Entscheidungsstichwort (Thema)
Bestandskraft des Jahresabrechnungsbeschlusses auch bei Sonderbelastung eines Wohnungseigentümers. Wohnanlage
Leitsatz (amtlich)
Legen die Wohnungseigentümer einzelne Posten der Jahresabrechnung im Vertrauen auf eine Erstattungszusage vollständig auf einen einzelnen Wohnungseigentümer um, so ist dieser Abrechnungsbeschluss nur anfechtbar, nicht aber wegen Überschreitung der absoluten Beschlusskompetenz nichtig.
Normenkette
WEG § 23 Abs. 4, § 28 Abs. 5
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 19.05.2000; Aktenzeichen 85 T 96/00) |
AG Berlin-Charlottenburg (Aktenzeichen 70 II 237/96) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Gerichtskosten dritter Instanz zu tragen und dem Verwaltungsvermögen der Eigentümergemeinschaft die notwendigen außergerichtlichen Kosten dritter Instanz zu erstatten.
Der Geschäftswert dritter Instanz wird auf 6.523,69 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Der Antragsteller war einer der beiden teilenden Eigentümer der Wohnanlage. Er besaß ein Ausbaurecht an der Einheit Nr. 12, die veräußert wurde. Mit der Erwerberin ergaben sich mehrere Rechtsstreitigkeiten. Nach dem unwidersprochenen Vortrag der übrigen Wohnungseigentümer übernahm der Antragsteller schon in den Jahren vor 1995 persönlich und allein Rechtsverfolgungskosten der Gemeinschaft gegen die Erwerberin der Einheit Nr. 12.
In die Jahresabrechnung 1995 setzte die Verwalterin demgemäß u. a. Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 6.523,69 DM ein, die sie auch voll in die Einzelabrechnung des Antragstellers einsetzte. Zu der Eigentümerversammlung am 15. April 1996, in der zu TOP 2 über die Jahresabrechnung 1995 und die Einzelabrechnungen beschlossen werden sollte, wurde hinsichtlich der Wohneinheit Nr. 11 nicht der Antragsteller, sondern der Käufer der Wohnung eingeladen. Mit Eigentümerbeschluss vom 15. April 1996 zu TOP 2 wurde die Jahresabrechnung 1995 mit den Einzelabrechnungen mehrheitlich gebilligt. Das Protokoll der Eigentümerversammlung wurde dem Antragsteller, der noch bis zum 21. Mai 1996 als Eigentümer der Wohnung Nr. 11 im Grundbuch eingetragen war, am 3. Mai 1996 zugestellt. Mit dem am 30. Mai 1996 per Post und per Telefax eingegangenen Antrag hat der Antragsteller „Einspruch” gegen den Abrechnungsbeschluss für 1995 erhoben und zuletzt nur noch die ihm auferlegten Rechtsanwaltskosten in Höhe von 6.523,69 DM beanstandet mit der Begründung, er habe sich jedenfalls nicht verpflichtet, ohne vorherige Prüfung Anwaltskosten der Gemeinschaft voll zu übernehmen. Der Abrechnungsbeschluss sei nicht nur anfechtbar, sondern wegen Überschreitung der Regelungskompetenz der Eigentümergemeinschaft nichtig.
Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 14. Februar 2000 den Antrag des Antragstellers zurückgewiesen. Die Erstbeschwerde des Antragstellers hat das Landgericht mit den angefochtenen Beschluss vom 19. Mai 2000 mit der Begründung zurückgewiesen, die Beschlussanfechtungsfrist des § 23 Abs. 4 WEG sei nicht eingehalten. Wiedereinsetzung sei dem Antragsteller nicht zu gewähren. Der Abrechnungsbeschluss sei auch nicht nichtig, weil sich die Regelungskompetenz der Gemeinschaft aus § 28 Abs. 5 WEG ergebe. Gegen diesen Beschluss richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers.
Entscheidungsgründe
II.
Die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers ist gemäß §§ 27, 29 FGG, 45 WEG zulässig. Das Rechtsmittel ist jedoch in der Sache nicht gerechtfertigt. Einen Rechtsfehler, auf den die sofortige weitere Beschwerde mit Erfolg allein gestützt werden kann (§ 27 Abs. 1 WEG), weist der angefochtene Beschluss nicht auf.
1. Zutreffend hat das Landgericht angenommen, dass die Beschlussanfechtungsfrist des § 23 Abs. 4 WEG am 15. Mai 1996 abgelaufen ist Auch wenn der Antragsteller am 21. Mai 1996 aus der Eigentümergemeinschaft ausgeschieden ist, hätte er den ihn belastenden Abrechnungsbeschluss vom 15. April 1996 im Wohnungseigentumsverfahren anfechten können (Bärmann/Pick/Merle, WEG 8. Aufl., § 43 Rn. 90).
2. Zutreffend hat das Landgericht dem Antragsteller auch die Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Beschlussanfechtungsfrist versagt, weil ein Wiedereinsetzungsgrund nicht vorliegt. Nach dem eigenen Vorbringen hat der Antragsteller die Versammlungsniederschrift am 3. Mai 1996, also rechtzeitig vor Ablauf der Anfechtungsfrist erhalten. Zudem wäre auch die zweiwöchige Wiedereinsetzungsfrist des § 22 Abs. 2 Satz 4 FGG versäumt.
3. Wegen der Versäumung der Beschlussanfechtungsfrist kommt eine gerichtliche Überprüfung des Eigentümerbeschlusses vom 15. April 1996 zu TOP 2, auch soweit die Anfechtung zulässigerweise auf die dem Antragsteller auferlegten Rechtsanwaltskosten von 6.523,69 DM beschränkt worden ist, auf formelle und inhaltliche Fehler nicht an. Demgemäß kann es dahingestellt bleiben, ob die Nichteinladung des Antragstellers zur Versammlung sich auf die Beschlussfassung ausgewirkt hat oder der eingeladene Käufer nach den Umständen als ermächtigt angesehen werden kann, das Stimmrecht ...