Leitsatz (amtlich)
Zu den Voraussetzungen der Feststellung einer erheblichen Wahrscheinlichkeit für einen manipulierten Unfall (hier: Anstoß mittels Mietfahrzeug, für dessen Verwendung zum Kollisionsort keine Erklärung festgestellt werden kann, gegen geparkten, im Bereich der Anstoßstelle und auch im Übrigen erheblich vorgeschädigten BMW, dessen sach- und fachgerechte Reparatur vom Kläger nicht dargelegt wird, wobei Grund des Lenkens nach rechts auf einer übersichtlichen Straße gewesen sei ein Ausweichen vor einer "Katze oder so").
Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 24 O 9/05) |
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.
2. Der Berufungskläger erhält gem. § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO Gelegenheit, hierzu binnen zwei Wochen Stellung zu nehmen.
Gründe
Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg, die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern keine Entscheidung des Berufungsgerichts, § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO.
Nach § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.
Beides ist nicht der Fall.
Der Senat folgt den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, die durch das Berufungsvorbringen nicht entkräftet werden.
1. Das LG ist zu Recht davon ausgegangen, dass im vorliegenden Fall eine ungewöhn-liche Häufung von Beweisanzeichen dafür vorliegt, dass es sich nicht um ein zufälliges Schadensereignis, sondern einen verabredetes Geschehen, mithin keinen Unfall handelt.
Dabei hat das LG unter Angabe der einschlägigen Rechtsprechung auch des Senats richtig darauf hingewiesen, dass es insoweit auf die Gesamtheit der vorliegenden Indizien ankommt, die im Zusammenspiel eine erhebliche Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen eines kollusiven Zusammenwirkens von Unfallverursacher und (vermeintlichem) Opfer bewirken (st. Respr, zuletzt Senat, Urt. v. 12.1.2006 - 12 U 228/04, NZV 2006, 377 = KGReport Berlin 2006, 526 = VRS 110, 350; vgl. hierzu auch KG, Urt. v. 8.9.2005 - 22 U 233/04; OLG Koblenz, Urt. v. 4.10.2005 - 12 U 1114/04, NJW-RR 2006, 96).
Als grundsätzlich geeignete, da in Fällen vorgetäuschter zufälliger Schadensereignisse immer wieder vorkommend, hat das LG richtig folgende Indizien angesehen:
- Opferfahrzeug mit bereits erheblicher Laufleistung
- schädigendes Fahrzeug ist Mietfahrzeug
- Vorfall ereignete sich zur Nachtzeit, mithin bei Dunkelheit
- ungewöhnlicher Unfallhergang, der nur durch absichtliches Handeln zu erklären ist
- Grund für die Kollision sei ein Fußgänger/Kind/Radfahrer/Tier dem ausgewichen werden musste, der/das aber nicht mehr vorzufinden ist, gewesen
- Vorschäden, die nicht auf das Unfallereignis zurückzuführen sind werden mit abgerechnet.
Dem Senat, der als Spezialsenat seit Jahren mit Verkehrsunfallsachen befasst ist, sind insb. die oben genannten Indizien aus einer Vielzahl von Fällen mit vorgetäuschten Verkehrsunfällen immer wieder bekannt geworden.
Hinzu kommen ergänzend noch folgende weitere Punkte:
Der Kläger rechnet auf Gutachtenbasis ab und verkauft das Fahrzeug kurz nach dem Unfall privat.
Das Fahrzeug des Klägers wurde beschädigt, als dieses geparkt am Fahrbahnrand stand und der Kläger nicht zugegen war (im Zusammenhang mit gestohlenen Fahrzeugen bekannt als "Berliner Modell").
Die Verhältnisse des Fahrers des schädigenden Fahrzeuges sind unklar. Vorliegend ist sogar unklar, wer von zwei am Tatort Anwesenden Fahrern das Schädigerfahrzeug tatsächlich geführt hat.
Es gibt keinerlei Erklärung dafür, warum der zunächst verklagte frühere Beklagte E, dessen Vater das Fahrzeug am Tag des Schadensereignisses in Niemegk angemietet hatte, mit diesem gegen 21.00 Uhr in Berlin unterwegs war, obwohl das Fahrzeug noch am selben Abend um 23.00 Uhr in Niemegk zurückzugeben war.
Der Mieter selbst war offenbar wenige Tage vor dem hiesigen Ereignis mit einem weiteren Fahrzeug in ein Unfallgeschehen verwickelt.
Soweit die Berufung einzelne Indizien als für sich genommen unauffällig darstellt, steht dies der zutreffenden Würdigung des LG, die Indizien lassen in ihrer Gesamtheit die Über-zeugung einer erheblichen Wahrscheinlichkeit für ein abgesprochenes Vorgehen zu, nicht entgegen. Wie bereits oben ausgeführt, liegt hier, anders als die Berufung dies darstellen will, nicht nur eine erhebliche Häufung von Beweisanzeichen vor; es handelt sich zum Teil vielmehr auch um solche von besonderer Werthaltigkeit. Hierzu gehört insb. die offensichtlich absichtliche Lenkbewegung des Fahrers des Schädigerfahrzeugs, die dieser mit "einer Katze oder so" erklären will. Diese Einlassung ist in hohem Maße typisch, da nicht nachprüfbar und auch schwer widerlegbar (vgl. hierzu bspw. Senat, Urt. v. 30.10.2003 - 12 U 291/01, VersR 2004, 1018 = KGReport Berlin 2004, 133 sowie die zu 12 U 257/03, 12...