Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 09.07.2010; Aktenzeichen 5 O 229/10)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird unter Zurückweisung ihres weitergehenden Rechtsmittels der Beschluss des LG Berlin vom 9.7.2010 zu Ziff. 3. (Streitwert) geändert:

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf bis zu 8.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Die gem. § 68 Abs. 1 GKG zulässige Streitwertbeschwerde der Antragsgegnerin ist überwiegend begründet.

Der Wert des einstweiligen Verfügungsverfahrens war deutlich geringer zu bewerten, als das LG dies mit der angefochtenen Wertfestsetzung auf 73.973,88 EUR getan hat. Der Senat hält nach freiem Ermessen (§ 3 ZPO) einen Wert in Höhe eines Bruchteils von etwa 10 % des vorgenannten Betrages für angemessen.

Maßgeblich für die Wertfestsetzung nach § 3 ZPO ist das objektive Interesse des Antragstellers an der Herausgabe der (weiteren) Verwaltungsunterlagen. Dabei war zum einen zu berücksichtigen, dass vor der erlassenen einstweiligen Verfügung vom 9.7.2010 bereits im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens vor dem AG Mitte (Az. 27 C 1003/10) am 16.4.2010 in erheblichem Umfang Hausverwaltungsunterlagen an den Antragsteller herausgegeben wurden. Zum anderen kann - auch wenn man davon ausgeht, dass der Antragsteller bzw. die neu beauftragte Hausverwaltung die jetzt weiter herausverlangten Unterlagen zur Prüfung der Nebenkostenabrechnung 2008 sowie zur Erstellung der Nebenkostenabrechnung 2009 zwingend benötigte - das Interesse des Antragstellers nicht einfach mit dem Wert der von sämtlichen Mietern geleisteten Nebenkostenvorauszahlungen gleichgesetzt werden. Es ist bei der Wertfestsetzung auch zu berücksichtigen, wie groß die Gefahr eines wirtschaftlichen Schadens des Antragstellers durch die Nichtherausgabe der Unterlagen war (vgl. auch Zöller/Herget, ZPO, 26. Aufl., § 3 Rz. 16 unter "Herausgabeklagen"). Die Antragsgegnerin hat in der Beschwerdeschrift zutreffend darauf hingewiesen, dass die Gefahr einer Rückerstattung sämtlicher oder eines großen Teils der Mietervorauszahlungen - wenn sie überhaupt zum gem. § 40 GKG maßgeblichen Zeitpunkt der Antragstellung bestand, so doch allenfalls gering war. Nach der Rechtsprechung des BGH besteht nur bei einem beendeten Mietverhältnis ein Anspruch des Mieters auf Rückzahlung der geleisteten Vorauszahlungen, wobei selbst in einem solchen Fall die Rechtskraft eines der Klage des Mieters stattgebenden Urteils den Vermieter nicht daran hindert, über die Betriebskosten nachträglich abzurechnen und eine etwaige Restforderung einzuklagen (BGH NJW 2005, 1499; NJW-RR 2010, 1598). Bei einem bestehenden Mietverhältnis hat der Mieter von vornherein keinen Anspruch auf Rückzahlung der Vorauszahlungen, sondern nur ein Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich der laufenden Abschlagszahlungen (BGH NJW 2006, 2552). Die Gefahr einer Rückerstattung (sämtlicher) geleisteter Vorauszahlungen der Mieter bestand also - bei Antragstellung der einstweiligen Verfügung - nicht bzw. hatte sich jedenfalls noch nicht konkretisiert, zumal nach dem unwidersprochenen Vortrag der Antragsgegnerin die Mietverhältnisse ungekündigt waren und die Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2009 erst zum Ende des Jahres 2010 erstellt werden musste. Der Antragsteller hat mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 8.7.2010 auch nur Widersprüche zweier Mieter vorgelegt, die sich gegen die Betriebskostenabrechnungen 2008 wandten.

Unter Berücksichtigung der vorgenannten Umstände ist der Wert des einstweiligen Verfügungsverfahrens - auch in Anbetracht dessen, dass es sich nicht um ein Hauptsacheverfahren handelt - nach Ansicht des Senats mit einem Bruchteil von etwa 10 % der Betriebskostenvorauszahlungen für das Jahr 2009 für alle drei Objekte zu bemessen. Nur ergänzend sei angemerkt, dass es auch in keiner Weise gerechtfertigt wäre, das zweite einstweilige Verfügungsverfahren so ungleich höher zu bewerten als das erste Verfahren, in dem bereits die Herausgabe sämtlicher Verwaltungsunterlagen gefordert wurde und nach Darstellung des Antragstellers in der Antragsschrift vom 13.4.2010 durch die Nichtherausgabe "immense finanzielle Schwierigkeiten und Verluste" entstanden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2596455

NZM 2012, 328

ZMR 2011, 2

ZMR 2011, 655

WuM 2011, 316

Info M 2011, 37

MietRB 2011, 113

NJW-Spezial 2011, 323

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