Leitsatz (amtlich)
Kurzfristige Flugstornierungen entschuldigen den zur Gewährung des Umgangs verpflichteten Elternteil jedenfalls dann nicht, wenn dieser keinen ausreichenden "Zeitpuffer" für mögliche Störungen beim Rückflug mit dem Kind aus dem eigenen Urlaub eingeplant hat und er es ablehnt, zumutbare Ersatzflüge zu buchen, mit denen er den festgesetzten Umgangstermin noch rechtzeitig hätte erreichen können.
Verfahrensgang
AG Berlin-Schöneberg (Aktenzeichen 87 F 296/19) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Vaters gegen den am 9. Februar 2022 erlassenen Ordnungsgeldbeschluss des Amtsgerichts Schöneberg - 87 F 296/19 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Gründe
I. Der Vater wendet sich gegen den Ordnungsgeldbeschluss des Familiengerichts vom 9. Februar 2022. Mit diesem Beschluss hat das Familiengericht gegen ihn ein Ordnungsgeld in Höhe von 250 EUR festgesetzt und ersatzweise, für den Fall seiner Nichtbeitreibbarkeit, ein Tag Ordnungshaft für jeweils 100 EUR Ordnungsgeld, weil der Vater am 17. Oktober 2021 gegen die familiengerichtliche Umgangsregelung vom 2. August 2021 zuwidergehandelt haben soll.
Mit dem Beschluss vom 2. August 2021 hat das Familiengericht den Umgang zwischen dem Vater und dem zur fraglichen Zeit etwa drei Jahre und sechs Monate alten Sohn R. geregelt. Für die Herbstferien 2021 nach dem Ferienkalender der Berliner Schulen - diese dauern zwei Wochen - hat das Familiengericht angeordnet, dass R. die erste Ferienwoche beim Vater verbringt und die zweite Ferienwoche bei der Mutter. Die Übergabe des Jungen vom Vater an die Mutter sollte am zweiten Sonntag der Herbstferien 2021, nämlich am Sonntag, den 17. Oktober 2021 um 17 Uhr erfolgen. Zusätzlich hat das Familiengericht angeordnet, dass die Übergaben des Kindes, soweit diese nicht über die Kita erfolgen, durch eine Umgangspflegerin begleitet werden.
In "seiner" Ferienwoche ist der Vater mit dem Jungen nach Santiago de Compostela in der nordwestspanischen Provinz Galicien geflogen, um mit ihm in La Coruña eine Woche Ferien zu verbringen. Den Rückflug hat er bei der Swiss, einer Tochtergesellschaft der Lufthansa, für Sonntag, den 17. Oktober 2021 gebucht. Der Flug sollte um 4:05 Uhr in Santiago de Compostela starten und über Zürich zum Flughafen Berlin-Brandenburg führen; die planmäßige Landung hätte am gleichen Tag um 8:45 Uhr erfolgen sollen. Am Samstag, den 16. Oktober 2021, als der Vater sich und den Sohn im Internet für den Rückflug am Folgetag einchecken wollte, erfuhr er durch einen Vermerk auf der Lufthansa-Homepage, dass der Flug "storniert" ist. Am Vormittag des gleichen Tages informierte er die Umgangsbegleiterin per "WhatsApp", dass er deshalb am Montag, den 18. Oktober 2021, den Ersatzflug einer Tochtergesellschaft der Lufthansa nehmen werde, der jedoch erst am Montagabend in Berlin eintreffen werde. Die Mutter, die von der Umgangspflegerin hierüber informiert wurde, war damit nicht einverstanden; sie teilte der Umgangspflegerin mit, dass sie auf der festgelegten Übergabe des Jungen am Sonntag, 17. Oktober 2021, 17:00 Uhr bestehe, weil sie für "ihre" Ferienwoche ebenfalls eine Ferienreise mit dem Jungen, und zwar nach Jerez de la Frontera in der südspanischen Provinz Andalusien gebucht hatte. Die gebuchte Ferienreise könne sie nur antreten, wenn sie am geplanten Abreisetag, am Montag, den 18. Oktober 2021 zusammen mit dem Jungen am Flughafen Berlin-Brandenburg für den gebuchten Flug einchecke. Im weiteren Verlauf ließ sie den Vater über die Umgangspflegerin darauf hinweisen, dass sie in den verschiedenen Internetsuchmaschinen zahlreiche Flüge mit freien Plätzen gefunden habe, mit denen der Vater und R. noch am Sonntag, 17. Oktober 2021 nach Berlin hätten fliegen und die festgesetzte Übergabezeit wahren können. Sie hat u.a. darauf hingewiesen, dass im Laufe des Sonntagvormittags von Santiago de Compostela mehrere Flüge der Iberia oder der Vueling, einer low-cost-Tochter der Iberia, nach Berlin zu Preisen zwischen etwa 340 EUR und ca. 500 EUR angeboten wurden. Weiter wies sie darauf hin, dass von Porto, dem zu Santiago de Compostela nächstgelegenen, etwa 250km entfernten Flughafen in Portugal, am Sonntag mehrere Flüge mit Ryanair oder Easyjet zu Preisen zwischen 210 EUR und 230 EUR angeboten wurden, auf denen es ebenfalls freie Plätze gebe und die gleichfalls rechtzeitig zur vereinbarten Übergabezeit in Berlin ankommen würden. Nach mehreren Telefonaten der Mutter mit der Fluggesellschaft, bei der sie ihren Flug nach Jerez gebucht hatte, gelang es ihr für R. kurzfristig für 148,85 EUR ein Upgrade zu buchen, das es dem Jungen ermöglichte, auf einem planmäßigen Zwischenstopp des Fluges der Mutter nach Jerez am Montag, 18. Oktober 2021 in Madrid zuzusteigen und mit ihr am gleichen Abend nach Jerez de la Frontera weiterzufliegen. Durch Vermittlung der Umgangspflegerin gelang es schließlich, dass der Vater und R. am Montag, 18. Oktober 2021 mit dem Zug von La Coruña/Santiago de Compostela nach Madrid zum Flughafen gefahren sind, wo er den J...