Leitsatz (amtlich)
Ein behinderter, in seiner Gehfähigkeit eingeschränkter und bettlägeriger Mieter hat jedenfalls dann keinen Anspruch gem. § 554a Abs. 1 Satz 1 BGB auf Genehmigung einer von ihm im Treppenhaus angebrachten Viedeokameranlage, wenn er an seinem Bett über eine Wechselsprechanlage und an der Wohnungseingangstür über einen Türspion verfügt.
Verfahrensgang
AG Berlin-Pankow/Weißensee (Aktenzeichen 7 C 107/08) |
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung durch einstimmigen Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO teilweise zurückzuweisen, und zwar in folgendem Umfang:
a) soweit sie sich gegen die Verurteilung zur Beseitigung des Leuchtstrahlers sowie Außenspiegel und die entsprechende Unterlassung (Klageantrag zu 1) richtet
b) soweit sie sich gegen Verurteilung zur Entfernung der Videokameraanlage (nicht der Gegensprechanlage) und die entsprechende Unterlassung (Klageantrag zu 2) richtet
c) soweit sie sich gegen Abweisung des Widerklageantrags zu 1) richtet
d) soweit sie sich gegen die Abweisung des ersten Punkt des Widerklageantrags zu 2) (Trocknen und Verputzen von Kellerwänden) richtet.
Gründe
Die Berufung hat überwiegend keine Aussicht auf Erfolg. Der Senat folgt - mit Ausnahme des teilweisen Klageantrages zu 2) (Beseitigung der Gegensprechanlage) und des 3. Punktes des Widerklageantrages zu 2) (Zurückräumen des Mobiliars) - den im Wesentlichen zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, die durch die Berufungsbegründung nicht entkräftet worden sind. Ergänzend wird auf Folgendes hingewiesen:
Nach § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Beides ist - jedenfalls überwiegend - nicht der Fall.
Die Klägerin hat gegen den Beklagten gem. § 1004 Abs. 1 BGB einen Anspruch auf Beseitigung des am Außenfensterbrett angebrachten Leuchtstrahlers und Außenspiegels und einen Anspruch darauf, dass der Beklagte es unterlässt, einen derartigen Leuchtstrahler und Außenspiegel anzubringen. Die Klägerin ist nicht zur Duldung verpflichtet, insbesondere gibt § 554a BGB entgegen der Auffassung des Beklagten keinen Anspruch gegen die Klägerin auf Genehmigung dieser baulichen Veränderungen. Gemäß § 554a Abs. 1 Satz 1 BGB kann der Mieter vom Vermieter die Zustimmung zu baulichen Veränderungen oder sonstigen Einrichtungen verlangen, die für eine behindertengerechte Nutzung der Mietsache oder den Zugang zu ihr erforderlich sind, wenn er ein berechtigtes Interesse daran hat. Der Beklagte hat den Leuchtstrahler und den Außenstrahler nicht angebracht, um eine behindertengerechte Nutzung der Mietsache oder den Zugang zu ihr ermöglichen, sondern, er hat diese baulichen Veränderungen vorgenommen, nachdem sich die Übergriffe auf seinen Fuhrpark häuften und das neu lackierte Missionsmobil wiederholt mit Graffitis beschmiert wurde (Bl. 35, 51), um sich Beschädigungen und Diebstahlshandlungen zu ersparen.
Die Klägerin hat gegen den Beklagten gem. § 1004 Abs. 1 BGB auch einen Anspruch auf Beseitigung der oberhalb der Wohnungstür angebrachten Videokameraanlage sowie einen Anspruch darauf, dass der Beklagte es unterlässt, eine derartige Videokameraanlage installiert. Die Klägerin ist nicht zur Duldung verpflichtet, insbesondere gibt § 554a BGB entgegen der Auffassung des Beklagten keinen Anspruch gegen die Klägerin auf Genehmigung dieser baulichen Veränderungen. Gemäß § 554a Abs. 1 Satz 1 BGB kann der Mieter vom Vermieter die Zustimmung zu baulichen Veränderungen oder sonstigen Einrichtungen verlangen, die für eine behindertengerechte Nutzung der Mietsache oder den Zugang zu ihr erforderlich sind, wenn er ein berechtigtes Interesse daran hat. Die von dem Beklagten installierte Videokameranlage mag für ihn zwar eine Bequemlichkeit darstellen, sie ist aber zur behindertengerechten Nutzung der Wohnung nicht erforderlich. Wenn der Beklagte, wie von ihm vorgetragen, bettlägerig sein sollte und etwa 2 Minuten benötigt, um zur Wohnungseingangstür zu gelangen, ist seinem Bedürfnis nach ausreichend schneller Kontaktaufnahme mit Personen, die sich vor der Wohnungstür befinden, durch die vorhandene Wechselsprechanlage ausreichend genüge getan. Der Beklagte kann unverzüglich Kontakt aufnehmen und sagen, dass er sich auf den Weg der Wohnungseingangstür macht. Dort kann er sich dann mit Hilfe eines Blicks durch den Türspion, der nach seinem eigenen Vortrag einen doppelt so großen Blickwinkel wie die Videokamera hat, (Bl. 56) darüber informieren, wer vor der Tür steht.
Der Beklagte hat gegen den Kläger keinen Anspruch auf Verbindung der Wohnungstürklingel mit der Telefonanlage. Er hat auch keinen Anspruch auf Installation einer zusätzlichen Glocke.
Zwar hat das AG den Beklagten nicht darauf hingewiesen, dass es seinen Vortrag zu der behaupteten Vereinbarung für unsubstantiiert hält, die Rüge der Verletzung der richterlichen Hinweispflicht (§ 139 ZPO) hat aber nur dann...