Normenkette
BGB §§ 133, 157, 2084, 2087 Abs. 2, § 2102 Abs. 1, §§ 2270, 2289 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
AG Berlin-Schöneberg (Beschluss vom 12.01.2020; Aktenzeichen 66 VI 264/20) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Amtsgerichts Schöneberg vom 12.1.2020 (Az. 66 VI 264/20 - Nachlassgericht) abgeändert:
Die zur Begründung des von den Antragstellern gestellten Erbscheinsantrags erforderlichen Tatsachen werden festgestellt.
Das Amtsgericht wird angewiesen, den beantragten Erbschein zu erteilen.
Gerichtskosten werden für das Beschwerdeverfahren nicht erhoben.
Gründe
I. Die am ... geborene Frau I... M... E... B... (im Folgenden: Erblasserin) heiratete am ... den am ... geborenen A... F... K.... Ihre Ehe blieb kinderlos. Sie hatten am ... einen Ehevertrag geschlossen und darin Gütertrennung vereinbart.
Der Beteiligte zu 1 ist der Cousin der Erblasserin, die Beteiligte zu 2 dessen Ehefrau, die Beteiligte zu 3 ist die Schwester der Erblasserin.
Am ... schlossen die Erblasserin und ihr Ehemann einen Erbvertrag vor dem Notar O... (Bl. 66 d.A.). In diesem Erbvertrag heißt es u.a.:
1.) Wir setzen uns durch diesen Erbvertrag gegenseitig zu Vorerben ein. Der Überlebende von uns soll von den Beschränkungen soweit befreit sein, wie es das Gesetz zulässt.
2.) Nacherbin soll die Schwester der Erschienenen zu 2.) sein, und zwar, Frau B... B..., geb. am ..., zur Zeit wohnhaft in ....
Ersatzerbin soll sein Frau I... M... B..., geb. am ..., zur Zeit wohnhaft in ....
Sollte auch die Ersatznacherbin zum Zeitpunkt des Todes des Längstlebenden nicht mehr leben, soll Erbin der S..., ..., ..., sein.
3.) Der Erschienene zu 1.) erklärte weiter:
Mein Kind aus 1. Ehe,
- Frau B... S... geb. K... (...)
und mein Kind aus 2. Ehe,
- Herr Dr. C... K... (...)
setze ich auf den Pflichtteil.
4.) Vertragsmäßig sollen nur die Bestimmungen zu 1.) und 2.) sein.
Den Wert unseres beiderseitigen reinen Vermögens geben wir mit 274.000 DM an. (...)"
Einen Entwurf dieses Erbvertrags hatte der Notar den Eheleuten zuvor mit Schreiben vom 29.4.1985 übersandt. In diesem Schreiben heißt es u.a. (Bl. 61 d.A.):
"Sie baten mich um die Vorbereitung einer Urkunde zwecks Aufnahme Ihrer letztwilligen Verfügungen. Nach erneuter Überprüfung der Angelegenheit habe ich mich dazu entschlossen, Ihnen den Abschluß eines Erbvertrages zu empfehlen. Den Entwurf des Erbvertrages füge ich in der Anlage bei. Die Ziffer 3.) des Entwurfes wäre überflüssig, weil sie sich aus der gegenseitigen Vorerbeneinsetzung als selbstverständlich ergibt. Zur Verdeutlichung habe ich jedoch die Ziffer 3.) noch mit aufgenommen. Da die Ziffer 3.) lediglich eine Entscheidung von Ihnen, Herr K..., ist, mußte zusätzlich die Ziffer 4.) aufgenommen werden, wonach lediglich die Ziffern 1.) und 2.) erbvertragliche Bestimmungen enthalten. (...)"
Der Ehemann der Erblasserin starb ....
Das Amtsgericht Lemgo erteilte am 28.12.2007 auf Antrag von Herrn Dr. C... K... einen gemeinschaftlichen Erbschein (Az. 11 VI 357/07), wonach die Erblasserin zu 1/4 und Herr Dr. C... K... zu 3/4 Erbe des Nachlasses von A... F... K... geworden sei (Bl. 93 d.A.). Der Nachlasswert wurde im Erbscheinsantrag mit 3.000 EUR angegeben, Grundbesitz sei nicht vorhanden. Der Erbschein wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Lemgo vom 16.11.2017 eingezogen (Bl. 24 der Beiakte 11 VI 357/07 des AG Lemgo). Zur Begründung heißt es, der Erbschein sei aufgrund gesetzlicher Erbfolge erteilt, zwischenzeitlich habe sich jedoch das Vorliegen einer letztwilligen Verfügung herausgestellt, nach der sich die Erbfolge richte, so dass der erteilte Erbschein einzuziehen sei.
Die Erblasserin errichtete am 31.7.2017 ein notarielles Testament, in der sie zu ihrem alleinigen Erben Herrn F... G... U... (den Beteiligten zu 4) ernannte, als Ersatzerbin seine Ehefrau S... U... (Bl. 11 der Beiakte 66 IV 197/20).
Die Erblasserin errichtete sodann am 26.1.2020 ein handschriftliches Testament, das mit "Widerruf des Testaments vom 31.07.2017" überschrieben ist. Darin heißt es u.a.:
"Ich vererbe meine Immobilie: Grundstück, Wohnhaus, Garage mit dem "Groß-Iventar" und meinem geliebten Haustier an meinen Cousin
1. M... B... D... (...)
2. seiner Ehefrau A... T... D... (...)
an J... A... D... (...)
3. Meine Schwester erhält als Vermächtnis einen Betrag von 50.000,00 EUR (...)
(...)
8. Der Erbe meiner Immobilie ist verpflichtet, die Grabstelle meiner Eltern bis zur Ablaufzeit März 2026 wie gewohnt über die Fa. B... B... (...) wie gewohnt zu pflegen, gießen und bepflanzen zu lassen."
Das Testament ist jeder Zeit widerrufbar!
Berlin, den 26. Jan. 2020"
Am 2. Februar 2020 ergänzte die Erblasserin das Testament vom 26.1.2020 um einige Punkte (Bl. 31 d.A.).
Am ... starb die Erblasserin.
Am 1.9.2020 haben die Antragsteller die Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins beantragt, wonach sie beide und ihre gemeinsame Tochter J... A... Erben der Erblasserin zu je 1/3 geworden seien.
Das Nachlassgericht hat am 30.10.2020 darauf hingewiesen, dass die Erblasserin nicht befugt gewesen sein dürfte,...