Leitsatz (amtlich)
Eine objektiv unzutreffende, zu einer Prämienvergünstigung führende Angabe im Kaskoversicherungsvertrag über das Vorhandensein einer selbstgenutzten Eigentumswohnung ist noch kein Indiz für die erhebliche Wahrscheinlichkeit der Vortäuschung des Diebstahls des Fahrzeugs.
Normenkette
VVG a.F. § 1 Abs. 1; AKB 2007 §§ 12-13
Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 24 O 215/08) |
Tenor
In dem Rechtsstreit A.V.AG ./. A. wird auf die Berufung des Klägers gem. § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO auf Folgendes hingewiesen:
Nach Vorberatung der Sache beabsichtigt der Senat, die Berufung der Beklagten gem. § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen. Der Senat misst dem Berufungsvorbringen der Beklagten keine Erfolgsaussicht bei. Die Sache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert sie eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil.
Die angefochtene Entscheidung des LG beruht weder auf einer Rechtsverletzung, noch rechtfertigen die zugrunde zu legenden Tatsachen eine abweichende Entscheidung.
Gründe
1. Die Beklagte meint, dass die Entscheidung des LG falsch sei, weil sie nach § 12 Abs. 3 VVG in der bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung (a.F.) von der Leistungspflicht frei geworden sei, weil die Klage verfristet sei. Das LG hat dies verneint, weil die Vorschrift des § 12 Abs. 3 VVG a.F. nach Art. 1 Abs. 4 EGVVG nicht anwendbar sei. Ob dies richtig ist, bedarf keiner Klärung, weil der Kläger durch Einreichung seines Prozesskostenhilfeantrags die Klagefrist nach § 12 Abs. 3 VVG a.F. (sechs Monate ab Zugang der Leistungsablehnung durch die Versicherung) gewahrt hat. Ein vollständiger Prozesskostenhilfeantrag, der innerhalb der Frist bei Gericht eingeht, steht der Klageerhebung im Grundsatz gleich (Prölss in Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., § 12 Rz. 64). Hier hat der Kläger bei einem Fristablauf am 21.12.2008 mit seinem am 15.8.2008 bei Gericht eingegangenen Prozesskostenhilfeantrag und Klageentwurf, dem eine vollständig ausgefüllte Erklärung zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen beigefügt war, die Klagefrist gewahrt. Allerdings ist der Versicherungsnehmer, der zunächst ein Prozesskostenhilfegesuch einreicht, gehalten, auf eine größtmögliche Beschleunigung hinzuwirken, was aber z.B. einer Ausschöpfung gerichtlicher Fristen bei der Erfüllung von gerichtlichen Auflagen nicht entgegen steht (Prölss, a.a.O.). Eine Verzögerung, die die fristwahrende Wirkung des Antrags beseitigt, kann dem Kläger nicht vorgeworfen werden, insbesondere auch nicht mit der Begründung, er habe die mit seinem Prozesskostenhilfeantrag angekündigte Verdienstbescheinigung nicht zu den Akten gereicht. Aus dem Fehlen bei Antragstellung kann dem Kläger schon deshalb kein Vorwurf gemacht werden, weil ihm eine Verdienstabrechnung seines (damals) neuen Arbeitgebers zu diesem Zeitpunkt noch nicht vorlag. Es kann deshalb offen bleiben, ob ein Fehlen dem Prozesskostenhilfeantrag die Wirkung der gerichtlichen Geltendmachung i.S.v. § 12 Abs. 3 VVG a.F. nähme. Auch die unterbliebene Nachreichung ist unter diesem Gesichtspunkt unschädlich, weil das LG keine entsprechende Auflage gemacht hatte, der Kläger vielmehr nach den Hinweisen des LG vom 25.8.2008 davon ausgehen musste, dass es für die Entscheidung des LG auf eine Bescheinigung seines Einkommens nicht ankommen würde.
2. Die Beklagte wendet sich gegen die Beweiswürdigung des LG, das zu der Behauptung des Diebstahls des versicherten Motorrades Beweis erhoben hat.
Die Beklagte meint, das LG habe die Indizien, die für eine Vortäuschung des Motorraddiebstahls sprächen, nicht ausreichend gewürdigt. Insoweit führt sie an,
- dass der Kläger seit Jahren Arbeitslosengeld II beziehe, mit dem Motorrad und einem weiteren Fahrzeug (Pkw) erhebliche finanzielle Belastungen habe (a.),
- dass der Kläger bei Abschluss des Versicherungsvertrages falsche Angaben gemacht habe, um sich einen Rabatt zu erschleichen (b.),
- dass der Kläger Verkaufsabsichten gehabt habe (c.) und
- dass er falsche Angaben zur Laufleistung (d.),
- zu Vorschäden (e.) und
- zur Alarmanlage (f.)
gemacht habe.
Ganz unabhängig davon, ob die von der Beklagten vorgebrachten Indizien bei einer Gesamtschau geeignet wären, eine erhebliche Wahrscheinlichkeit der Vortäuschung des geltend gemachten Diebstahls zu begründen, ist das Vorbringen der Beklagten weitestgehend nicht zu berücksichtigen. Denn nur unstreitige oder vom Versicherer bewiesene Tatsachen dürfen bei der Beurteilung, ob ein Diebstahl nur vorgetäuscht ist, herangezogen werden. Eine Berücksichtigung der von der Beklagten geltend gemachten Umstände scheitert aus folgenden Gründen:
a.) Konkreter Vortrag wie auch ein Beweisantritt zu den Einkommensverhältnissen des Klägers und seiner Ehefrau fehlen.
b.) Für das behauptete Erschleichen einer Prämienvergünstigung bei Abschluss des Versicherungsvertrages durch Angabe einer Eigentumswohnung gilt Entsprechendes. Die Beklagte stützt sich auf den schriftlichen, per Computer erstellten Antrag (Anlage B 1, Bl. 46 d.A.), der die ...