Leitsatz (amtlich)

Wirksamkeit eines ehevertraglich vereinbarten Ausschlusses des Versorgungsausgleichs bei Beginn der Ehe, da der bei Beginn der Ehe selbständige Ehemann keine eigene Altersvorsorge aufgebaut hat und damit durch Aufgabe der selbständigen Tätigkeit und Übernahme der Kinderbetreuung eine höhere Altersvorsorge erworben hat als bei Fortführung der selbständigen Tätigkeit.

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Beschluss vom 26.09.2012; Aktenzeichen 164 F 10150/10)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des AG Tempelhof-Kreuzberg vom 26.9.2012 - 164 F 10150/10 - zu den Ziff. 2 bis 6 unter Aufrechterhaltung im Übrigen geändert:

Ein Versorgungsausgleich findet nicht statt.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsgegner.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 6.360 EUR festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

Die Beteiligten streiten über die Durchführung des Versorgungsausgleichs.

Die Beteiligten haben am 26.4.1997 geheiratet. Die Antragstellerin war bei Eheschließung noch Studentin, erzielte 1997 aber gem. vorliegenden Steuerbescheid für 1997 Einkünfte aus selbständiger und nichtselbständiger Tätigkeit. Der Antragsgegner, der verschiedene Studiengänge angefangen, aber nicht mit einem Abschluss beendet hatte, war selbständig tätig. Er hatte zum Zeitpunkt der Eheschließung Schulden von 20.000 DM, die auch auf Forderungen des Finanzamtes beruhten. Am 5.5.1997 haben die Eheleute vor dem Notar ...M...in ...- den Versorgungsausgleich ausgeschlossen und für den Fall der Unwirksamkeit des Ausschlusses zugleich Gütertrennung vereinbart. Die Antragstellerin war bei Abschluss des Ehevertrages schwanger. Die Tochter L.wurde am 3.8.1997 geboren. Neun Monate nach der Geburt war die Antragstellerin als Geschäftsführerin berufstätig. 1999 kauften die Eheleute ein Haus in der M...Straße ..., ...B., und wurde jeweils Miteigentümer zu 1/2. Die Eltern des Antragsgegners gaben 50.000 DM zum Erwerb des Hauses dazu, der Restbetrag wurde überwiegend durch Kredite finanziert. Am 18.11.1999 ging die Antragstellerin wieder in den Mutterschutz und am 7.1.2000 wurde das 2. Kind geboren. Vier Monate nach der Geburt nahm sie ihre Erwerbstätigkeit wieder auf, löste jedoch im Mai 2000 den bestehenden Arbeitsvertrag auf und war anschließend an der Universität angestellt. Der Antragsgegner gründete im Jahr 2000 die I...AG, an der er zu 15 % beteiligt gewesen war. Er bezog ein Einkommen von der I...AG, die aufgrund der allgemeinen Wirtschaftslage ab Mitte 2001 in die Krise geriet und keine Gehälter mehr bezahlen konnte. Bis zur Geburt des 3. Kindes am 13.12.2011 war die Antragstellerin berufstätig und nahm diese Berufstätigkeit bereits am 8.2.2002 wieder auf. Ab April 2002 betreute der Antragsgegner die Kinder und erhielt ab dieser Zeit auch die Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung gutgeschrieben. Im Juni 2002 nahm die Antragstellerin bei ihrer Mutter ein Darlehen über 40.000 EUR auf und zahlte hiervon 20.000 EUR an den Antragsgegner gegen Übertragung seines Eigentumsanteils an dem Grundstück M...Straße auf sie. Sie stellte ihn dafür im Innenverhältnis von den Kreditverbindlichkeiten frei. Der Antragsgegner verwendete den Betrag zur Schuldentilgung. Ferner führte sie i.H.v. 5.122,92 EUR Schulden des Antragsgegners zurück. 2002 kamen erhebliche Steuerforderungen auf die Beteiligten zu, da die Bescheide für die Jahre 1999 und 2000 erlassen wurden und nur die Antragstellerin über den Abzug vom Lohn Einkommensteuer geleistet hat. Wegen der Einzelheiten wird auf die Steuerbescheide 1999 bis 2000 (UA VA Bl. 56-59) Bezug genommen. Der Antragsgegner verkaufte dann seinen Geschäftsanteil an der I...AG für 14.000 EUR. Im Zeitraum zwischen Juli 2002 und September 2003 nahmen die Beteiligten die pflegebedürftigen Großeltern der Antragstellerin in ihren Haushalt auf. Der Antragsgegner übernahm die Pflege der Großeltern. Er wurde dabei durch einen Pflegedienst unterstützt, der mittels des Pflegegeldes finanziert wurde. Die Großeltern zahlten eine Miete an die Beteiligten. Die Großmutter verstarb nach einigen Monaten, der Großvater blieb bis zur Geburt des 4. Kindes im Dezember 2004 in dem Haus der Beteiligten und kam dann in ein Pflegeheim. Dem Antragsgegner wurden für Juli 2003 bis November 2004 Versicherungszeiten für Pflege anerkannt. Im Dezember 2004 löste der Antragsgegner eine bestehende Lebensversicherung auf und erhielt 7000 EUR. Die Antragstellerin nahm im Februar 2005 ihre Berufstätigkeit nach Ablauf des Mutterschutzes wieder auf. 2005 kündigte sie eine private Rentenversicherung bei der H..., die einen Rückkaufswert von 2022,43 EUR hatte. Im April 2008 trennten sich die Eheleute und der Antragsgegner verblieb mit den vier Kindern in dem Haus M...Str. Die Antragstellerin machte keine Nutzungsentschädigung geltend, zahlte dafür aber auch keinen Kindesunterhalt. Der Scheidungsantrag ist seit dem 3.6.2010 rechtshängig.

Während der Ehezeit erzielten die Ehe...

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