Verfahrensgang
AG Berlin-Tiergarten (Entscheidung vom 19.02.2018; Aktenzeichen 293 OWi 1032/16) |
Tenor
Auf Antrag des Betroffenen wird ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Anbringung der Rechtsbeschwerdeanträge und deren Begründung gegen das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 19. Februar 2018 gewährt.
Der Beschluss des Amtsgerichts Tiergarten vom 24. Mai 2018 ist gegenstandslos.
Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 19. Februar 2018 wird nach § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, § 349 Abs. 2 StPO verworfen.
Der Betroffene hat die Kosten des Wiedereinsetzungsantrages und seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Tiergarten hat den Betroffenen wegen eines fahrlässig begangenen Rotlichtverstoßes zu einer Geldbuße von 200,- Euro verurteilt und ihm gemäß § 25 Abs. 1 StVG für die Dauer von einem Monat verboten, Kraftfahrzeuge jeder Art im öffentlichen Straßenverkehr zu führen. Das Fahrverbot wird erst wirksam, wenn der Führerschein des Betroffenen nach Rechtskraft des Urteils in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von vier Monaten seit Rechtskraft des Urteils (§ 25 Abs. 2a StVG).
Nach den Feststellungen des Amtsgerichts missachtete der Betroffene am 5. Mai 2016 um 12.08 Uhr im Bereich der Kreuzung Oberlandstraße/Bundesautobahn 100, 12099 Berlin, das rote Lichtzeichen und passierte die Haltelinie der Lichtzeichenanlage, als dieses seit mindestens 15,7 Sekunden leuchtete. Die ausgeurteilte Rechtsfolge folgt der Regelgeldbuße in laufender Nr. 132.3 der Anlage zu § 1 Abs. 1 BKatV und der Dauer des darin bezeichneten Fahrverbots.
Gegen das am 19. Februar 2018 verkündete Urteil hat der Betroffene form- und fristgemäß Rechtsbeschwerde eingelegt. Das Urteil wurde seinem Verteidiger am 12. März 2018 gegen Empfangsbekenntnis zugestellt; dieser hat indes die Rechtsbeschwerdeanträge und deren Begründung nicht innerhalb der maßgeblichen Frist von einem Monat (§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, § 345 Abs. 1 StPO), sondern erst mit Schriftsatz vom 13. April 2018 angebracht. Mit Beschluss vom 24. Mai 2018 hat das Amtsgericht die Rechtsbeschwerde als unzulässig verworfen und die Entscheidung dem Verteidiger am 31. Mai 2018 zugestellt.
Mit am 5. Juni 2018 bei Gericht eingegangenem Verteidigerschriftsatz hat der Betroffene Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die versäumte Frist beantragt und ausgeführt, dass es sich bei dem Fristversäumnis um ein Versehen seines Verteidigers gehandelt habe, welches ihm - dem Betroffenen - nicht zuzurechnen sei. Wie der Verteidiger anwaltlich versichert hat, habe er die in seinem digitalen Terminkalender notierte Frist im Zuge der Vornahme weiterer Einträge versehentlich gelöscht und hiernach irrtümlich einen Fristablauf zugrunde gelegt, der mit der notwendigen Erledigung einer arbeitsgerichtlichen Angelegenheit innerhalb desselben Mandatsverhältnisses einhergegangen sei.
Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin hat mit Zuschrift vom 2. Juli 2018 beantragt, dem Betroffenen die beantragte Wiedereinsetzung zu gewähren und seine Rechtsbeschwerde, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt, nach § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, § 349 Abs. 2 StPO als offensichtlich unbegründet zu verwerfen.
Die Gegenerklärung des Verteidigers vom 19. Juli 2018 lag dem Senat bei seiner Entscheidung vor.
II.
1. Dem Betroffenen ist auf seinen Antrag gemäß § 46 Abs. 1 OWiG, §§ 44, 45 StPO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die versäumte Frist zur Anbringung der Rechtsbeschwerdeanträge und deren Begründung zu gewähren.
a) Der Wiedereinsetzungsantrag ist gemäß § 46 Abs. 1 OWiG, § 45 Abs. 1 Satz 1 StPO innerhalb einer Woche nach Kenntnisnahme von der Fristversäumnis und somit rechtzeitig gestellt worden. Wie der Verteidiger anwaltlich versichert hat, habe er die Einhaltung der Frist bei Fertigung und Übermittlung seines Schriftsatzes vom 13. April 2018 nicht mehr gesondert überprüft, weshalb er deren Versäumnis erst mit der am 31. Mai 2018 erfolgten Zustellung des Verwerfungsbeschlusses vom 24. Mai 2018 zur Kenntnis genommen habe. Ebenfalls innerhalb der Wochenfrist nach Wegfall des Hindernisses hat der Betroffene gemäß § 46 Abs. 1 OWiG, § 45 Abs. 2 Satz 2 StPO die Rechtsbeschwerdeanträge über seinen Verteidiger (erneut) gestellt und (nochmals) begründet.
b) Der Betroffene hat weiter über seinen Verteidiger einen Sachverhalt vorgetragen und glaubhaft gemacht, der ein eigenes der Wiedereinsetzung entgegenstehendes Verschulden ausschließt. Denn nach dem anwaltlich versicherten Vortrag des Verteidigers fiel es ausschließlich in dessen Organisationsverschulden, die Frist für die Anbringung der Rechtsbeschwerdeanträge und deren Begründung versäumt zu haben. Das Versehen des Verteidigers ist dem Betroffenen daher nicht zuzurechnen (vgl. nur Meyer-Goßner/Schmidt, StPO 61. Aufl., § 44 Rn. 18 mit zahlreichen Nachweisen).
2. Da keine Säumnis des Betroffenen vorliegt, ist der Verwerfungsbeschluss des Amtsgerichts Tiergarten vom 24. Mai...