Leitsatz (amtlich)

Die Terminsreisekosten des auswärtigen, aber postulationsfähigen Prozessbevollmächtigten sind erstattungsfähig, wenn – und soweit – bei Einschaltung eines Unterbevollmächtigten als Terminsvertreter beim Prozessgericht keine wesentlich geringeren Kosten entstanden wären.

 

Normenkette

BRAGO §§ 28, 33 Abs. 3, § 53; ZPO § 91 Abs. 2 S. 1

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Wedding (Beschluss vom 16.07.2002; Aktenzeichen 21a C 308/01)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde wird bei einem Wert von 407,35 Euro auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

 

Gründe

Gegenstand der zulässigen sofortigen Beschwerde ist – lediglich – die im angefochtenen Beschluss erfolgte Absetzung der im Kostenfestsetzungsantrag vom 28.1.2002 mit 455,69 Euro bezifferten Terminsreisekosten des Klägervertreters sowie der für den Termin am 24.1.2002 geltend gemachten Tagegeldpauschale von 56 Euro gem. § 28 Abs. 3 S. 1 BRAGO, zusammen – zzgl. MwSt. 593,56 Euro. Da das AG stattdessen die – fiktiven – Kosten eines B.er Unterbevollmächtigten i.H.v. 143,24 Euro und eine 3/10 Verhandlungsgebühr gem. § 33 Abs. 2 – richtig: Abs. 3 – BRAGO i.H.v. 32,21 Euro, zzgl. MwSt. und anteiliger Postpauschale gem. § 26 S. 2 BRAGO, also 42,97 Euro festgesetzt hat, beträgt die mit dem Rechtsmittel geltend gemachte Differenz zum Nachteil des Klägers 407,35 Euro.

Das Rechtsmittel ist nicht begründet. Der Kläger kann – wie das AG zutreffend ausführt – nur die Kosten seiner anwaltlichen Vertretung verlangen, die durch die Beauftragung seiner K.er Anwälte als Hauptbevollmächtigte entstanden sind bzw. wären, wenn diese den Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem AG Wedding durch einen B.er Anwalt als Unterbevollmächtigten hätten wahrnehmen lassen. Die Terminsreisekosten des K.er Anwalts und die Abwesenheitspauschale waren daher nicht festzusetzen, zu Recht hat das AG stattdessen die geringeren Kosten festgesetzt, die bei Einschaltung eines Unterbevollmächtigten entstanden wären. Nur in diesem – festgesetzten – Umfang waren die Kosten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig und sind daher gem. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO dem Kläger zu erstatten. Die höheren Terminsreisekosten und die für die Terminswahrnehmung des auswärtigen Anwalts berechnete Tagegeldpauschale sind hingegen nicht als notwendige Kosten zu erstatten.

Dieser Beurteilung liegen folgende Erwägungen zugrunde:

1. Die Beauftragung des französisch sprechenden K.er Rechtsanwalts mit der Durchführung des Mahnverfahrens war sachgerecht, da – wie der Kläger zutreffend geltend macht – mit einem Widerspruch nicht zu rechnen war.

2. Nach Einlegung des Widerspruchs war es nicht erforderlich, zum Zwecke der Ersparnis von Reisekosten im Falle eines Verhandlungstermins vor dem örtlich zuständigen AG in Berlin an Stelle des K.er Anwalts einen B.er Hauptbevollmächtigten mit der Vertretung im Streitverfahren zu beauftragen. Das folgt unter Kostengesichtspunkten schon daraus, dass die für die Tätigkeit im Mahnverfahren entstandene Gebühr nach § 43 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO bei einem Wechsel zu einem Anwalt am Prozessgericht auf dessen Prozessgebühr im nachfolgenden Rechtsstreit nicht angerechnet würde (§ 43 Abs. 2 BRAGO).

3. Nach Anberaumung des Termins vor dem AG Wedding traf den Kläger jedoch erstattungsrechtlich die Obliegenheit, unter mehreren gleich zweckentsprechenden Maßnahmen die kostengünstigste auszuwählen (vgl. statt vieler Zöller/Herget, ZPO, § 91 Rz. 12).

a) Nach der zur Erstattungsfähigkeit der Reisekosten ergangenen grundsätzlichen Entscheidung des BGH vom 16.10.2002 (BGH v. 16.10.2002 – VIII ZB 30/02, MDR 2003, 233 = BGHReport 2003, 152) sind die Kosten eines Unterbevollmächtigten als Terminsvertreter erstattungsfähig, soweit sie die ersparten Reisekosten des Prozessbevollmächtigten „nicht wesentlich übersteigen”. Der BGH hat damit jedoch nicht entschieden, dass Reisekosten des Prozessbevollmächtigten in jedem Fall, also auch dann erstattungsfähig sind, wenn sie die Kosten eines Unterbevollmächtigten gem. § 53 BRAGO – unter Berücksichtigung der Gebühr nach § 33 Abs. 3 BRAGO – wesentlich übersteigen.

b) Aus dem auch vom BGH (BGH v. 16.10.2002 – VIII ZB 30/02, MDR 2003, 233 = BGHReport 2003, 152) herangezogenen Grundsatz der Kostengeringhaltung folgt vielmehr, dass die Terminsreisekosten des auswärtigen, aber postulationsfähigen Prozessbevollmächtigten dann erstattungsfähig sind, wenn – und soweit – bei Einschaltung eines Unterbevollmächtigten keine wesentlich geringeren Kosten entstanden wären (OLG Schleswig v. 31.10.2000 – 9 W 145/00, MDR 2001, 537 = OLGReport Schleswig 2001, 51 = AGS 2001, 137). Wie eingangs dargelegt wurde, ist dieser Ausnahmefall einer Kostenersparnis durch Einschaltung eines Unterbevollmächtigten hier aber gegeben.

4. Die Beauftragung eines Unterbevollmächtigten mit der Terminswahrnehmung war hier zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung ausreichend. Die persönliche Wahrnehmung des Termins durch den K.er Anwalt war nicht notwendig i.S.d. § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO.

Nach st. Rspr. des Senats (KG v. 23.1.2001 – 1 ...

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