Leitsatz (amtlich)
Das Entstehen der Einigungsgebühr nach Nr. 1000, 2608 RVG-VV setzt das Vorliegen eines Vertrags voraus. Das Vorliegen eines Vertrages ist nach allgemeinen rechtsgeschäftlichen Grundsätzen zu beurteilen. Allein die Entgegennahme einer aufgrund eines Kaufvertrages als Nacherfüllung geforderten Leistung führt nicht zu einem Vertrag, auch wenn die geforderte Leistung von der vertraglich geschuldeten Leistung abweicht.
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 27.04.2005; Aktenzeichen 82 T 55/05) |
AG Berlin-Wedding (Aktenzeichen 70a II 2812/04) |
Tenor
Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Die weitere Beschwerde vom 18.5.2005 ist zulässig, insb. ist sie vom LG in dem Beschl. v. 27.4.2005 zugelassen worden und innerhalb der Frist von zwei Wochen nach §§ 56 Abs. 2 S. 2, 33 Abs. 3 S. 3, Abs. 6 S. 4 RVG eingelegt worden. Der Beschluss des LG ist am 10.5.2005 zugestellt worden und die sofortige weitere Beschwerde ist am 19.5.2005 beim LG eingegangen.
II. Die weitere Beschwerde hat aber keinen Erfolg, weil die Entscheidung des LG nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht, auf die das Rechtsmittel allein mit Erfolg gestützt werden kann, §§ 56 Abs. 2 S. 2, 33 Abs. 6 S. 2 RVG, 546 f. ZPO.
1. Das LG hat ausgeführt: Das Vorliegen der Voraussetzungen für das Entstehen einer Einigungsgebühr nach Nr. 2608 RVG-VV i.V.m. Nr. 1.000 RVG-VV sei zweifelhaft, weil es an dem Vorliegen eines Vertrages fehle. Denn die Leistung der zwei Mobiltelefongeräte sei aufgrund des Schreibens vom 13.9.2004 erfolgt, in dem die Neulieferung zweier Geräte des Nachfolgemodells als Nachbesserung verlangt worden sei. Selbst wenn man von einem Vertrag ausginge, hätte sich dieser ausschließlich auf ein Anerkenntnis beschränkt. Dass dem Antragsteller die Lieferung des Nachfolgemodells nicht zugestanden habe, sei unerheblich, weil diese allein auf sein Verlangen hin erfolgt sei.
2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung stand. Das LG ist zu Recht davon ausgegangen, dass zwischen dem Antragsteller und seinem Vertragspartner schon kein Vertrag im Sinne der Nr. 1.000 RVG-VV, die hier nach Nr. 2608 RVG-VV Anwendung findet, zustande gekommen ist. Dabei kann offen bleiben, ob die Lieferung der zwei Mobiltelefone des Nachfolgemodells nicht als Nachbesserung i.S.d. § 439 BGB anzusehen ist, weil hier im Rahmen eines Stückkaufs über vertretbare Sachen eine Sache geliefert worden ist, die der zunächst gelieferten Sache wirtschaftlich entspricht und das Leistungsinteresse des Käufers zufrieden stellen konnte (Palandt/Heinrichs, BGB, 64. Aufl., § 439 Rz. 15, m.w.N.). Denn zwischen den Parteien ist in Bezug auf die Lieferung des Nachfolgemodells kein Vertrag zustande gekommen. Wie das LG zu Recht ausführt, erfolgte die Lieferung aufgrund des Schreibens des Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers vom 13.9.2004. In diesem Schreiben wird aber gerade die Lieferung des Nachfolgemodells als Nachbesserung verlangt. Von einem objektivierten Empfängerhorizont aus kann dieses Schreiben daher nicht als Vertragsangebot auf Abschluss eines den Streit über die Gewährleistungsrechte erledigenden Vertrages angesehen werden. Denn nach dem Schreiben wird das Verlangen auf Lieferung des Nachfolgemodells damit begründet, dass ein vertraglicher Anspruch bestehe, so dass auch die hierauf erfolgende Lieferung nicht als Annahme eines Angebots zum Abschluss eines neuen Vertrages aufgefasst werden kann. Die Frage, ob die Lieferung der Nachfolgemodelle mehr als ein Anerkenntnis des gestellten Nachbesserungsverlangen enthält, stellt sich daher nicht.
III. Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen. Das Verfahren ist gebührenfrei, eine Kostenerstattung findet nicht statt, § 56 Abs. 2 S. 2 und 3 RVG.
Fundstellen
Haufe-Index 1446687 |
AGS 2006, 71 |
RVGreport 2005, 424 |
OLGR-Ost 2006, 122 |
www.judicialis.de 2005 |