Leitsatz (amtlich)

Zur Berechnung des unfallbedingten Verdienstausfalls eines selbständigen Zahnarztes.

Bei der zivilrechtlichen Schätzung des im Unfalljahr und dem Vorjahr erzielten Gewinns sind Ansparabschreibungen (Auflösung oder Einstellung) nach § 7g EStG nicht zu berücksichtigen.

Der Selbständige muss sich die Leistung einer privaten Praxisausfallversicherung nicht auf seinen unfallbedingten Verdienstausfall anrechnen lassen.

Die Berufung wurde aufgrund des Hinweises zurückgenommen

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 17 O 256/07)

 

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Berufung nach § 522 Abs. 2 Satz 1 durch Beschluss zurückzuweisen.

 

Gründe

I. Der Kläger, praktizierender Zahnarzt, macht gegen die Beklagten Ansprüche aus einem Verkehrsunfall vom 1.7.2006 geltend, und zwar gegen den Erstbeklagten als Fahrer, gegen den Zweitbeklagten als Halter und gegen die Drittbeklagte als Haftpflichtversicherer.

Die Alleinhaftung der Beklagten ist unstreitig; Streit besteht über die Höhe der Ansprüche.

Der Kläger wurde unfallbedingt verletzt. Die Praxis des Klägers war vom 1.7.2006 bis zum 10.9.2006 geschlossen. Eine weitere, vom Kläger als unfalldedingt geltend gemachte Praxisschließung erfolgte vom 8.7. bis 10.9.2008.

Die Drittbeklagte zahlte vorprozessual den unfallbedingten Fahrzeugschaden sowie Mietwagenkosten und einen Vorschuss von 12.500 EUR, von denen sie dann 3.000 EUR auf das verlangte Schmerzensgeld und 9.500 EUR auf den geltendgemachten Verdienstausfall verrechnet hat.

Der Kläger erhielt aus einer von ihm privat abgeschlossenen Versicherung für durch krankheitsbedingte Praxisschließung verursachte Einnahmeausfälle 7.733,14 EUR wegen der Praxisschließung im Jahre 2006.

Am 30.8.2006 nahm der Kläger bei seinen Eltern ein Darlehen von 50.000 EUR zu einem Zinssatz von 2,5 % auf; insoweit hat er behauptet, dies sei zur Überbrückung krankheitsbedingter Einnahmeausfälle erforderlich gewesen.

Der Kläger hat mit der Klage Verdienstausfall/Fixkosten von insgesamt 36.853,32 EUR nebst Zinsen (für 2006: 25.985,97 zzgl. für 2008: 23.367,35 EUR abzgl. von der Drittbeklagten gezahlter 12.500 EUR), Zinsen von 2, 5 % auf das Darlehen von 50.000 EUR seit dem 1.8.2006 sowie ein angemessenes Schmerzensgeld, welches 45.000 EUR nicht unterschreiten sollte verlangt. Ferner hat er die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zum Ersatz aller materieller und immaterieller Zukunftsschäden sowie Freistellung von außergerichtlichen Anwaltskosten i.H.v. 1.880,20 EUR beantragt.

Das LG hat die Klage nach Beweisaufnahme (Gutachten des Facharztes für Orthopädie Prof. Dr. R. W. sowie Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. H. G.) abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

Schmerzensgeldansprüche des Klägers seien durch die darauf gezahlten 3.000 EUR abgegolten; denn die vom Kläger als unfallbedingt bewiesenen Verletzungen (HWS-Distorsion I. Grades, Thoraxprellung, posttraumatisches Belastungssyndrom) seien nach spätestens 2,5 Monaten abgeklungen; bei derartigen Verletzungen sei das Schmerzensgeld auf 1000 EUR pro Monat der Erwerbsfähigkeit zu schätzen.

Verdienstausfallansprüche für 1.7. bis 10.9.2006 seien durch die darauf gezahlten 9.500 EUR ausgeglichen; eine Schadensschätzung auf der Grundlage der klägerischen Berechnung sei mangels Angabe durch die Praxisschließung ersparter Aufwendungen nicht möglich; die Schadensschätzung aufgrund der vom Kläger vorgelegten Steuerbescheide ergäbe einen Erwerbsschaden für 2006 i.H.v. allenfalls 7.429,20 EUR. Der Kläger müsse sich als erlangten Vorteil auch die Leistung aus der von ihm abgeschlossenen Versicherung zur Abdeckung krankheitsbedingter Schließzeiten anrechnen lassen.

Die Praxisschließung im Jahre 2008 sei nach den medizinischen Gutachten nicht unfallbedingt erfolgt.

Darlehenskosten könne der Kläger nicht verlangen, weil er die Erforderlichkeit der Darlehensaufnahme nicht dargelegt und auch den Schädiger zuvor nicht gewarnt habe.

Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er noch die Zahlung von 16.485,97 EUR (Verdienstausfall 16.280,10 EUR und Fixkosten 9.705,87 EUR abzgl. gezahlter 9.500 EUR) für die Praxisschließung vom 1.7.2006 bis 10.09.2006, die Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes, mindestens 13.000 EUR, sowie die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für materielle und immaterielle Zukunftsschäden begehrt.

Er macht geltend: Die Schätzung seines Verdienstausfalls als Differenz seiner Einnahmen der Jahre 2005 und 2006 auf der Grundlage der Steuerbescheide sei rechtsfehlerhaft; vielmehr sei auf der Grundlage seines Rechenwerks im Schriftsatz vom 3.11.2008 die Schätzung möglich und geboten. Auch sei die private Versicherungsleistung kein auf den Schaden des Kläger anzurechnender Vorteil.

Rechtsfehlerhaft habe das LG das Schmerzensgeld zu gering angesetzt, weil es die grob fahrlässige Fahrweise des Unfallgegners und das Maß der unfallbedingten Lebensbeeinträchtigung nicht hinreichend beachtet habe.

Zu rügen sei schließlich, dass das LG die Abwe...

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