Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache
Verfahrensgang
AG Berlin-Charlottenburg (Aktenzeichen 70 II 486/90 (WEG)) |
LG Berlin (Aktenzeichen 85 T 187/92) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluß des Landgerichts Berlin vom 4. Februar 1994 – 85 T 187/92 – wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin hat die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen und die der Antragstellerin insoweit entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 500.000,– DM.
Gründe
Die Beteiligten sind die Wohnungseigentümer. Die Antragsgegnerin zu II 1 hat die Eigentumswohnungen Nr. 1 und 2 in der Weise verändert, daß sie die ursprünglich im Erd- und Obergeschoß nebeneinanderliegenden Wohnungen so verbunden hat, daß nun je eine in sich abgeschlossene Wohnung im Erd- und Obergeschoß liegt. Sie hat damit die vertikale Trennung der beiden Wohnungen durch eine horizontale ersetzt. Außerdem hat sie einen Teil der in dem Erdgeschoß gelegenen Garage als Wohnraum nutzbar gemacht. – Die Wohnungseigentümer hatten in der Versammlung vom 12. April 1990 zu TOP 10 die erforderlichen Umbauten nur mit Mehrheit beschlossen. Dieser Wohnungseigentümerbeschluß ist auf den rechtzeitigen Anfechtungsantrag der Antragstellerin durch den Senatsbeschluß vom 6. April 1992 – 24 W 6669/91 – rechtskräftig für ungültig erklärt worden. – Die Antragsgegnerin hat noch vor Ablauf der Anfechtungsfrist am 25. April 1990 damit begonnen, Bauaufträge zu erteilen. Sie hat die Arbeiten auch fortgesetzt und abgeschlossen, nachdem das Amtsgericht im Wege einstweiliger Anordnung im vorliegenden Verfahren mit Beschluß vom 15. August 1990 den angefochtenen Wohnungseigentümerbeschluß außer Verzug gesetzt und angeordnet hatte, die Bauarbeiten einzustellen.
Das Amtsgericht hat mit Beschluß vom 3. September 1992 die Antragsgegner zu II Nr. 1 und 2 verpflichtet, den ursprünglichen Zustand der Wohnungseigentumsanlage wieder herzustellen.
Das Landgericht hat mit Beschluß vom 4. Februar 1994 die Erstbeschwerde der Antragsgegnerin zu II Nr. 1 zurückgewiesen und sie nach Maßgabe des Tenors der angefochtenen Entscheidung verpflichtet, konkrete Baumaßnahmen zur Wiederherstellung des alten Zustandes zu ergreifen. Gegen diesen Beschluß richtet sich die frist- und formgerecht eingelegte Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin zu II Nr. 1, mit der sie weiterhin beantragt, den Antrag der Antragstellerin zurückzuweisen.
Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Denn die Entscheidung des Landgerichts ist frei von Rechtsfehlern.
Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht entschieden, daß die Antragsgegnerin nach §§ 1004, 823 Abs. 1 BGB i. V. mit §§ 15 Abs. 3, 14 Nr. 1 WEG verpflichtet ist, die durchgeführten Baumaßnahmen zu beseitigen und den alten Zustand wieder herzustellen.
1. Durch den Senatsbeschluß vom 6. April 1992 – 24 W 6669/91 – ist rechtskräftig entschieden, daß der in der Wohnungseigentümerversammlung vom 12. April 1990 zu TOP 10 gefaßte Mehrheitsbeschluß ungültig ist, weil er bauliche Veränderungen genehmigt, nach § 22 Abs. 1 WEG aber nur mit Zustimmung aller Wohnungseigentümer gefaßt werden konnte. Rechtskräftig entschieden ist darin auch, daß die beschlossenen Baumaßnahmen einen Nachteil enthalten, der das bei einem geordneten Zusammenleben vermeindliche Maß überschreitet. Gleiches muß deshalb auch für die tatsächlich ausgeführten Baumaßnahmen gelten.
Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht auch entschieden, daß die Antragsgegnerin schuldhaft, nämlich mindestens fahrlässig bis zur einstweiligen Anordnung des Amtsgerichts Charlottenburg vom 15. August 1990, danach jedoch vorsätzlich die rechtswidrigen Bauarbeiten durchgeführt hat. Auf einen Rechtsirrtum kann die Antragsgegnerin sich entgegen der in der Rechtsbeschwerde vertretenen Ansicht nicht mit Erfolg berufen. Denn sie wußte, daß der Beschluß, der die Arbeiten genehmigte, entgegen § 22 Abs. 1 WEG nur mit Mehrheit gefaßt worden war. Sie war deshalb verpflichtet, bei Zweifeln an der Rechtmäßigkeit ihrer Handlung sorgfältigen Rechtsrat einzuholen (Heinrichs in Palandt, 54. Aufl., § 285 Rn. 4 mit zahlreichen Rechtsprechungshinweisen). Ein solcher Rat hätte hier auch ergeben, daß die Antragsgegnerin bis zum 15. August 1990 zumindest auf eigenes Risiko die Bauarbeiten durchführte, danach jedoch jede weitere Tätigkeit unterlassen mußte.
2. Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht letztlich auch entschieden, daß dem Begehren der Antragstellerin der Einwand des Rechtsmißbrauchs und des Schikaneverbots nach §§ 242, 826, 226, 251 Abs. 2 BGB nicht entgegensteht. Zwar ist ein auf § 1004 BGB gestütztes Rückbauverlangen nach diesen Grundsätzen auch dann rechtsmißbräuchlich, wenn der Verpflichtete es nur unter unverhältnismäßigen, ihm nicht zuzumutenden Aufwendungen erfüllen kann (BGHZ 62, 388, 391; OLG Hamm OLGZ 1976, 61, 64; Senatsbeschluß vom 16.1.84 – 24 W 4224/83 – WE 1986, 104). Dabei ist die Grenze des Zumutbaren unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalles, insbes...