Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 20.07.2018; Aktenzeichen 80 OH 139/16) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragsteller vom 20. Juli 2018 wird der Beschluss des Landgerichts vom 13. Juni 2018 - 80 OH 139/16 - dahin abgeändert, dass die Kostenberechnung Nr. 201600207 des Antragsgegners vom 15. April 2016 aufgehoben wird.
Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens beider Instanzen zu tragen.
Gründe
I. Die nach § 129 Abs. 1 GNotKG statthafte und auch sonst gemäß § 130 Abs. 3 S. 1 GNotKG in Verbindung mit den §§ 63, 64 FamFG zulässige Beschwerde des Antragstellers ist begründet. Entgegen der Auffassung des Landgerichts steht dem Antragsgegner der mit seiner Kostenberechnung Nr. 201600207 vom 15. April 2016 gegenüber den Antragstellern geltend gemachte Gebührenanspruch nicht zu.
Diese Gebühren sind allerdings, wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, durch die Beurkundung eines gemeinschaftlichen Testaments zu seiner UR-Nr. 134/2016 in der geltend gemachten Höhe entstanden. Ihrer Erhebung steht aber der von den Antragstellern geltend gemachte Einwand eines amtspflichtwidrige Verhaltens des Antragsgegners im Zusammenhang mit der Beurkundung und damit einer unrichtigen Sachbehandlung nach § 21 Abs. 1 S. 1 GNotKG entgegen, aus dem zugleich ein der Gebührenforderung entgegenstehender Schadensersatzanspruch aus § 19 BNotO folgen würde. Unter beiden rechtlichen Gesichtspunkten kommt eine Erhebung der von dem Antragsgegner mit seiner Kostenberechnung geltend gemachten Gebühren nicht in Betracht. Denn ihm ist ein amtspflichtwidriges Verhalten vorzuwerfen (1.), wobei der geltend gemachte Gebührenanspruch bei amtspflichtgemäßem Verhalten nicht entstanden wäre (2.).
1. Zutreffend hat das Landgericht erkannt, dass die Antragsteller dem Antragsgegner zwei Amtspflichtverletzungen zur Last gelegt haben, und zwar zum einen eine unterlassene Belehrung über die Kosten der Beurkundung des gemeinschaftlichen Testaments und zum anderen eine unterlassene Belehrung über die Folgen des beurkundeten Geschäfts. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Antragsgegner die Antragsteller vorliegend über die Kosten der Beurkundung zu belehren gehabt hätte. Jedenfalls war er verpflichtet, den Willen der Antragsteller und ihre Interessenlage zu erforschen und sie über mit der Beurkundung eines sog. Berliner Testaments einhergehende nachteilige steuerliche Folgen für sie aufzuklären. Dass der Antragsgegner dies unterlassen hat, war amtspflichtwidrig.
a) Nach § 17 Abs. 1 S. 1 BeurkG soll der Notar unter anderem den Willen der Beteiligten erforschen, den Sachverhalt klären, die Beteiligten über die rechtliche Tragweite des Geschäfts belehren. Dabei soll er darauf achten, dass Irrtümer und Zweifel vermieden sowie unerfahrene und ungewandte Beteiligte nicht benachteiligt werden (Satz 2). Hiernach hat der Notar grundsätzlich den Willen der Beteiligten und ihre Interessenlage zu erforschen. Auf dieser Grundlage hat er sie im Rahmen der gestaltenden Beratung dann grundsätzlich auf verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten hinzuweisen und insofern auf den Inhalt des Geschäfts Einfluss zu nehmen. Haben die Beteiligten demgegenüber schon eine bestimmte Gestaltungsform gewählt, hat er die Beteiligten nur noch zu der von ihnen gewählten Gestaltung zu belehren (Ganter, a.a.O., Rn. 967). Während sich die Rechtsbelehrungspflicht aus § 17 Abs. 1 S. 1 BeurkG grundsätzlich nicht auf die steuerrechtlichen Rechtsfolgen des beurkundeten Geschäfts bezieht, der Notar also dazu nicht zu belehren hat (Eggenstein in: Die Amtshaftung des Notars, 4. Auflage 2018, Rn. 520), trifft ihn eine darüber hinausgehende erweiterte Belehrungspflicht auch über nachteilige steuerliche Folgen des Rechtsgeschäfts, wenn er die hierfür maßgeblichen Tatsachen kennt oder fahrlässig nicht kennt, wenn ihm die steuerlichen Folgen hieraus bekannt sind und wenn er Anlass zu der Vermutung haben muss, dass sich der von der Steuerpflicht möglicherweise Betroffene der Gefahr nicht bewusst ist (vgl. BGH, Urteil vom 5. Februar 1985 - IX ZR 83/84 -, juris Rn. 14; Eggenstein, a.a.O., Rn. 555: "betreuende Belehrungspflicht"; Ganter, a.a.O., Rn. 1287 m.w.N.). Er hat die Urkundsbeteiligten mithin auf die steuerlichen Gefahren aufmerksam zu machen und darf und muss ihnen überlassen, wie sie sich sodann verhalten wollen (Eggenstein, a.a.O., Rn. 560; Ganter, a.a.O., Rn. 1293 f.), während es entgegen der Auffassung der Antragsteller nicht seine Aufgabe ist, sie darüber hinaus steuerrechtlich zu beraten (vgl. Eggenstin, a.a.O., Rn. 577).
b) Hier lag auf der Hand, dass die von den Antragstellern gewünschte Gestaltung in erheblicher Weise erbschaftsteuerliche Auswirkungen haben konnte, die durch andere Gestaltungen als ein Berliner Testament vermeidbar hätten sein können. Das lag umso näher als der Antragsgegner unmittelbar vor der Beurkundung des Berliner Testaments einen Schenkungsvertrag über eine Immobilie zwischen den Antragstellern beurkundet hatte und ihm daher bekannt war, dass Immobilienvermögen vorhand...