Leitsatz (amtlich)

1. Kollidiert auf lichtzeichengeregelter Kreuzung ein sog. Kreuzungsräumer, der sich am Ende der für ihn geltenden Grünphase noch im Kreuzungsbereich befindet, mit einem bei Grün angefahrenen Fahrzeug des Querverkehrs, so beträgt in der Regel die Haftungsquote 1/3 zu 2/3 zugunsten des Kreuzungsräumers, und zwar wegen dessen Vorrechts, im Interesse des fließenden Verkehrs zunächst die Kreuzung räumen zu dürfen.

2. Der Vorrang des bei Grün in die Kreuzung eingefahrenen Nachzüglers, der die Kreuzung nicht vor Freigabe des Querverkehrs räumen kann, gilt auch für in der Kreuzung hängen gebliebene Linksabbieger, die in einer früheren Ampelphase in die Kreuzung eingefahren waren.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 17 O 245/07)

 

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Berufung nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.

 

Gründe

Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg, die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern keine Entscheidung des Berufungsgerichts, § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO.

Nach § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.

Beides ist nicht der Fall.

1. Das LG hat die Klage, soweit in der Hauptsache noch über sie zu entscheiden war, mit dem angegriffenen Urteil zu Recht abgewiesen, weil dem Kläger über die bereits erhaltenen Zahlungen hinaus kein weiterer Schadensersatz bzw. Schmerzensgeld aus dem Verkehrsunfall vom 30.8.2006 in Berlin zusteht.

Die von der Berufung gegen das Urteil vorgebrachten Angriffe versprechen keine Aussicht auf Erfolg.

a. Zu Recht ist das LG zu dem Ergebnis gelangt, dass das Verschulden der Beklagten zu 1. an dem streitgegenständlichen Unfall lediglich mit 1/3 ggü. der überwiegenden Haftung des Klägers i.H.v. 2/3 zu bewerten ist.

Dabei hat das LG auch zu Recht darauf abgestellt, dass die Beklagte zu 1. in der Verkehrssituation vor dem Unfall als sog. Kreuzungsräumer ggü. dem erst in einer späteren Grünphase in die Kreuzung einfahrenden Kläger bevorrechtigt war.

Die erstinstanzlich durchgeführte Beweisaufnahme, die von dem Kläger mit seiner Berufung auch nicht angegriffen wird, hat die mit der Klage aufgestellte Behauptung des Klägers, die Beklagte zu 1. sei bei für sie rot abstrahlendem Ampellicht in die Kreuzung eingefahren, nicht bestätigt. Vielmehr hat sich, wie das LG in dem angegriffenen Urteil und insoweit von der Berufung ebenfalls nicht bemängelt, festgestellt hat, ergeben, dass die Beklagte zu 1. bei für sie grünem Ampellicht in die Kreuzung einfuhr und durch eine Verkehrsstockung auf der Kreuzung an der Weiterfahrt gehindert wurde, mithin auf der Kreuzung hängen blieb, bis die für den Kläger geltende Ampel des Querverkehrs auf grün schaltete.

In dieser Verkehrssituation ist die Beklagte zu 1. ggü. dem Kläger bevorrechtigt und haftet, soweit sich nicht Anhaltspunkte dafür ergeben, dass im Einzelfall hiervon abzuweichen wäre, als Nachzügler, der die Kreuzung nicht mit der gebotenen Sorgfalt räumt, bei einer Kollision zu 1/3 (vgl. hierzu KG, Urt. v. 28.6.2004 - 12 U 94/03, NZV 2005, 95; KG, Urt. v. 6.10.1977 - 12 U 767/77, DAR 1978, 48; Senat, Urt. v. 26.3.1981 - 12 U 4387/80 - VM 1981, 75 Nr. 89; Senat, Urt. v. 26.10.1992 - 12 U 5056/91).

Der Vorrang des bei Grün in die Kreuzung eingefahrenen Nachzüglers, der die Kreuzung nicht vor Freigabe des Querverkehrs räumen kann, gilt auch für in der Kreuzung "hängen gebliebene" Linksabbieger, die in einer früheren Ampelphase in die Kreuzung eingefahren waren (vgl. Senat, Urt. v. 16.9.1982 - 12 U 906/82 - VM 1983, 84 Nr. 100). Dies war ausweislich der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme vorliegend der Fall.

b. Soweit die Berufung der Auffassung ist, die Beklagte zu 1. hafte entgegen der eben dargestellten Regel deshalb in vollem Umfang, weil sie grob verkehrswidrig die äußerst rechte Spur gewählt habe, kann dem nicht gefolgt werden.

Wie auch die Berufung ausführt, waren die ersten beiden Spuren, die die Beklagte zu 1. nach Abbiegen in die Kleiststraße hätte befahren können, durch aufgestauten Verkehr versperrt. Ein Räumen der Kreuzung, welches die Beklagte zu 1. nach der Aussage des Zeugen M stückweise im Schritttempo vornahm, war ihr mithin nur unter Befahren der äußerst rechten Spur möglich.

Hiermit hätte der Kläger, der nach den Angaben der Berufung die Stauung auf den beiden linken Spuren durchaus wahrgenommen hatte, rechnen müssen und hätte ein Einfahren in die Kreuzung so lange zurückstellen müssen, bis sämtliche noch in der Kreuzung stehenden Nachzügler diese geräumt hatten.

Dass der Kläger nach seiner Behauptung nicht erkannt haben will, dass von links noch Kreuzungsräumer auf die rechte Spur einfuhren, führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Hätte der Kläger dies erkannt und wäre dennoch unter Beru...

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