Leitsatz (amtlich)
Der aus einer vollstreckbaren Urkunde berechtigte Darlehnsgläubiger hat nach dem Tode des Schuldners regelmäßig ein rechtliches Interesse an der Erteilung einer Erbscheinsausfertigung, um im Falle künftiger Notwendigkeit einer Zwangsvollstreckung die Vollstreckungsklausel gegen den Erben ohne Verzögerung erwirken zu können.
Normenkette
FGG § 85 S. 1; ZPO § 727 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 10.03.1977; Aktenzeichen 83 T 448/76) |
AG Berlin-Wedding (Aktenzeichen 60 VI 1017/71) |
Tenor
Unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses des Landgerichts und der Verfügung des Nachlaßgerichts vom 16. August 1976 wird das Nachlaßgericht angewiesen, der Beteiligten eine Ausfertigung des Erbscheins vom 2. November 1971 zu erteilen.
Gründe
Das Amtsgericht Wedding hat unter dem 2. November 1971 einen Erbschein erteilt, wonach die am 10. April 1968 mit letztem Wohnsitz in Berlin-Wedding verstorbene Erblasserin von ihrem im Ostsektor von Berlin wohnhaften Neffen K. M. beerbt worden ist. Die Erblasserin war als Mitglied einer Erbengemeinschaft Miteigentümerin des Mietwohngrundstücks in …. Sie war in dieser Eigenschaft Mitschuldnerin einer zu Gunsten der Beteiligten in Höhe von 148.000,– DM eingetragenen Darlehnshypothek und hatte sich in der notarielle Urkunde vom 5. August 1955 der Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen unterworfen. Die Beteiligte hat beim Nachlaßgericht beantragt, ihr eine Ausfertigung des Erbscheins vom 2. November 1971 zu erteilen, um jederzeit in der Lage zu sein, für eine einmal notwendig werdende Vollstreckung in das Vermögen des Erben eine gegen diesen gerichtete vollstreckbare Ausfertigung der notariellen Schuldurkunde zu erwirken.
Das Nachlaßgericht hat diesen Antrag durch richterliche Verfügung vom 16. August 1976 abgelehnt. Die dagegen gerichtete Beschwerde der Beteiligten ist mit Beschluß der Zivilkammer 83 des Landgerichts Berlin vom 10. März 1977 zurückgewiesen worden. Die Beteiligte hat hiergegen weitere Beschwerde eingelegt.
Das Rechtsmittel ist zulässig. Die Beteiligte ist zur Einlegung befugt, da sie mit der Zurückweisung ihrer Erstbeschwerde in ihrem Recht im Sinne von § 20 FGG beeinträchtigt ist. Das Rechtsmittel entspricht auch der gesetzlichen Form, da die Beteiligte als Behörde gemäß § 29 Abs. 1 Satz 3 FGG keinen Rechtsanwalt hinzuzuziehen brauchte.
Die weitere Beschwerde ist auch sachlich gerechtfertigt. Die Auffassung des Landgerichts, für die Erteilung einer Erbscheinsausfertigung an die Beteiligte fehle ein rechtliches Interesse im Sinne von § 85 Satz 1 FGG, ist nach den festgestellten Umständen rechtlich nicht haltbar.
Das Landgericht führt zur Begründung seiner Auffassung im wesentlichen aus: Zwar habe die Beteiligte bei Eintritt eines Erbfalls ein berechtigtes Interesse daran, über die Person des Erben informiert zu werden. Sie habe aber keinen Anspruch darauf, in allen Fällen gleichsam auf Vorrat Erbscheinsausfertigungen zu erhalten. Falls sie die Ausfertigung lediglich vorsorglich zu ihren Akten nehmen wolle, sei kein gegenwärtiges rechtliches Interesse vorhanden. Wenn sie dagegen schon jetzt den Titel gegen den Erben umschreiben lassen wolle, genüge die Vorlage einer öffentlich beglaubigten Erbscheinsabschrift. Daß zu einem späteren Zeitpunkt für die Umschreibung der Vollstreckungsklausel eine. Ausfertigung des Erbscheins notwendig sein könnte, weil die Ausfertigung die Fortgeltung des Inhalts besser nachweise als eine beglaubigte Abschrift, begründe gegenwärtig noch kein rechtliches Interesse im Sinne von § 85 Satz 1 FGG. Eine sorgfältige Prüfung dieser Voraussetzung sei schon deshalb angebracht, weil die Erteilung zahlreicher Ausfertigungen im Falle der Unrichtigkeit des Erbscheins das Einziehungsverfahren erschwere, indem die Einziehung erst mit der Rücknahme aller Ausfertigungen vollendet sei.
Die Beteiligte macht demgegenüber in der Begründung ihrer weiteren Beschwerde, geltend, das Landgericht habe den Begriff des rechtlichen Interesses im Sinne von § 85 Satz 1 FGG verkannt. Es sei sachlich gerechtfertigt, daß der Gläubiger einer vollstreckbaren Urkunde von vornherein alle notwendigen Maßnahmen treffe, um für einen künftigen Vollstreckungsfall Zeitverluste zu vermeiden. Da die beglaubigte Abschrift des Erbscheins durch Zeitablauf ihren Beweiswert verliere, sei die Umschreibung der Vollstreckungsklausel gegen den Erben nur dann jederzeit gewährleistet, wenn der Gläubiger eine Ausfertigung des Erbscheins bei seinen Unterlagen habe, Wenn ihm diese versagt werde, sei er gezwungen, auf Kosten des Erben den wesentlich teureren Weg einer sofortigen Klauselumschreibung zu wählen.
Nach Auffassung des Senats ist diese auf eine Geringhaltung der Kostenbelastung der Schuldner ausgerichtete Praxis der Beteiligten als sachgerecht anzusehen. Mit der Erwirkung einer weiteren Ausfertigung des erteilten Erbscheins verfolgt die Beteiligte schutzwürdige Belange, die ein rechtliches Interesse im Sinne von § 85 Satz 1 FGG begründen.
Der vom Gesetzgeber in verschi...