Leitsatz (amtlich)
Der Grundsatz, dass bei erstmaliger Verbüßung von Strafhaft im Allgemeinen erwartet werden kann, der Strafvollzug übe eine deutliche Wirkung aus und halte den Verurteilten von der Begehung weiterer Straftaten ab, gilt nicht uneingeschränkt. Beteiligt sich ein Täter aus reinem Gewinnstreben an gut organisierten Formen der Kriminalität, so belegt dies regelmäßig seine besondere Gefährlichkeit, die wegen der Persönlichkeitsdefizite, die sie offenbart, zu einer strengeren Prüfung zwingt.
Verfahrensgang
LG Berlin (Entscheidung vom 27.07.2017; Aktenzeichen 593 StVK 162/17) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin - Strafvollstreckungskammer - vom 27. Juli 2017 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
I.
Der Beschwerdeführer verbüßt zurzeit eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten wegen Diebstahls aus dem Urteil des Amtsgerichts Tiergarten - Schöffengericht - vom 2. Juli 2014, rechtskräftig seit dem 20. November 2015. Der Verurteilung lag folgendes Tatgeschehen zugrunde:
Der damalige Angeklagte O. (im Folgenden: Beschwerdeführer) arbeitete seit dem 1. Februar 2014 als Kraftfahrer für ein Sicherheitsunternehmen und führte in diesem Zusammenhang Geldtransporter mit erheblichen Bargeldbeträgen. Zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt kam er mit seinem Freund und Nachbarn E. überein, aus einem von ihm geführten Transporter Geld zu stehlen, um es für eigene Zwecke zu verwenden. Dafür änderte der Beschwerdeführer am 26. Februar 2014 den vorgegebenen Tourenplan und verständigte per Mobiltelefon den Mittäter E. über den für die Tatausführung vorgesehenen Ort, eine als vorletztes Ziel anzusteuernde Aldi-Filiale am D.-Platz in Berlin-Steglitz. Da die Durchführung des Tatplans an diesem Ort aufgrund der Vielzahl von Passanten ungünstig erschien, dirigierte der Beschwerdeführer den E., der dort mit einem dritten Täter in dem als Fluchtwagen vorgesehenen Pkw erschienen war, zu dem letzten Ziel der Route, einer REWE-Filiale in der B.straße in Berlin-Steglitz. Als der den Beschwerdeführer begleitende Kollege den Geldtransporter dort verließ, um das Bargeld aus der REWE-Filiale abzuholen, ließ der Beschwerdeführer E. in den Transporter einsteigen und setzte die Fahrt ohne seinen Kollegen fort. Er verschaffte dem E. Zugang zum Werteraum, so dass dieser die dort befindlichen Safebags mit Bargeld in Höhe von 430.000,00 Euro an sich nehmen konnte. Sodann ließ der Beschwerdeführer E. aussteigen. Dieser ließ sich von dem mit dem Fluchtfahrzeug wartenden dritten Täter davonfahren, um das erbeutete Geld in Sicherheit zu bringen und später aufzuteilen, wobei für den Beschwerdeführer ein Anteil von 30% oder 45% vorgesehen war. Der Beschwerdeführer fuhr unterdessen zum W.-Platz, löste die Alarmanlage aus und zeigte der Polizei an, er sei von bewaffneten Tätern überfallen und ausgeraubt worden.
Zwei Drittel der Strafe waren am 13. Juli 2017 vollstreckt. Das Strafende ist auf den 14. Mai 2018 notiert. Es besteht Anschlussnotierung für die Vollstreckung einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zum 23. Juli 2018. Mit dem angefochtenen Beschluss vom 27. Juli 2017 hat das Landgericht Berlin - Strafvollstreckungskammer - es abgelehnt, die Vollstreckung der Reststrafe zur Bewährung auszusetzen.
II.
Die hiergegen erhobene sofortige Beschwerde des Verurteilten ist zulässig, insbesondere statthaft (§ 454 Abs. 3 Satz 1 StPO) und rechtzeitig erhoben (§ 311 Abs. 2 StPO), hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
Die Strafvollstreckungskammer hat die beantragte Reststrafenaussetzung nach Verbüßung von zwei Dritteln der Freiheitsstrafe im Ergebnis zu Recht abgelehnt. Dem Verurteilten kann derzeit unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit noch nicht die für eine vorzeitige Entlassung aus der Strafhaft erforderliche günstige Prognose (§ 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB) gestellt werden.
a) Der Grundsatz, dass bei - wie hier - erstmaliger Verbüßung von Strafhaft im Allgemeinen erwartet werden kann, der Strafvollzug übe eine deutliche Wirkung aus und halte den Verurteilten von der Begehung weiterer Straftaten ab (vgl. KG NStZ-RR 1997, 27; Beschluss vom 28. Juli 2010 - 2 Ws 304-305/10 -; std. Rspr.), gilt nicht uneingeschränkt. Er erfährt wegen der vom Gesetzgeber in den Vordergrund gestellten Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit eine Einschränkung, wenn besondere Umstände vorliegen. Denn in welchem Maße es wahrscheinlich sein muss, dass der Täter nicht wieder straffällig wird, hängt von dem Gewicht der bedrohten Rechtsgüter und den Eigenheiten der Persönlichkeit des Verurteilten ab (vgl. OLG Karlsruhe StV 2007, 12; KG, Beschlüsse vom 21. März 2012 - 2 Ws 33/12 - und 28. Juli 2010 - 2 Ws 304-305/10 -; std. Rspr.). Beteiligt sich ein Täter aus reinem Gewinnstreben an gut organisierten Formen der Kriminalität, so belegt dies regelmäßig die besondere Gefährlichkeit des Täters, die wegen der Persönlichkeitsdefizite, die sie off...