Entscheidungsstichwort (Thema)
Betrieb einer Versicherungs-Vertretung und Ausübung der Wahrsagerei in Sondereigentums-Räumen. Wohnungseigentumssache
Leitsatz (amtlich)
Ist in der Teilungserklärung einerseits die die Gemeinschaft nicht beeinträchtigende Ausübung einer freiberuflichen Tätigkeit in Sondereigentums-Räumen gestattet, andererseits aber die Ausübung einer gewerblichen Tätigkeit untersagt, so ergibt die gebotene Auslegung dieser Regelung, die sich an der nächstliegenden Bedeutung aus der Sicht eines unbefangenen Betrachters zu orientieren hat, daß auch bestimmte gewerbliche Tätigkeiten (hier: Versicherungs-Vertretung und Wahrsagerei) erlaubt sind, die einer nicht beeinträchtigenden freiberuflichen Betätigung gleichstehen.
Normenkette
WEG § 13 Abs. 1, § 14 Nr. 1
Verfahrensgang
AG Berlin-Charlottenburg (Aktenzeichen 70 II 331/91 (WEG)) |
LG Berlin (Aktenzeichen 85 T 1/92 (WEG)) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Antragsteller haben als Gesamtschuldner die Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde zu tragen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Der Geschäftswert wird für das Verfahren der weiteren Beschwerde bis zum 30. März 1993 (Eingang der Rechtsbeschwerdebegründung) auf 100.000,00 DM und im übrigen auf 35.000,00 DM festgesetzt.
Die Beschwerde der Beteiligten zu II.1. gegen die Geschäftswertfestsetzung des Landgerichts wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Beteiligten sind die Wohnungseigentümer der im Rubrum näher bezeichneten Wohnanlage.
In der notariellen Teilungserklärung vom 24. April 1985 heißt es im Abschnitt „Gemeinschaftsordnung einschließlich Verwaltervertrag” unter § 3 (Nutzung des Sondereigentums) u. a. wie folgt:
„Die Wohnungseigentümer können in der Wohnung eine freiberufliche Tätigkeit ausüben, sofern die anderen Wohnungseigentümer nicht beeinträchtigt oder belästigt werden.
Die Ausübung einer gewerblichen Tätigkeit innerhalb des Wohnungseigentums ist untersagt …”
In den Sondereigentums-Räumen der Beteiligten zu II.1. betreibt der Mitbewohner … eine Versicherungs-Vertretung (für Lebens- und Krankenversicherungen sowie für eine Bausparkasse). Die Beteiligte zu II.2. übt in ihren Sondereigentums-Räumen die Tätigkeit der Wahrsagerei aus, für die sie in Tageszeitungen unter Angabe ihrer Telefonnummer wirbt.
Die Beteiligte zu II.1. hat an ihrem Wohnungseigentum folgende bauliche Maßnahmen durchgeführt bzw. durchführen lassen:
- Ersetzung einer ursprünglich vorhandenen Holz-Terassentür durch eine Kunststoff-Terassentür,
- Einbau einer weiteren Terrassentür aus Kunststoff anstelle eines Holz-Fensters,
- Ersetzung eines ursprünglich vorhandenen Holz-Fensters durch ein Kunststoff-Fenster,
- Herstellung einer weißen Balkonbrüstung;
- außerdem ist auf dem Balkon der Wohnung eine Markise angebracht.
In der Wohnungseigentümerversammlung vom 9. August 1991 beschlossen die Eigentümer u. a. zu TOP 27 mehrheitlich die Gestattung der Gewerbeausübung (Versicherungs-Vertretung) in den Sondereigentums-Räumen der Beteiligten zu II.1..
Auf den rechtzeitigen Anfechtungsantrag der Antragsteller hat das Amtsgericht Charlottenburg unter Zurückweisung der weitergehenden Anträge der Antragsteller mit Beschluß vom 23. Oktober 1991 u. a. die in der Eigentümerversammlung vom 9. August 1991 zu verschiedenen Tagesordnungspunkten, und zwar auch zu TOP 27, gefaßten Eigentümerbeschlüsse für ungültig erklärt. Auf die gegen diesen Beschluß rechtzeitig eingelegten sofortigen Beschwerden der Beteiligten zu II. hat das Landgericht mit seiner Schluß-Entscheidung vom 20. Oktober 1992 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 19. November 1992 unter teilweiser Änderung des amtsgerichtlichen Beschlusses u. a. den Antrag auf Ungültigerklärung des in der Eigentümerversammlung vom 9. August 1991 zu TOP 27 gefaßten Beschluß zurückgewiesen. Außerdem hat das Landgericht die in zweiter Instanz gestellten Anträge der Antragsteller auf Verpflichtung der Beteiligten zu II.2. zur Unterlassung der Ausübung des Gewerbes der Wahrsagerei in ihren Sondereigentums-Räumen sowie auf Verpflichtung der Beteiligten zu II.1. zur Rückgängigmachung der vorstehend unter a) bis e) bezeichneten baulichen Maßnahmen zurückgewiesen.
Gegen diese den Antragstellern am 7. Dezember 1992 zugestellte Schluß-Entscheidung des Landgerichts richtet sich die am 21. Dezember 1992 bei Gericht eingegangene sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller, welche die Antragsteller mit ihrer Beschwerdebegründung vom 29. März 1993 auf einzelne Punkte beschränkt haben.
II.
Das als Rechtsbeschwerde gemäß § 45 Abs. 1 WEG in Verbindung mit § 27 FGG statthafte Rechtsmittel der Antragsteller ist rechtzeitig und formgerecht eingelegt worden (§§ 22 Abs. 1, 29 FGG), sachlich aber nicht gerechtfertigt. Einen Rechtsfehler, auf den die weitere Beschwerde mit Erfolg allein gestützt werden kann (§ 27 FGG), weist die angefochtene Entscheidung nicht auf.
1. Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht auf die Erstbeschwerden der Beteiligten zu II. unter entsprechender Än...