Leitsatz (amtlich)

Eine GmbH, die durch die Rechtskraft eines die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen mangels Masse abweisenden Beschlusses aufgelöst ist, kann nicht fortgesetzt werden.

 

Normenkette

GmbHG § 60 Abs. 1 Nr. 5; AktG § 274 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Charlottenburg (Aktenzeichen 81 HRB 79139 B)

 

Tenor

Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) wird zurückgewiesen. Die Beschwerde des Beteiligten zu 2) wird zurückgewiesen, soweit er sich gegen die Nichteintragung seiner Geschäftsführerstellung wendet. Im Übrigen wird sie als unzulässig verworfen.

 

Gründe

I. Die Beteiligte zu 1) ist seit dem 23.2.2001 in das Handelsregister eingetragen. Mit Beschluss des AG Charlottenburg - Insolvenzgericht - vom 21.10.2011,

Az.: 36b IN., ist ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels einer die Kosten des Verfahrens deckenden Masse zurückgewiesen worden. Die Auflösung der Gesellschaft aufgrund der Rechtskraft dieses Beschlusses ist von Amts wegen am 1.12.2011 eingetragen worden. Der Eintrag der Übernahme der Liquidatorenstellung des bisherigen Geschäftsführers (Beteiligter zu 2) in das Handelsregister erfolgte am 10.2.2012.

Mit einer notariell beglaubigten und in elektronischer Form eingereichten Anmeldung vom 4.12.2015 meldete der Liquidator die Änderung des Gesellschaftsvertrages, die Beendigung der Liquidation und das Ausscheiden des bisherigen Liquidators sowie seine Bestellung zum Geschäftsführer zur Eintragung in das Handelsregister an.

Diese Anmeldung hat das AG mit einem Beschluss vom 21.3.2016 zurückgewiesen. Es hat insoweit ausgeführt, dass die Gesellschaft nicht fortsetzungsfähig sei. Eine wirtschaftliche Neugründung, wie sie von der Gesellschaft geltend gemacht werde, ohne gleichzeitige Fortsetzung der Gesellschaft sei nicht möglich. Gegen diesen am 23.3.2016 zugestellten Beschluss richtet sich die Beschwerde vom 5.4.2016, der das AG nicht abgeholfen hat. Es hat die Sache vielmehr mit Beschluss vom 4.7.2016 dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II.1. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) ist nach § 58 Abs. 1 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Frist zur Beschwerde von einem Monat nach § 63 Abs. 1 FamFG ist mit dem Eingang der Beschwerdeschrift am 5.4.2016 gewahrt, weil die Zustellung des Beschlusses vom 21.3.2016 am 23.3.2016 erfolgt. Die Beschwerdebefugnis der Bet. zu 1) folgt aus § 59 Abs. 1 und 2 FamFG, der Beschwerwert von 600 EUR wird erreicht. Die Beschwerde des Beteiligten zu 2), die ebenfalls mit dem Schriftsatz vom 5.4.2016 erfolgt ist und sich auch gegen den Beschluss vom 21.3.2016 wendet, ist demgegenüber nur zulässig, soweit sich der Beteiligte zu 2) gegen die Ablehnung seiner Eintragung als Geschäftsführer wendet. Denn nur insoweit ist er durch die Entscheidung in eigenen Rechten beschwert.

2. Die Beschwerden sind, soweit sie zulässig sind, aber erfolglos. Das AG hat die Eintragung der Fortsetzung der Gesellschaft und die Eintragung der damit verbundenen weiteren Gegenstände zu Recht abgelehnt, weil die Gesellschaft nicht fortsetzungsfähig ist.

Nach § 274 Abs. 1 Satz 1 AktG kann eine durch Zeitablauf oder durch einen Beschluss der Hauptversammlung aufgelöste Aktiengesellschaft die Fortsetzung beschließen, solange nicht mit der Verteilung des Vermögens unter den Gesellschaftern begonnen worden ist. Eine entsprechende Regelung fehlt im GmbHG. Dort ist nur in § 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG geregelt, dass eine Gesellschaft, über deren Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, fortgesetzt werden kann, wenn das Verfahren auf Antrag des Schuldners bzw. seines gesetzlichen Vertreters eingestellt wird oder ein die Fortsetzung vorsehender Insolvenzplan bestätigt wird. Aus dieser Vorschrift ist aber zu schließen, dass eine Fortsetzung ausscheidet, wenn das Insolvenzverfahren durch die Schlussverteilung beendet worden ist und das Insolvenzverfahren aus diesem Grund nach § 200 Abs. 1 InsO aufgehoben wird (vgl. BGH, Beschluss vom 28.4.2015, II ZB 13/14, Rn. 7 - juris; zur AG BGH, Urteil vom 25.10.2002, V ZR 243/01 - juris). Dies folgt daraus, dass nach einer Schlussverteilung regelmäßig kein fortsetzungsfähiges Unternehmen mehr besteht; die Auflösungsfolge nach § 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG dient zudem dem Gläubigerschutz (vgl. BGH, Beschluss vom 28.4.2015, II ZB 13/14, Rn. 12). Dass es dann auch nicht darauf ankommt, ob die Gesellschaft nach der Schlussverteilung (wieder) über ein das Stammkapital übersteigendes Vermögen ankommt, beruht darauf, dass es die Beteiligten versäumt haben, die Einstellung des Insolvenzverfahrens nach den §§ 212, 213 InsO herbeizuführen und - was in den Augen des Senats noch wichtiger ist - keine Prüfung durch das Insolvenzgericht nach § 212 Abs. 2 InsO darüber stattgefunden hat, ob die Insolvenzreife überwunden ist (vgl. BGH, aaO, Rn. 15). Gerade dieser Gesichtspunkt spricht aber auch gegen die Möglichkeit, eine Fortsetzung bei einer Auflösung nach § 60 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG einzuräumen. Denn hier bestand schon mangels ausreichendem Vermögen keine Mögl...

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