Verfahrensgang
AG Berlin-Pankow/Weißensee (Aktenzeichen 201 F 2772/17) |
Tenor
Auf die Beschwerden des Antragstellers und der weiteren Beteiligten wird der am 7. Dezember 2017 erlassene Beschluss des Amtsgerichts Pankow/Weißensee - 201 F 2772/17 - im Tenor zu 1. geändert:
Die durch Beschluss des Amtsgerichts Pankow/Weißensee vom 14. November 2013 - 201 F 2031/13 - erfolgte Kürzung des Anrechts des Antragstellers bei der Antragsgegnerin (Vers.-Nr. ...) wird ab dem 1. Juli 2017 in Höhe von 1.511,77 EUR ausgesetzt.
Von der Erhebung gerichtlicher Kosten für das Beschwerdeverfahren wird abgesehen. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.977,98 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Antragsteller (im Folgenden: Ehemann) und die weitere Beteiligte (im Folgenden: Ehefrau) begehren die Aussetzung der Kürzung des infolge der Durchführung des Versorgungsausgleichs durch den (Scheidungsverbund)Beschluss vom 14. November 2013 intern geteilten Anrechts des Ehemannes bei der Antragsgegnerin. Das Amtsgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Wegen der Einzelheiten zum Sach- und Streitstand sowie der die Zurückweisung tragenden Gründe wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen. Die Beteiligten halten auch zweitinstanzlich an ihren erstinstanzlich gestellten Anträgen fest.
Dem Senat haben die Akten 201 F 2031/13 des Amtsgerichts Pankow/Weißensee vorgelegen.
II. Die zulässigen Rechtsmittel der früheren Eheleute sind aus den Gründen der Senatsverfügung vom 28. März 2018 begründet. Auf ihren übereinstimmenden Antrag ist die - die Wertgrenze des § 33 Abs. 2 VersAusglG angesichts des Kapitalwerts von 227.008,11 EUR (vgl. Bl. V7 der beigezogenen Akte) deutlich übersteigende - Kürzung des Versorgungsanrechts des Ehemannes bei der Antragsgegnerin entgegen der Ansicht des Amtsgerichts gemäß §§ 33 Abs. 1, 34 Abs. 1 VersAusglG bis auf Weiteres in voller Höhe des Kürzungsbetrages auszusetzen.
1. Gemäß § 33 Abs. 1 VersAusglG wird die Kürzung der laufenden Versorgung der ausgleichspflichtigen Person auf Antrag ausgesetzt, solange die ausgleichsberechtigte Person aus einem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht keine laufende Versorgung erhalten kann und sie gegen die ausgleichspflichtige Person ohne die Kürzung durch den Versorgungsausgleich einen gesetzlichen Unterhaltsanspruch hätte. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
a) Voraussetzung der Kürzung der laufenden Versorgung des Ausgleichspflichtigen ist ein ohne die Anrechtskürzung aus dem betroffenen Anrecht bestehender gesetzlicher Unterhaltsanspruch des Ausgleichsberechtigten. Die Aussetzung der Kürzung ist deshalb ausgeschlossen, wenn die Beteiligten Unterhaltsansprüche durch eine Vereinbarung nach § 1585c BGB ausgeschlossen haben (vgl. etwa Norpoth/Sasse in: Erman, BGB, 15. Aufl. 2017, § 33 VersAusglG, Rn. 5). Einen derartigen Ausschluss des nachehelichen Unterhalts mit Beginn des Bezugs der Altersbezüge durch den früheren Ehemann aus dem streitigen Anrecht haben die Eheleute vorliegend indes nicht vereinbart. Dem Amtsgericht ist zwar zuzugeben, dass der Wortlaut der in der notariellen Trennungs- und Scheidungsvereinbarung zum nachehelichen Unterhalt getroffenen Regelung (Bl. 3ff., dort unter Ziffer 3.) für einen derartigen Ausschluss spricht; denn danach wurde der vom Ehemann vereinbarungsgemäß zu zahlende nacheheliche Unterhalt in Höhe von monatlich insgesamt 2.000 EUR (1.750 EUR Elementarunterhalt sowie 250 EUR Beteiligung am Krankenversicherungsaufwand der Ehefrau) zunächst bis zum Bezug von Alters- oder Erwerbsunfähigkeitsrentenleistungen durch den Ehemann aus der streitigen Versorgung befristet. Vertragsgemäße Bedingung für den daran anschließenden Fortbestand eines Unterhaltsanspruchs war - neben dem Bestehen eines Unterhaltsanspruchs nach Maßgabe der zu diesem Zeitpunkt bestehenden rechtlichen Grundlagen - das Unterbleiben der Kürzung der Anwartschaft gemäß § 33 VersAusglG. Der Eintritt dieser Bedingung ist indes - wie das Amtsgericht zutreffend festgestellt hat - unmöglich, weil das Unterbleiben (d.h. die Aussetzung) der Kürzung der Anwartschaft gemäß § 33 VersAusglG das Bestehen eines Unterhaltsanspruchs gerade voraussetzt.
Die vom Amtsgericht vertretene, am Wortlaut orientierte Auslegung wird dem erkennbaren Sinn und Zweck der Vereinbarung und dem insoweit übereinstimmenden Willen der Vertragsparteien indes nicht gerecht. Letzteres ist jedoch maßgeblich, weil bei der Auslegung einer Willenserklärung der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften ist (§ 133 BGB) und Verträge so auszulegen sind, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern (§ 157 BGB). Aus der Vereinbarung ergibt sich hinreichend deutlich, dass die Eheleute - sofern ohne Kürzung der Anwartschaft trotz der mit dem Ruhestandseintritt zwangsläufig verbundenen Einkommensreduzierung des früheren Ehemanns eine Unterhaltspflicht seinerseits bestehen würde und diese nicht aus ande...