Entscheidungsstichwort (Thema)
Verwirkung von Beseitigungsansprüchen. Regelungskompetenz der Eigentümergemeinschäft
Leitsatz (amtlich)
1. Eine der Teilungserklärung an sich widersprechende äußere Gestaltung der Wohnanlage (hier: der Gartengestaltung der Gemeinschaftsfläche) wirkt für den Neuerwerber wie eine Erstherstellung, deren Änderung er nicht verlangen kann.
2. Der Ausschluß individueller Beseitigungsansprüche in bezug auf eine langjährige Gartengestaltung schließt die Kompetenz der Gemeinschaft hinsichtlich einer Neuregelung der Gartengestaltung für die Zukunft nicht aus.
3. Der Regelungsanspruch bezüglich einer neuen Gartenordnung ist vorrangig Sache der Eigentümergemeinschaft, bevor die Wohnungseigentumsgerichte damit zulässiger weise befaßt werden können.
Normenkette
WEG § 14 Nr. 1, § 15 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 19.08.1988; Aktenzeichen 191 T 67/87 (WEG)) |
AG Berlin-Schöneberg (Aktenzeichen 76 II (WEG) 24/86) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Der Geschäftswert wird auf 5.000,– DM festgesetzt.
Gründe
Der Antragsteller und die Antragsgegner zu 1. bis 7. streiten um die Gestaltung des Gartens auf der Terrassenseite ihrer Reihenhäuser. Die Teilungserklärung vom 3. Februar 1971 bestimmt in §§ 3 Abs. 2, 4 Abs. 2 a, daß das gesamte Grundstuck Gemeinschaftseigentum ist. Eine Regelung über die Gartengestaltung ist weder durch die Teilungserklärung noch sonst in einer Gemeinschaftsordnung getroffen worden. Am 18. April 1974 ist auf einer Wohnungseigentümerversammlung beschlossen worden: „Es wurde die Gartengestaltung erörtert, wobei es den unmittelbaren Anliegern überlassen bleibt, die Gestaltung vorzunehmen.” Wohnungseigentümerbeschlüsse, vom 15. Dezember 1982 und 31. August 1983 dahingehend, daß jeder Eigentümer die vor und hinter seinem Reihenhaus liegende Grünfläche freihändig gestalten und allein nutzen kann, wobei die Abgrenzung zum Nachbarn in Höhe der Hausgrenze vorzunehmen ist, sind durch gerichtliche Entscheidungen für ungültig erklärt worden.
In dem Lageplan Bd. I der Bauakten ist ein Öltank im Erdreich unterhalb das Hauses Nr. 3 (Sondereigentum des Antragsgegners zu 1.) gehörenden Terrasse eingezeichnet. Die Bauzeichnung mit dem eingetragenen Erdtank ist als Aufteilungsplan Bestandteil der Abgeschlossenheitsbescheinigung vom 11. März 1971. Die von dem Bauträger bei Errichtung der Anlage vorgenommene Bapflanzung der im Gemeinschaftseigentum stehenden Gartenfläche würde durch die Wohnungseigentümer seit 1972 schrittweise einvernehmlich vorgenommen. Der Antragsteller erwarb das Sondereigentum an dem Reihenhaus Nr. 1 im Oktober 1982. Er beseitigte ein von dem Rechtsvorgänger der Antragsgegner zu 2. bis 7. angelegtes Rosen- und Staudenbeet teilweise, grub den anliegenden, Rasen teilweise um und pflanzte eine Hecke aus Nadelhölzern. In dem gerichtlichen Verfahren 76 II (WEG) 120/82 AG Schöneberg = 191 W 19/83 LG Berlin = 24 W 1295/85 KG wurde ausgesprochen, daß der hiesige Antragsteller diese eigenmächtigen Änderungsmaßnahmen rückgängig zu machen hat. In dem vorliegenden Verfahren verlangt der Antragsteller von seinen nächsten Nachbarn (Antragsgegner zu 2. bis 7.) und dem übernächsten Nachbarn (Antragsgegner zu 1.) jeweils die Beseitigung von Anpflanzungen, insbesondere Hecken, die sich im Bereich der Reihenhäuser Nr. 2 und 3 auf der Terrassenseite befinden; er verlangt außerdem von dem Antragsgegner zu 1. die Entfernung des sich unter der Erde im Bereich der Terrasse befindlichen Öltanks. Durch Beschluß vom 24. Februar 1987 hat das Amtsgericht die Antrage des Antragstellers zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde hat das Landgericht durch den angefochtenen Beschluß zurückgewiesen. Die sofortige weitere Beschwerde hatte ebenfalls keinen Erfolg.
Das gemäß §§ 22, 27, 29 FGG, 45 WEG zulässige Rechtsmittel ist sachlich nicht gerechtfertigt. Einen-Rechtsfehler, auf den das Rechtsmittel mit Erfolg allein gestützt werden kann, weist der angefochtene Beschluß nicht auf.
Zu dem Anspruch auf Beseitigung der Anpflanzungen (Hecken, Rosenbeet und Staudenpflanzen sowie Pflaumenbaum) führt der angefochtene Beschluß aus: Als Anspruchsgrundlage komme allein § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB in Verbindung mit § 14 Nr. 1 WEG in Betracht. Der Antragsteller sei befugt, den Anspruch allein geltend zu machen. Der Beseitigungsanspruch sei jedoch nicht gegeben. Bei den jetzt beanstandeten Pflanzungen handele es sich nicht um rechtswidrige bauliche Veränderungen. Zwar lägen weder eine sogenannte Erstanpflanzung vor noch schriftliche Vereinbarungen der Wohnungseigentümer über die Bepflanzung. Jedoch seien die Anpflanzungen jeweils aufgrund formloser Übereinkünfte unter den seinerzeitigen Wohnungseigentümern erfolgt; das Zustandekommen nichtschriftlicher „Vereinbarungen” sei zulässig.
Diese Ausführungen sind jedenfalls im Ergebnis rechtsfehlerfrei.
Es...