Leitsatz (amtlich)
Die Berücksichtigung scheitert dann nicht an dem Umstand, dass der Kläger über ausreichendes Personal zur schriftlichen Instruktion seines Hauptbevollmächtigten verfügt, wenn seine Geschäftstätigkeit den laufenden Anfall bundesweiter Gerichtsverfahren zur Folge hat (zustimmend zu BGH, 4. ZS, BGHR 2006, 1334 [1335] und zugleich kritisch gegenüber BGH, 6. ZS, VersR 2006, 1089 [1090]).
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 24.05.2007; Aktenzeichen 37 O 455/06) |
Tenor
1. Der Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Berlin vom 24.5.2007 - Geschz.: 37 O 455/06 - wird geändert und wie folgt neu gefasst:
Die nach dem Versäumnisurteil des LG vom 3.4.2007 von dem Beklagten an die Klägerin zu erstattenden Kosten werden auf 3.223,75 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.4.2007 festgesetzt.
Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Beschwerdeführerin zu 76 % und der Beschwerdegegner zu 24 % zu tragen.
3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.159,66 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Beschwerdeführerin ist eine Bank mit Sitz in München, deren wesentliches Geschäft in bundesweiten Finanzdienstleistungen, insbesondere Darlehensvergaben, beim Kauf eines Fahrzeuges des B. Konzernes besteht. Im Hauptverfahren vor dem LG Berlin machte sie Ansprüche aus einem derartigen Darlehensvertrag geltend. Dabei ließ sie sich von einem Rechtsanwalt mit Kanzleisitz in München vertreten. Dieser vertritt die Beschwerdeführerin in vergleichbaren Angelegenheiten, die jährlich mehrere tausend betragen, ständig. Das geschieht so, dass die Beschwerdeführerin dem Rechtsanwalt regelmäßig die Unterlagen der betreffenden Vorgänge per EDV-Standleitung übersendet und ihm Zugriff auf weitere Informationen per EDV zur selbständigen Bearbeitung gewährt. Die Beschwerdeführerin verfügt über qualifiziertes Personal, das zur schriftlichen Instruktion des Rechtsanwalts im Einzelfall in der Lage wäre. In der mündlichen Verhandlung vor dem LG ließt sich die Beschwerdeführerin von einem Berliner Rechtsanwalt in Untervollmacht vertreten. Das LG hat es in seinem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 24.5.2007, der Beschwerdeführerin zugestellt am 8.6.2007, abgelehnt, die Mehrkosten für die Unterbevollmächtigung - insgesamt 1.159,66 EUR, einschl. MwSt - festzusetzen. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde, beim LG eingegangen am 12.6.2007. Die Beschwerdeführerin macht zur Begründung des Rechtsmittels geltend, dass die Kosten für die Unterbevollmächtigung notwendig i.S.v. § 91 ZPO gewesen seien, weil sie sich im Rahmen dieser Vorschrift habe eines Münchener Rechtsanwaltes als Hauptbevollmächtigten bedienen dürfen. Vorsorglich begehrt sie zumindest die Festsetzung der fiktiven Reisekosten ihres Hauptbevollmächtigten zum Verhandlungstermin in Berlin. Das LG hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und sie durch Verfügung vom 13.6.2007 (Bl. 48 d.A.) dem KG zur Entscheidung vorgelegt.
II.1. Das Beschwerdegericht ist zur Entscheidung über die sofortige Beschwerde befugt.
Zwar ist die Nichtabhilfe- und Vorlageentscheidung des LG gem. § 572 Abs. 1 Satz 1 ZPO insofern verfahrensfehlerhaft als diese Entscheidung durch schlichte Verfügung getroffen wurde. Dass die Nichtabhilfe- und Vorlageentscheidung durch Beschluss zu ergehen hat, entspricht der ganz herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur (OLG Stuttgart MDR 2003 110 [111]; OLG Koblenz Rpfleger 1978, 104 [105], zur Nichtabhilfe und Vorlage nach § 11 RPflG a.F.; Lipp in MünchKomm/ZPO, 3. Aufl. 2007, § 572 Rz. 10; Gummer in Zöller, ZPO, 26. Aufl. 2007, § 572 Rz. 10; Hartmann in Baubach/Lauterbach, ZPO, 65. Aufl. 2007, § 572 Rz. 8; Grunsky in Stein/Jonas, ZPO, 21. Aufl. 1994, § 571 a.F. Rz. 4 und 6). Dieser Auffassung hat sich der Senat angeschlossen (KG, Beschl. vom 6.9.2007 - 2 W 147/07, mit näherer Begründung).
Der Mangel des Vorlageverfahrens führt jedoch nicht zu einer Unwirksamkeit der Nichtabhilfe- und Vorlageentscheidung. Das Beschwerdegericht ist folglich auch bei mangelhaftem Abhilfeverfahren zur Entscheidung über die Beschwerde befugt (ebenso: OLG Stuttgart, a.a.O.; KG, a.a.O.; Lipp in MünchKomm/ZPO, 3. Aufl. 2007, § 572 Rz. 14). Von seiner gleichwohl bestehenden Befugnis, die Sache aus diesem Grund an das Ausgangsgericht zur ordnungsgemäßen Bescheidung zurückzuverweisen (ebenso: OLG Stuttgart, a.a.O.; KG, a.a.O.; Lipp in MünchKomm/ZPO, a.a.O.), macht der Senat vorliegend keinen Gebrauch.
2. Die sofortige Beschwerde ist nach § 11 Abs. 2 Satz 3 RVG, § 11 Abs. 1 RPflG, §§ 567 Abs. 1 Nr. 1, 104 Abs. 3, 567 Abs. 2, 569 ZPO zulässig; über sie hat nach § 568 Satz 1 und 2 ZPO der Einzelrichter zu entscheiden.
3. In der Sache hat die sofortige Beschwerde teilweisen Erfolg.
a) In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass bei einer Partei, welche an einem auswärtigen Gericht klagt und sich dabei von einem Rechtsanwalt mit Kanzleisitz am Wohnort der Parte...