Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsleiter als Verantwortlicher nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 OWiG
Leitsatz (amtlich)
Zu den Anforderungen an die tatrichterlichen Feststellungen zur Verantwortlichkeit des Betriebsleiters einer Zweigniederlassung.
Normenkette
OWiG § 9 Abs. 2 Nr. 1
Verfahrensgang
AG Berlin-Tiergarten (Entscheidung vom 25.10.2019; Aktenzeichen 332a OWi 130/19 Umw) |
Tenor
1. Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 25. Oktober 2019 mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde - an das Amtsgericht zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Bezirksamt T. - K. von B. hat mit Bußgeldbescheid vom 6. März 2019 gegen den Betroffenen als Geschäftsführer und Betriebsleiter der E. GmbH wegen des am 15. Januar 2019 nicht ordnungsgemäßen Betreibens einer Anlage zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (Lagerung) gemäß §§ 17 Abs. 1 Nr. 3, 65 Nr. 14 AwSV i.V.m. § 103 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3a WHG eine Geldbuße von 1600 Euro verhängt. Auf den rechtzeitig eingelegten Einspruch hat ihn das Amtsgericht am 25. Oktober 2019 als Betriebsleiter der zuvor erwähnten GmbH wegen desselben Vorwurfes zu einer Geldbuße von 1000 Euro verurteilt.
Der Betroffene hat diese Entscheidung mit seiner auf die Verletzung formellen und sachlichen Rechts gestützten Rechtsbeschwerde angefochten.
I.
Das Rechtmittel hat bereits mit der Sachrüge Erfolg, so dass es auf die Verfahrensrüge nicht mehr ankommt.
Das Urteil enthält folgende Feststellungen:
"Der Betroffenen ist Maschinen- und Anlagenmonteur von Beruf und war ab 1.6.2018 Betriebsleiter einer in ... gelegenen Niederlassung der E. GmbH.... Bereits bevor der Betroffene Betriebsleiter wurde, mussten die zuständigen Mitarbeiter vom Umweltamt des Bezirksamtes T. - K. bei Kontrollen erhebliche Mängel feststellen. Der Betroffene sorgte zunächst für die Abstellung der (vom Gericht im einzelnen ausgeführten - Anmerkung von Senat) Mängel, insbesondere sorgte er dafür, dass die erforderliche Anzahl von Auffangwannen angeschafft und die Lagerung und das Abfüllen der wassergefährdenden Stoffe auf bzw. über diesen Wannen erfolgte, weshalb die - zuvor angekündigte - Kontrolle durch die Mitarbeiter des Umweltamtes am 3.8.2018 beanstandungsfrei verlief.
In der Folgezeit wurden die vertriebenen wassergefährdenden Öle und Reiniger teilweise direkt auf dem undichten Fußboden, ohne Auffangwannen gelagert und umgefüllt. Dies erfolgte in Kenntnis des Angeklagten (Betroffenen - Korrektur durch den Senat) und mit seiner Billigung" (UA S. 2/3).
Im Rahmen der Beweiswürdigung (UA S. 3) führt das Amtsgericht aus, dass die den Tatvorwurf bestreitende Einlassung des Betroffenen mit der Behauptung "die Fässer seien jeweils leer gewesen" durch die "glaubhaften Bekundungen" zweier Mitarbeiter des Umweltamtes des Bezirksamtes, die als Zeugen gehört worden sind, "widerlegt sei. Beide (die Zeugen - Ergänzung durch den Senat) schilderten die Vorgeschichte und ihre Feststellungen vom 15.1.2019."
Es folgen in den Gründen die Bekundungen der Zeugen zur Vorkontrolle vor Weihnachten 2018 durch Betrachten durch die Fenster der mit Fässern gefüllten Lagerhalle auf dem Gelände der Niederlassung der E. und zur Situation am 15. Januar 2019 durch Begehung dieser Lagerhalle.
Das Gericht kommt nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zur Überzeugung, "dass der Betroffene, handelnd als Betriebsleiter der Zweigniederlassung des E. GmbH, bewusst und gewollt die Fässer mit wassergefährdenden Stoffen ohne die erforderlichen Auffangeinrichtungen lagern und umfüllen ließ.
"... der Betroffene war als Betriebsleiter verantwortlich im Sinne § 9 Abs. 2 Nr. 1 OWiG, denn die Lagerung der wassergefährdenden Stoffe ohne Auffangwannen erfolgte mit seinem Wissen und Wollen."
II.
Das Urteil hält rechtlicher Überprüfung nicht stand, weil die vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen zur Verantwortlichkeit des Betroffenen nicht ausreichend sind.
Die Beweiswürdigung ist zwar Sache des Tatgerichts. Das Rechtsbeschwerdegericht hat aber auf die Sachrüge zu prüfen, ob ihm dabei ein Fehler unterlaufen ist. Das ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht insbesondere der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 26. Oktober 2016 - 2 StR 275/16, juris). Zudem muss die tatrichterliche Beweiswürdigung auf einer nachvollziehbaren und tragfähigen Grundlage beruhen (BGH, Beschluss vom 30. Mai 2018 - 2 StR 141/18 -, juris, NStZ 2019, 594; Urteil vom 13. Juli 2016 - 1 StR 94/16, juris) und die vom Gericht gezogenen Schlussfolgerungen müssen sich nicht etwa lediglich als eine Annahme oder als bloße Vermutung erweisen, die letztlich nicht mehr als einen - wenn auch möglicherweise schwerwiegenden - Verdacht zu begründen vermögen (Senat, Beschluss vom 14. Februar 2020 - 3 Ws (B) 6/20 - m.w.N.)
Diesen Anforderungen wird die Beweiswürdigung nicht in jeder Hin...