wohnraummietvertrag fristlos mit der Begründung, dass die Beklagten – tatsächlich einer ihrer minderjährigen Söhne – im Hauskeller unberechtigt Strom entnommen hätten und dass dieser – im Zusammenhang damit – einen Mieterkeller aufgebrochen und dort Werkzeug entwendet habe.
Die Räumungsklage hat das Amtsgericht abgewiesen. Hiergegen hat die Klägerin Berufung eingelegt. Das Landgericht – das die Voraussetzungen einer fristlosen Kündigung nach § 554a BGB verneinen, die Kündigungserklärung jedoch in eine ordentliche Kündigung nach § 564b Abs. 2 Nr. 1 BGB umdeuten will – hat beschlossen einen Rechtsentscheid des Kammergerichts zur folgenden Frage einzuholen:
Ist dem Mieter im Rahmen des § 564b Abs. 2 Nr. 1 BGB das Verschulden Dritter nach § 278 BGB zuzurechen?
Entscheidungsgründe
B.
Die Vorlage ist gemäß § 541 Abs. 1 ZPO zulässig. Denn das Landgericht will in einer Rechtsfrage, die sich nicht nur – so der Wortlaut des Gesetzes – aus einem Mietverhältnis über Wohnraum ergibt, sondern die auch allein das materielle Wohnraummietrecht betrifft, zwar nicht – soweit ersichtlich – von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes oder eines Oberlandesgerichts abweichen, wohl aber von einer praktisch einhelligen Auffassung der Literatur und – offenbar auch – der Rechtsprechung der Amts- und Landgerichte. Damit ist die vorgelegte Rechtsfrage, die – soweit ersichtlich – durch Rechtsentscheid noch nicht entschieden ist, von grundsätzlicher Bedeutung; denn sie betrifft eine Fallgestaltung, die sich häufig wiederholen kann und keinesfalls außergewöhnlich ist. Die vorgelegte Rechtsfrage ist auch für die Entscheidung des Landgerichts erheblich; denn sowohl die Verneinung eines Rechts zur fristlosen Kündigung nach § 554a BGB und die Umdeutung der fristlosen Kündigung in eine ordentliche Kündigung als auch die grundsätzliche Bejahung der Voraussetzungen des § 564b Abs. 2 Nr. 1 BGB – nicht unerhebliche Verletzung vertraglicher Verpflichtungen – sind mindestens vertretbar, so dass der Senat bei seiner Entscheidung an diese Überlegungen des Landgerichts gebunden ist. Ferner ist aufgrund der Ausführungen des Landgerichts davon auszugehen, dass es zwar ein eigenes Verschulden der Beklagten wegen des Verhaltens ihres Sohnes verneinen, aber die Voraussetzungen des § 278 BGB bejahen will, also den Sohn der Beklagten hinsichtlich der ihnen obliegenden Unterlassungspflichten aus dem Mietverhältnis als deren Erfüllungsgehilfen betrachten will. Auch dies ist eine mindestens vertretbare Rechtsanwendung. Danach steht und fällt die Entscheidung des Rechtsstreits mit der Beantwortung der – allerdings einzuschränkenden – Vorlagefrage. Diese ist im Wege der Auslegung des Vorlagebeschlusses auf die Zurechnung des Verschuldens von Erfüllungsgehilfen zu beschränken, weil die Frage einer Zurechnung des von § 278 BGB ebenfalls erfassten Verschuldens von gesetzlichen Vertretern für die zu treffende Entscheidung des Landgerichts nicht erheblich ist.
C.
Die – eingeschränkte – Vorlagefrage ist wie aus dem Tenor ersichtlich zu beantworten. Zwar wird in der Literatur allgemein – ohne erkennbaren Widerspruch in der Rechtsprechung – die Ansicht vertreten, dass § 278 BGB auch im Rahmen der auf § 564b Abs. 2 Nr. 1 BGB gestützten Kündigung uneingeschränkt Anwendung findet (etwa Palandt/Putzo, BGB, 58. Aufl., § 564b Rn. 32 f.; Staudinger/Sonnenschein, BGB, 13. Aufl., § 564b Rn. 44 und 46; Emmerich/Sonnenschein, Miete, 7. Aufl., § 564b Rn. 24; Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 7. Aufl., § 564b BGB Rn. 10, 20; Münchener Kommentar zum BGB/Voelskow, 3. Aufl., § 564b Rn. 48; Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, Rn. IV 63; Barthelmess, Wohnraumkündigungsschutzgesetz, Miethöhegesetz, 5. Aufl., § 564b BGB Rn. 57; Wetekamp, Kommentar zum BGB-Mietrecht, § 565b Rn. 30; Lammel, Heidelberger Kommentar zum Wohnraummietrecht, § 564b BGB Rn. 52). Dabei wird jedoch übersehen, dass § 564b Abs. 2 Nr. 1 BGB bei verständiger Auslegung dieser Vorschrift sinngemäß ein eigenes Verschulden des Mieters voraussetzt und damit die Anwendung des § 278 BGB jedenfalls hinsichtlich des Verschuldens von Erfüllungsgehilfen ausschließt (vgl. Hierzu grundsätzlich: Palandt/Heinrichs, BGB, 58. Aufl., § 278 Rn. 4). Ähnlich hat bereits der 8. Zivilsenat des Kammergerichts (NJW-RR 1998, 2455 ff. = KGReport 1998, 60 ff.) die weitgehend gleichgelagerte Frage im Rahmen der fristlosen Kündigung nach § 554a BGB – allerdings beschränkt auf verspätete Mietzahlungen durch das Sozialamt – entschieden. Der entscheidende 16. Zivilsenat sieht keinen Grund, der es rechtfertigen würde, im Rahmen des § 564b Abs. 2 Nr. 1 BGB die Anwendbarkeit des § ...