Leitsatz (amtlich)

1. Eine vom High Court of Justice, Accra, Ghana, ausgesprochene Erklärung über eine rechtsgültige Adoption in Übereinstimmung mit dem ghanaischen Gewohnheitsrecht ist in Deutschland als Entscheidung nach § 16a FGG (a.F.) anerkennungsfähig und verstößt nicht gegen den deutschen ordre public.

2. Maßgebender Zeitpunkt für die Bestimmung des Verstoßes gegen den ordre public ist der Zeitpunkt in dem über die Anerkennung zu entscheiden ist. Etwaige Mängel des Adoptionsverfahrens sind bei der Prüfung der Vereinbarkeit einer Adoptionentscheidung mit dem ordre public nach Ablauf einer längeren Zeit gegen die Verfestigung gelebter Familienbande und die Bindung an den inländischen Lebenskreis abzuwägen.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 02.03.2010; Aktenzeichen 83 T 2/06)

AG Berlin-Schöneberg (Aktenzeichen 53 XVI 26/04)

 

Tenor

Auf die sofortige weitere Beschwerde des Betroffenen und der Beteiligten zu 1) wird der Beschluss des LG Berlin vom 2.3.2010 - 83 T 2/06 - aufgehoben.

Es wird festgestellt, dass die am 12.3.1993 vom High Court of Justice, Accra, Ghana, ausgesprochene Erklärung über eine rechtsgültige Adoption des Betroffenen durch Herrn G. N. anzuerkennen ist und das Eltern-Kind-Verhältnis zu seinem leiblichen Vater durch die Annahme erloschen ist.

Das Annahmeverhältnis steht einem nach deutschen Sachvorschriften begründeten Annahmeverhältnis gleich.

Beschwerdewert: 3.000 EUR.

 

Gründe

I. Der am 15.8.1971 als Sohn der Beteiligten zu 1) in Ghana geborene Betroffene begehrt die Anerkennung einer ausländischen Adoptionsentscheidung nach dem AdWirkG. Seine Staatsangehörigkeit wird in den ihm erteilten Personaldokumenten (Personalausweis und Pass) mit "DEUTSCH" und als sein Name "F. N." angegeben. Seine Mutter heiratete am 2.9.1986 den am 22.9.2002 verstorbenen Herrn G. N. Im Jahre 1992 gab dieser eine eidesstattliche Versicherung ab, wonach er den Antragsteller adoptiert und seit 1987 in Pflege und Obhut habe. Nach Darstellung der Beteiligten zu 1) wurde ihr Sohn ein Jahr nach der Eheschließung in Ghana durch ihren Ehemann gemäß dem Gewohnheitsrecht adoptiert. Zum 1.9.1987 wurde der Betroffene in das Geburtsregister von Accra/Ghana eingetragen.

Am 12.3.1993 gab der High Court of Justice, A., Ghana, in der Angelegenheit Nr. 487/1993 RDF eine "Erklärung über die rechtsgültige Adoption" des Betroffenen ab, wonach dieser "rechtsgültig in Übereinstimmung mit dem Gewohnheitsrecht von Ghana in 1987" von Herrn G. N. und seiner Mutter adoptiert wurde und das rechtmäßige Kind des Paares ist. Am 26.4.1993 wurde die entsprechende Eintragung in das Geburtsregister vorgenommen (Bl. 189 f. d.A.).

Die Erklärung erfolgte nachdem die eidlichen Erklärungen des Großvaters des Antragstellers, des Herrn G. N. und seiner Mutter verlesen worden waren. Wegen deren Einzelheiten wird auf die ausführliche landgerichtliche Sachverhaltsdarstellung Bezug genommen.

Das AG hat mit seiner Entscheidung vom 18.11.2005 den Antrag mit der Begründung zurückgewiesen, dass es an einer ausländischen Adoptionsentscheidung fehle. Gewohnheitsrechtliche Privatadoptionen seien nicht nach § 1 AdWirkG anerkennungsfähig.

Die hiergegen gerichtete Beschwerde hat das LG Berlin, durch Beschluss vom 2.3.2010, 83 T 2/06, zurückgewiesen. Wegen der landgerichtlichen Begründung wird auf die bei juris zur Anerkennungsfähigkeit der ghanaischen Adoption/Dekretadoption veröffentlichte Entscheidung Bezug genommen. Hiergegen richten sich die sofortigen weiteren Beschwerden des Betroffenen und der Beteiligten zu 1). Sie wiederholen und vertiefen ihr Vorbringen und tragen insbesondere vor, dass die Möglichkeit der Anwendung des § 3 Abs. 1 AdwirkG nicht geprüft worden sei. Auch ein Verstoß gegen den materiell-rechtlichen ordre public liege nicht vor.

Die Beteiligte hat sich gegen eine Anerkennung ausgesprochen.

II. Auf den vorliegenden Fall ist sowohl in verfahrensrechtlicher wie auch in materiell-rechtlicher Hinsicht gem. Art. 111 Abs. 1 und 2 FGG-RG das bis zum 31.8.2009 geltende Recht anzuwenden, da das Anerkennungsverfahren vor dem 1.9.2009 eingeleitet worden ist.

Die sofortige weitere Beschwerde ist mithin gem. § 5 Abs. 4 Satz 2 AdWirkG in der bis zum 31.8.2009 geltenden Fassung (a.F.) i.V.m. §§ 27, 29 Abs. 2 FGG statthaft und gem. §§ 5 Abs. 4 S. 2 AdWirkG a.F., 29 Abs. 1 S. 2, 22 Abs. 1 S. 1 FGG zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden. Die Beschwerdebefugnis des Betroffenen und der Antragstellerin zu 2) folgt bereits daraus, dass ihre Erstbeschwerde ohne Erfolg geblieben ist.

Die Entscheidung des LG hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO).

Nach § 2 Abs. 1 AdWirkG ist auf Antrag durch das Vormundschaftsgericht festzustellen, ob eine ausländische Adoptionsentscheidung anzuerkennen ist und ob das Eltern-Kind-Verhältnis des Kindes zu seinen bisherigen Eltern durch die Annahme erloschen ist.

Zu Recht hat das LG darauf abgestellt, dass die Anerkennung nach § 16a FGG zu erfolgen hat, sofern kein Versagungsgrund besteht, d...

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