Entscheidungsstichwort (Thema)
"Aufhebung und Zurückverweisung bei Streitwertbeschwerde im Markenstreitverfahren"
Leitsatz (amtlich)
1. Begründet das LG im Markenstreitverfahren weder seine Streitwertfestsetzung noch - nach einer dagegen eingelegten und mit einer Begründung versehenen Beschwerde - seine Nichtabhilfeentscheidung, so kann das eine Aufhebung und Zurückverweisung durch das Beschwerdegericht nach sich ziehen.
2. Bei der Wertfestsetzung in Markensachen kann für ein Unterlassungsbegehren im Ausgangspunkt grundsätzlich ein Betrag von 50.000 EUR (Hauptsachenklage) veranschlagt werden, was Zu- oder ggf. auch Abschläge je nach den Besonderheiten des Einzelfalls freilich nicht ausschließt.
Normenkette
ZPO §§ 3, 572 Abs. 3
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 15.05.2012; Aktenzeichen 15 O 362/11) |
Tenor
Der Nichtabhilfebeschluss der Zivilkammer 15 des LG Berlin vom 23.10.2012 - 15 O 362/11 - wird aufgehoben, und die Sache wird zur erneuten Entscheidung an das LG zurückverwiesen.
Gründe
I. Die gegen die Festsetzung des Streitwerts auf 35.000 EUR eingelegte Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit dem Ziel der Heraufsetzung auf 50.000 EUR ist gem. § 32 Abs. 2 RVG i.V.m. § 68 Abs. 1 GKG zulässig. Gleiches gilt gem. § 68 Abs. 1 GKG für die Streitwertbeschwerde des Beklagten mit dem Ziel der Herabsetzung auf 25.000 EUR. Die Beschwerden sind im Umfang der Beschlussformel auch begründet, §§ 3 ZPO, 51 GKG.
II. Der Nichtabhilfebeschluss des LG ist wegen eines wesentlichen Verfahrensfehlers aufzuheben und die Sache in entsprechender Anwendung von § 572 Abs. 3 ZPO zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das LG zurückzuverweisen. Denn das LG hat sich mit dem Beschwerdevorbringen nicht erkennbar auseinander gesetzt.
1. Gemäß § 572 Abs. 1 Satz 1 ZPO hat das erstinstanzliche Gericht der Beschwerde, wenn es sie für begründet erachtet, abzuhelfen, anderenfalls die Beschwerde dem Beschwerdegericht vorzulegen. In jedem Fall besteht die Amtspflicht des Gerichts, dessen Entscheidung angefochten wird, zunächst zu prüfen, ob die Beschwerde begründet ist. Hilft das erstinstanzliche Gericht der Beschwerde nicht ab, so ist diese Entscheidung grundsätzlich jedenfalls dann zu begründen, wenn in der Beschwerde neue Tatsachen oder rechtliche Gesichtspunkte vorgetragen werden, die das Erstgericht für widerlegt oder unerheblich hält. Die Begründung muss rechtsstaatlichen Ansprüchen genügen und die Grundzüge der Erwägungen erkennen lassen. Sie darf sich nicht darin erschöpfen, auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses zu verweisen. Denn dann ist nicht erkennbar, dass sich das Erstgericht mit dem maßgeblichen (neuen) inhaltlichen Vorbringen überhaupt befasst hat. Dadurch wird der mit § 572 Abs. 1 Satz 1 ZPO verfolgte Zweck unterlaufen, durch die Vorschaltung einer Selbstkontrolle des erstinstanzlichen Gerichts ein weiteres Beschwerdeverfahren zu vermeiden. Verweist der Nichtabhilfebeschluss formelhaft auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung, werden die maßgeblichen Ausführungen des Beschwerdeführers zu neuen Tatsachen oder rechtlichen Gesichtspunkten völlig übergangen. Darin liegt ein erheblicher Verfahrensmangel, der regelmäßig die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung durch das Beschwerdegericht und die Zurückverweisung an das Gericht der ersten Instanz gebietet (ständige Rechtsprechung des Senats, s. nur Beschl. v. 16.3.2012 - 5 W 57/12 m.w.N.). Denn erforderlich ist in der Regel - und auch im Streitfall - eine eingehende Auseinandersetzung mit neu vorgebrachten Gründen in der Beschwerde (Senat, a.a.O.; OLG München MDR 2004, 291; s. auch OLG Hamm MDR 2004, 412; OLG Köln FamRZ 2002, 893; OLG Brandenburg MDR 2002, 844).
2. Im Streitfall hat das LG in seinem Nichtabhilfebeschluss zu den bei § 3 ZPO zugrunde zu legenden Abwägungsparametern nicht Stellung genommen, obwohl mit den Beschwerdeschriften unter beiderseitigen - z.T. umfänglichen - Hinweisen auf einschlägige anderweitige Rechtsprechung hierzu im Einzelnen vorgetragen worden ist.
Die angefochtene Streitwertfestsetzung ist nicht begründet worden. Freilich ist bei der - routinemäßig ergehenden - Streitwertfestsetzung das Fehlen einer Begründung im Regelfall dann hinzunehmen, wenn diese im Hinblick auf eine Streitwertbeschwerde im Nichtabhilfebeschluss im hinreichenden Ausmaß nachgeholt wird. Das ist aber hier nicht der Fall. Das LG hat den Beschwerden deshalb nicht abgeholfen,
"weil die Kammer auch in Ansehung des Beschwerdevorbringens beider Seiten an der angegriffenen Festsetzung als für den konkreten Einzelfall angemessen und zutreffend festhält."
Das ist keine hinreichende Begründung. Es fehlt an jeglichem Obersatz zur Streitwertbemessung in Markenstreitverfahren (vgl. dazu nur beispielshalber Senat, Beschl. v. 14.2.2012 - 5 W 269/11), demzufolge auch an jeglicher Subsumtion und nicht zuletzt auch an jeglicher Auseinandersetzung mit der von den Parteien jeweils zu ihren Gunsten angeführten Rechtsprechung bzw. an einer Abgrenzung hierzu.
III. Dies alles wir...