Leitsatz (amtlich)
Für das Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren kann ausnahmsweise Prozesskostenhilfe gewährt werden, wenn die Partei durch das Gericht zur Stellungnahme durch einen Rechtsanwalt aufgefordert wird.
Verfahrensgang
AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Aktenzeichen 139 F 12461/04) |
Tenor
Den Beklagten wird für das durch den Antrag des Klägers vom 22.4.2005 eingeleitete Prozesskostenhilfeverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt C.W. bewilligt.
Sie haben keine Raten zu leisten.
Gründe
Den Beklagten ist Prozesskostenhilfe für das Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren, das durch den zurückgewiesenen Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Berufung eingeleitet worden ist, zu gewähren.
Zwar entspricht es allgemeiner und vom Senat geteilter Auffassung, dass Prozesskostenhilfe für ein Prozesskostenhilfeverfahren grundsätzlich nicht bewilligt werden kann, da das Gesetz dies nicht vorsieht. Nach § 114 ZPO kann Prozesskostenhilfe für die "Prozessführung" gewährt werden. Hierunter ist das eigentliche Streitverfahren zu verstehen, nicht aber das Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren, in welchem lediglich über die Gewährung staatlicher Hilfe für den Antragsteller zu befinden ist (BGH v. 30.5.1984 - VIII ZR 298/83, MDR 1984, 931 m. Anm. Waldner = NJW 1984, 2106). Dieser Grundsatz wird aber dann durchbrochen, wenn das konkrete gerichtliche Verfahren sachgerecht ohne Bewilligung von Prozesskostenhilfe - und dann regelmäßig Beiordnung eines Rechtsanwalts - nicht betrieben werden kann, so z.B. beim Abschluss eines Vergleichs im Prozesskostenhilfeverfahren (OLG Hamm MDR 1973, 856; OLG Schleswig SchlHA 1978, 75) sowie wenn das Gericht den Hauptsacheprozess in das Prozesskostenhilfeverfahren verlagert (OLG Düsseldorf OLGReport Düsseldorf 1996, 59). Eine solche Konstellation liegt hier vor.
Den Beklagten ist zusammen mit der Bitte um Stellungnahme zu dem Prozesskostenhilfeantrag - durch ein Versehen der Geschäftsstelle - der Hinweis erteilt worden, dass sie sich durch einen bei einem OLG zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen müssten. Dies war für sie, die anwaltlich in erster Instanz nicht vertreten waren, sachgerecht nur so verstehen, dass sie eine Stellungnahme nur durch einen Anwalt abgeben könnten. Sie wollten das Recht zur Stellungnahme, das ihnen gem. § 118 Abs. 1 S. 1 ZPO zustand, auch wahrnehmen, wie sich aus ihrer ausführlichen Äußerung ergibt. Es würde dem mit der Prozesskostenhilfe verfolgten, verfassungsrechtlich gebotenen (vgl. z.B. BVerfG v. 13.3.1990 - 2 BvR 94/88, BVerfGE 81, 347) Zweck, auch einer bedürftigen Partei die Geltendmachung ihrer Rechte vor Gericht zu ermöglichen, zuwiderlaufen, wenn sie zur Vertretung auf einen Rechtsanwalt verwiesen, dessen Beiordnung im Wege der Prozesskostenhilfe aber trotz offenkundig bestehender Bedürftigkeit unterbleiben würde.
Die Beklagten haben angesichts ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse keine Raten zu leisten, § 115 ZPO.
Fundstellen
Haufe-Index 1521241 |
FamRZ 2006, 1284 |
JurBüro 2006, 430 |
OLGR-Ost 2006, 736 |
www.judicialis.de 2005 |