Leitsatz (amtlich)

1. Wie ggü. sonstigen Dritten muss die Unterlassungsschuldnerin auch auf eine - die wettbewerbswidrige Werbung fort setzende - Konzerngesellschaft einwirken, wenn deren Handeln ihr zugute kommt und es im rechtlichen oder tatsächlichen Einflussbereich der Schuldnerin liegt.

2. Eine solche Einflussnahmemöglichkeit folgt nicht in jedem Fall schon aus der Personenidentität der Organe der beiden Gesellschaften, wenn deren Aufgabenbereiche unterschieden werden können.

3. Auch an einem Rechtsmissbrauch fehlt es in der Regel, wenn keine Aufgaben zwischen den Konzergesellschaf ten zur Umgehung des gerichtlichen Verbots verlagert worden sind.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 17.02.2004; Aktenzeichen 103 O 204/99)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin gegen den Beschluss der Kammer für Handelssachen 103 des LG Berlin vom 17.2.2004 - 103 O 204/99 - wird zurückgewiesen.

2. Die Gläubigerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Wert von 25.000 EUR zu tragen.

 

Gründe

I. Der Schuldnerin ist mit Urteil des Senats vom 9.4.2002 (KG, Urt. v. 9.4.2002) untersagt worden, sich im geschäftlichen Verkehr zur Kennzeichnung ihres Geschäftsbetriebes der Kennzeichnung "I.P.-A. GmbH Berlin" zu bedienen. Die alleinige Gesellschafterin der Schuldnerin, die "I. Holding Verwaltungs- und Beteiligungsgesellschaft mbH," benannte daraufhin auf ihrer Domain u.a. einen ihrer Standorte mit "Berlin" und sie wies auf eine Tätigkeit der "I.P.-A. GmbH Berlin" hin. Den darauf bezogenen Ordnungsgeldantrag hat das LG zurückgewiesen.

II. Die gem. §§ 793, 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 ZPO zulässige Beschwerde der Gläubigerin ist nicht begründet, § 890 ZPO.

1. Der Schuldnerin ist es untersagt, eigene wettbewerbswidrige Werbung für sich unter der o.g. Kennzeichnung vorzunehmen. Dazu muss sie auch auf Dritte (Geschäftspartner, Abnehmer) einwirken, wenn diese die wettbewerbswidrige Werbung der Schuldnerin fortsetzen wollen und deren Handeln im rechtlichen oder tatsächlichen Einflussbereich der Schuldnerin liegt und ihr zugute kommt (KG WRP 1998, 627 [628]; Fezer/Büscher, UWG, § 12 Rz. 305, m.w.N.; Baumbach/Hefermehl/Köhler, UWG, 23. Aufl., § 12 Rz. 6. 7). Der juristischen Person ist das Handeln ihrer Organe als eigenes Verschulden zuzurechnen, § 31 BGB (BGH v. 16.5.1991 - I ZR 218/89, MDR 1992, 41 = GRUR 1991, 929 [931] - fachliche Empfehlung II; Baumbach/Hefermehl/Köhler, UWG, 23. Aufl., § 12 Rz. 6. 6).

2. Vorliegend besteht zwar objektiv ein Verstoß gegen den Unterlassungstitel. Denn die Internetseiten enthielten eine Werbung für die Schuldnerin mit der untersagten Kennzeichnung. Die Schuldnerin ist hierfür aber nicht verantwortlich.

a) Die Organe der Schuldnerin hatten hier kein rechtliches Sanktionsmittel ggü. ihrer Alleingesellschafterin, soweit es allein um deren eigene Handlungen geht.

aa) Die Androhung eines Regresses bei der Alleingesellschafterin setzt voraus, dass bereits eine Ordnungsmittelsanktion ggü. der Schuldnerin möglich war. Das Handeln der Alleingesellschafterin ist der Schuldnerin als eigenständiger juristischer Person aber nicht zuzurechnen. Dann drohte der Schuldnerin auch noch nicht die Verhängung eines Ordnungsgeldes.

bb) Der Abbruch geschäftlicher Beziehungen innerhalb eines Konzerns (wie im Verhältnis zu Dritten) kann zwar in Betracht kommen. Zu bestehenden derartigen vertraglichen Verbindungen hat die Gläubigerin aber nichts vorgetragen.

b) Auch wirksame tatsächliche Maßnahmen standen den Organen der Schuldnerin nicht zur Verfügung. Hierzu fehlt ebenso ein Vortrag der Gläubigerin. Die bloße Information der Alleingesellschafterin vom gerichtlichen Verbot ist für sich genommen wirkungslos. Anderes könnte allenfalls dann gelten, wenn mit der Information eigene Ansprüche - insb. Schadensersatzansprüche der Gläubigerin - gegen die Alleingesellschafterin begründet werden würden, etwa weil dann ein Verschulden vorläge. Von einer solchen anspruchsbegründenden Kenntnisvermittlung ist vorliegend schon deshalb nicht auszugehen, weil der Alleingesellschafterin das gerichtliche Verbot bekannt war.

c) Die teilweise Personenidentität der Geschäftsführer auf Seiten der Schuldnerin und ihrer Alleingesellschafterin führt vorliegend ebenfalls nicht weiter.

aa) Denn die Aufgabenfelder der Geschäftsführer für die Schuldnerin einerseits und die Alleingesellschafterin andererseits waren hier von Anfang an deutlich unterschieden. Hinsichtlich des Internet-Auftritts der Alleingesellschafterin handelten die Geschäftsführer ausschließlich als solche der Alleingesellschafterin, nicht aber - auch - als solche der Schuldnerin. Der Internet-Auftritt war ausschließlich eine Aufgabe der Geschäftsführer für die Alleingesellschafterin.

bb) Anderes könnte unter dem Gedanken des § 242 BGB und eines Rechtsmissbrauchs in Betracht kommen, wenn zur Umgehung eines gerichtlichen Verbots Aufgaben einer (der vom Verbot betroffenen) Konzerngesellschaft auf eine andere verlagert werden, die vom Verbot betroffene Konzerngesellschaft aber weiterhin am Erg...

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