Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 06.02.2001; Aktenzeichen 85 T 140/00)

AG Berlin-Schöneberg (Aktenzeichen 76 II 192/97)

 

Nachgehend

VerfGH Berlin (Beschluss vom 06.12.2002; Aktenzeichen 188/01)

 

Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner hat die Gerichtskosten dritter Instanz zu tragen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Der Geschäftswert dritter Instanz wird auf 30.000,00 DM festgesetzt.

 

Gründe

Die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners ist gemäß §§ 27, 29 FGG, 45 WEG zulässig. Sie ist jedoch in der Sache nicht gerechtfertigt. Der angefochtene Beschluss des Landgerichts Berlin ist rechtsfehlerfrei (§ 27 Abs. 1 FGG).

Es begegnet keinen rechtlichen Bedenken, dass das Landgericht den Antragsgegner verpflichtet hat, es zu unterlassen, die Teileigentumseinheit Nr. … in der Wohnanlage im Erdgeschoss rechts von der Straße aus gesehen zum Betrieb eines Sex-Shops (Video-Shop mit Filmkabinen) zu nutzen oder durch Dritte nutzen zu lassen. Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Antragstellerin zur Geltendmachung des verfahrensgegenständlichen Anspruchs befugt und der Antragsgegner als Erbe nach dem verstorbenen früheren Antragsgegner passivlegitimiert ist. Rechtlich einwandfrei hat das Landgericht auch die Umstellung des Hauptantrages als zulässige Antragsänderung angesehen. Ohne Rechtsirrtum führt das Landgericht aus, dass der Antragstellerin gegen den Antragsgegner aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB in Verbindung mit § 15 Abs. 3 WEG und Teil II § 3 (5), (3) der Gemeinschaftsordnung ein Anspruch auf Unterlassung des Betriebs eines Sex-Shops mit Einzelkabinen zur Vorführung von Sexfilmen gegen Entgelt zusteht.

Nach den verfahrensfehlerfreien Feststellungen des Landgerichts wird in der Teileigentumseinheit Nr. … der Wohnanlage nicht nur ein Erotik-Geschäft mit Verkauf von Sex-Artikeln, sondern ein Sex-Shop betrieben, bei dem das Hauptgewicht auf der Vorführung von Sexfilmen in Video-Einzelkabinen liegt. Diese Feststellungen stimmen mit der Gestaltung der Außenfenster der Einheit Nr. … überein. Nach den verfahrensfehlerfreien Feststellungen des Landgerichts befinden sich im Innern der gegenwärtig drei in Betrieb befindlichen Video-Kabinen Papiertücher, Mülleimer und Hinweisschilder mit dem Inhalt, dass die Papiertücher nach der Benutzung in den Mülleimer geworfen werden sollen. Nach Zeugenbekundung wird der Umsatz in dem Geschäft weniger durch den Verkauf von sexuellen Hilfsmitteln oder Erotikheften, sondern zum überwiegenden Teil durch die Video-Filmkabinen erzielt. Diese dienen nicht dazu, Sexfilme zu Kaufzwecken vorzuführen, sondern zur Vornahme autoerotischer Handlungen.

Die festgestellte Nutzungsart ist nach der Gemeinschaftsordnung unzulässig. Eine Genehmigung durch Mehrheitsbeschluss liegt nicht vor. Im Gegenteil hat die Gemeinschaft durch den Eigentümerbeschluss vom 23. April 1997 zu TOP 13 erkennen lassen, dass sie eine Genehmigung zum Betrieb des Sex-Shops in der vorliegenden Art nicht zu erteilen gedenkt. Die vom Landgericht festgestellte Nutzung wird weder durch die in der Teilungserklärung noch die in dem Aufteilungsplan enthaltene Zweckbestimmung gedeckt. Dabei kann es dahinstehen, in welchem Verhältnis die dort vorhandenen Bezeichnungen „Laden” und „Gewerbe” zueinander stehen. Auch bei einem Abstellen auf den weiteren Begriff des Gewerbes wird von dieser Zweckbestimmung keinesfalls der Betrieb eines Sex-Shops mit der überwiegenden Vorführung von Sexfilmen in Einzelkabinen umfasst (vgl. Senat NJW-RR 2000, 1253 = NZM 2000, 879 = ZMR 2000, 402 = GE 2000, 1401 m.w.N.). Soweit im Fachschrifttum ersichtlich, hat der zitierte Beschluss des Senats keinen Widerspruch gefunden. Im Gegenteil hat das BayObLG (Beschluss vom 16. Juni 2000, NJW-RR 2000, 1323 = NZM 2000, 871 = ZMR 2000, 669) unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Entscheidung des Senats entschieden, dass die nächstliegende Bedeutung der Zweckbestimmung Gewerbe jedenfalls nicht eine Nutzung umfasst, die mit einem sozialen Unwerturteil behaftet ist und von breiten Bevölkerungskreisen als anstößig empfunden wird, auch wenn sie gesetzlich nicht verboten ist. Im Fall des BayObLG ging es um einen in einer Sauna betriebenen Pärchentreff oder Swinger-Club. Für die sozialethische Bewertung sieht der Senat keinen Unterschied zu dem vorliegenden Sex-Shop. Es ist demgemäß aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, wenn das Landgericht feststellt, dass die Gefahr von Nachteilen für die übrigen Hausbewohner und Miteigentümer über das nach § 14 Nr. 1 WEG hinzunehmende Maß hinaus geht. Dort ist der Gebrauch des Sondereigentums darauf beschränkt, dass durch die Nutzung keinem der anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst. Nach der Teilungserklärung der Wohnanlage wird bereits für die Ausübung eines Gewerbes, welches mit Gefahren oder (auch nur) Belästigungen für die übrigen Eigentümer verbunden sein kann, die Einwilligung des V...

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