Leitsatz (amtlich)
§ 269 Abs. 3 ZPO findet grundsätzlich keine entsprechende Anwendung, wenn ein Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens gem. § 696 Abs. 4 S. 1 ZPO zurückgenommen wird. Dem Interesse des Antragsgegners, eine Kostenentscheidung gegen den Antragsteller zu erhalten, wird dadurch Rechnung getragen, dass ihm § 696 Abs. 1 ZPO die Möglichkeit eröffnet, die Durchführung des streitigen Verfahrens zu beantragen.
Verfahrensgang
AG Berlin-Pankow/Weißensee (Urteil vom 16.11.2004; Aktenzeichen 8 C 307/04) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Klägers vom 3.12.2004 wird die Kostenentscheidung des am 16.11.2004 verkündeten Anerkenntnisschlussurteils der Zivilprozessabteilung 8 des AG Pankow/Weißensee abgeändert:
Die Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger zu 25 % und die Beklagte zu 1) zu 75 % zu tragen.
Der Beschwerdewert beträgt 206,57 EUR.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Beklagte zu tragen.
Gründe
Der Kläger hat zunächst sowohl gegen die Beklagte als auch gegen den Beschwerdegegner zu 2) ein Mahnverfahren betrieben und von beiden die Zahlung eines Betrages i.H.v. 1.553,20 EUR nebst Mahnkosten und Zinsen verlangt. Sowohl die Beklagte als auch der Beschwerdegegner zu 2) haben gegen die ihnen zugestellten Mahnbescheide Widerspruch eingelegt. Der Kläger hat daraufhin mit Schriftsatz vom 12.7.2004 den gegen die Beklagte geltend gemachten Anspruch begründet und beantragt, die Beklagte zur Zahlung von 1.553,20 EUR zu verurteilen. Mit Schriftsatz vom 23.8.2004 hat er den Zahlungsantrag auf 2.021,45 EUR nebst Zinsen erweitert und mit Schriftsatz vom 29.9.2004 unter teilweiser Rücknahme der Klage die Zahlung von 1.520,41 EUR nebst Zinsen beantragt. Zugleich hat er mit diesem Schriftsatz vom 29.9.2004 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er, wie bereits aus der Anspruchsbegründungsschrift hervorgehe, seinen Anspruch nur gegen die Beklagte weiter verfolge.
Das AG hat den Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 16.11.2004 darauf hingewiesen, dass es sich bei der Beschränkung der Klage auf die Beklagte um eine Klagerücknahme gegen den Beklagten zu 2) (hier: Beschwerdegegner) handele und hat entsprechend dieser Rechtsauffassung in dem Anerkenntnisschlussurteil vom 16.11.2004 von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten des Klägers dem Kläger 62 % und der Beklagten zu 1) 38 % auferlegt. Zugleich hat es von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) dem Kläger 25 % auferlegt und bestimmt, dass der Kläger die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2) zu tragen habe.
Die von dem Kläger erhobene sofortige Beschwerde gegen die Kostenentscheidung des Anerkenntnisschlussurteils ist nach §§ 567 Abs. 1 Nr. 1, 99 Abs. 2 S. 1, 269 Abs. 5 S. 1 ZPO statthaft. Sie ist auch innerhalb der Frist nach § 569 Abs. 1 ZPO eingelegt worden, weil das Urteil am 19.11.2004 zugestellt worden ist und der Beschwerdeschriftsatz am 3.12.2004 beim AG Pankow/Weißensee eingegangen ist. Der Wert des Beschwerdegegenstandes überschreitet den erforderlichen Betrag von 100 EUR.
Die sofortige Beschwerde ist auch begründet.
Das AG ist rechtsirrig davon ausgegangen, dass der Kläger die Klage gegen den Beschwerdegegner zurückgenommen habe. Der Kläger hat dadurch, dass er die Anspruchsbegründung vom 12.7.2004 nur noch gegen die Beklagte zu 1) gerichtet hat, nicht die Klage gegen den Beschwerdegegner, sondern den Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens gegen den Beschwerdegegner zurückgenommen, § 696 Abs. 4 S. 1 ZPO (OLG München v. 28.5.1991 - 5 U 5054/90, OLGReport München 1992, 107 = MDR 1992, 187).
Diese Rücknahme war wirksam, da sie vor Beginn der mündlichen Verhandlung erfolgt ist. Die Streitsache ist damit als nicht rechtshängig geworden anzusehen, § 696 Abs. 4 S. 3 ZPO. Sie ist vielmehr ins Mahnverfahren zurückgefallen und dort blockiert, bis die Sache entweder nach der Aktenordnung wegzulegen ist oder eine der beiden Parteien Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens stellt.
Ob in dieser Situation eine Kostenentscheidung in entsprechender Anwendung des § 269 Abs. 3 ZPO ergehen kann, ist in Literatur und Rechtsprechung streitig (Zum Meinungsstand s. OLG Stuttgart v. 28.9.1999 - 13 W 12/99, OLGReport Stuttgart 2000, 165 = MDR 2000, 791).
Gegen eine entsprechende Anwendung des § 269 Abs. 3 ZPO spricht, dass für den Fall, dass sich der zunächst nicht mehr weiter betriebene Anspruch nach erneutem Betreiben des Verfahrens als begründet erweisen sollte, die Gefahr sich widersprechender Kostenentscheidungen besteht. Mit einer verbreiteten Auffassung (OLG Stuttgart v. 28.11.1988 - 13 W 77/88, OLGZ 1989, 200; OLG Stuttgart v. 28.9.1999 - 13 W 12/99, OLGReport Stuttgart 2000, 165 = MDR 2000, 791; v. 8.2.1990 - 8 W 635/89, MDR 1990, 557; OLG Köln JurBüro 1988, 616; OLG Hamburg, OLGReport Hamburg 2000, 183; KG v. 7.4.1994 - 22 W 1485/94, KGReport Berlin 1995, 11; Zöller/Vollkommer, ZPO, 25 Aufl., § 696 Rz. 2) ist der Senat deshalb der Ansicht, dass aufgrund der bloßen Erklärung des Mahnantragstellers, er nehme den ...