Leitsatz (amtlich)
Selbständige Ermittlungsverfahren führen auch dann (noch) zu mehreren Angelegenheiten bzw. mehreren Rechtsfällen i.S.d. Nr. 4100 VV, wenn sie in einem Aktenband geführt werden (für mehrere Rehabilitierungsverfahren nach dem StRehaG)
Verfahrensgang
LG Berlin (Entscheidung vom 03.01.2011; Aktenzeichen (551 Rh) 3 Js 6/10 (175/10)) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Rechtsanwalts C.M. wird der Beschluß des Landgerichts Berlin vom 3. Januar 2011 dahin geändert, daß dem Rechtsanwalt aus der Landeskasse Berlin weitere 290,36 EUR als Vergütung zu erstatten sind.
Das Verfahren über die sofortige Beschwerde ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I.
1.
Mit Schreiben vom 3. August 2009 beantragte der Betroffene seine Rehabilitierung für die in der ehemaligen DDR von 1978 bis 1980 erlittene Inhaftierung und die Ausstellung eines Duplikats eines "Rehabilitierungsbeschlusses des Landgerichts Berlin von (vermutlich) Januar 1981"; gemeint war mit letzterem eine Bescheinigung nach dem Häftlingshilfegesetz (HHG).
Frühere Rehabilitierungsvorgänge ließen sich nicht ermitteln, jedoch ein Urteil. Ausweislich eines gegen vier Angeklagte gerichteten Urteils des Stadtbezirksgerichts Berlin-Weißensee vom 8. August 1978 - 911 S 166.78 - war der Betroffene gleichzeitig mit weiteren zwei Personen wegen ungesetzlichen Grenzübertritts im schweren Fall zur Bewährung verurteilt worden. In demselben Urteil war gegen den Angeklagten S. außer wegen ungesetzlichen Grenzübertritts in schwerem Fall auch wegen mehrfacher unbefugten Kfz-Benutzung, mehrfachen Diebstahls persönlichen Eigentums und vorsätzlicher Beschädigung sozialistischen Eigentums eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verhängt worden. In diesem Verfahren hatte er Untersuchungshaft vom 21. April 1978 bis zum 8. August 1978 erlitten.
Im Hinblick auf die vom Betroffenen genannten Haftzeiten stand jedoch zu vermuten, daß sich sein Antrag auf ein weiteres, bisher nicht ermitteltes Strafverfahren bezog. Eine entsprechende Nachfrage des Gerichts bei dem Betroffenen blieb zunächst erfolglos.
2.
Mit Schriftsatz vom 15. März 2010 meldete sich Rechtsanwalt Müller für den Antragsteller und beantragte Akteneinsicht.
Mit Beschluß vom 21. Juni 2010 trennte das Landgericht Berlin aus dem Ursprungsverfahren - 551 Rh 65/09 -, das unter anderem auch den Rehabilitierungsantrag des ehemals Mitverurteilten S. zum Gegenstand hatte, die sich auf den im hiesigen Verfahren Betroffenen Kilian beziehenden Verfahren 551 Rh 984/09 und 175/10 zur gesonderten Entscheidung ab und bat den Betroffenen mit Schreiben vom 22. Juni 2010 nochmals um Klärung, ob sich sein Antrag vom 3. August 2009 tatsächlich auf zwei in der damaligen DDR erfolgte strafrechtliche Verurteilungen beziehe. Denn jener S. hatte gegen einen ihn in diesem Verfahren betreffenden Beschluß des Landgerichts Berlin vom 19. Februar 2010 Beschwerde eingelegt, so daß die Akten dem Kammergericht zur Entscheidung vorzulegen waren.
Mit Schriftsatz vom 7. Juli 2010 bestätigte der Rechtsanwalt, daß sein Mandant zweimal in der DDR wegen Republikflucht verurteilt worden sei und teilte Anhaltspunkte für weitere Ermittlungen mit. Das Gericht forderte daraufhin am 12. Juli 2010 wegen dieses weiteren Verfahrens die Herausgabe diesbezüglicher Verfahrensakten bei der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen
Deutschen Demokratischen Republik, dem Bundesarchiv und der Staatsanwaltschaft Berlin - Geschäftsstelle VAR - an und rehabilitierte den Betroffenen mit Beschluß vom gleichen Tag - (551 Rh) 3 Js 6/10 (984/09) - im Hinblick auf das oben genannte Urteil des Stadtbezirksgerichtes Berlin-Weißensee vom
8. August 1978. Die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers legte es der Landeskasse Berlin auf. In den Beschlußgründen führte es aus, daß die Rehabilitierungskammer über den weiteren strafrechtlichen Rehabilitierungsantrag des Betroffenen zur Geschäftsnummer (551 Rh) 3 Js 6/10 (175/10) nach Abschluß der Ermittlungen zum Verbleib der damaligen Strafverfahrensunterlagen zu gegebener Zeit gesondert entscheiden werde.
Die weiteren Ermittlungen wurden von dem Rechtsanwalt des Betroffenen mit Schriftsatz vom 5. November 2010 unterstützt. Sie führten zur Ermittlung des Urteils des Stadtbezirksgerichts Berlin-Weißensee vom 27. Januar 1981 - 912 S 4/81 - 221-455-80-18 -, mit dem der Betroffene wegen versuchter Republikflucht im schweren Fall zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt worden war. Er hatte in dieser Sache vom
18. November 1980 bis zum 4. November 1981 zu Unrecht Freiheitsentzug erlitten. Mit Beschluß vom 18. November 2010 wurde der Betroffene auch in diesem Verfahren rehabilitiert und seine notwendigen Auslagen der Landeskasse Berlin auferlegt.
3.
Mit Beschluß vom 1. September 2010 setzte die Rechtspflegerin des Landgerichts Berlin die dem Rechtsanwalt zu erstattenden Gebühren und Auslagen im Hinblick auf den Beschluß vom 12. Juli 2010 antragsgemäß mit 404,60 EUR nebst Zinsen in Höh...