Verfahrensgang
AG Berlin-Tiergarten (Entscheidung vom 31.03.2017; Aktenzeichen (317 Cs) 3033 Js 12364/16 (289/16)) |
Tenor
Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 31. März 2017 mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Tiergarten zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Tiergarten erließ am 6. Januar 2017 gegen die Angeklagte einen Strafbefehl, mit dem es diese als Halterin eines Kraftfahrzeugs wegen vorsätzlichen Zulassens des Fahrens ohne Fahrerlaubnis in zwei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 40,00 EUR verurteilte.
Auf den Einspruch der Angeklagten hat das Amtsgericht in der Hauptverhandlung vom 31. März 2017 das Verfahren hinsichtlich eines Falles gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt und die Angeklagte als Halterin eines Kraftfahrzeugs wegen fahrlässigen Zulassens des Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe von 15 Tagessätzen zu je 15,00 EUR verurteilt. Hiergegen wendet sich die Angeklagte mit ihrer am 7. April 2017 erhobenen und nach der am 4. Mai 2017 erfolgten Zustellung des angefochtenen Urteils mit am 18. Mai 2017 bei Gericht eingegangenen Revision vom 19. Mai 2017. Sie rügt die Verletzung sachlichen Rechts und beanstandet das Verfahren, weil der Verurteilung kein Hinweis nach § 265 Abs. 1 StPO vorangegangen sei.
II.
Die form- und fristgerecht erhobene Revision der Angeklagten führt zu einem vorläufigen Erfolg. Die Angeklagte dringt jedenfalls mit der erhobenen Sachrüge durch. Hierzu hat die Generalstaatsanwaltschaft Berlin in ihrer Stellungnahme vom 15. Juni 2017 ausgeführt:
1.
Die Verwendung des Begriffes der Halterin in den Feststellungen des angefochtenen Urteils (UA S. 3, S.4) entspricht nicht den Anforderungen des § 267 Abs. 1 Satz 1 StPO.
Danach müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen mitteilen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftaten gefunden werden.
Der Begriff des Halters ist als Tatbestandsmerkmal des § 21 Abs. 1 Nr. 2 StVG ein Rechtsbegriff (vgl. vgl. Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 20. September 2004 - 2 Ss 133/04 (111/04) -, [juris]). Solche müssen - sofern nicht allgemein geläufig - grundsätzlich durch die tatsächlichen Vorgänge dargestellt ("aufgelöst") werden (vgl. BGH NStZ 2000, 607; KG, Beschluss vom 3. Januar 2014 - (3) 161 Ss 243/13 (177/13) -).
Ob der Begriff des Halters in diesem Sinne mit einer gleichförmigen Bedeutungszuschreibung geläufig ist, erscheint schon deshalb fraglich, weil entgegen verbreiteter Ansicht für die Haltereigenschaft weder die Eigentumsverhältnisse ausschlaggebend sind noch die Frage, auf wen das Fahrzeug zugelassen ist (vgl.KG a.a.O.).
Der Halterbegriff entstammt vielmehr § 833 BGB und gilt einheitlich für das gesamte Straßenverkehrsrecht. Maßgeblich ist, von wem das Fahrzeug auf eigene Rechnung gebraucht wird, wer also die Kosten bestreitet und die Verwendungsnutzungen zieht und wer tatsächlich, vornehmlich wirtschaftlich, über die Fahrzeugbenutzung (als Gefahrenquelle) so verfügen kann, dass es dem Wesen der Veranlasserhaftung entspricht (vgl. Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht a.a.O.; KG, a.a.O.; König in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 44. Aufl., § 7 StVG Rdnr. 14 m.w.N.).
Halter ist mithin diejenige Person, die tatsächlich über die Fahrzeugbenutzung verfügen kann, wobei die Verfügungsgewalt darin bestehen muss, dass der Fahrzeugbenutzer Anlass, Ziel und Zeit seiner Fahrten selbst bestimmt (vgl. König a.a.O.).
Entsprechende Tatsachen, aus denen sich eine Haltereigenschaft der Angeklagten ableiten ließe, werden in dem vom Amtsgericht festgestellten Sachverhalt jedoch nicht mitgeteilt.
2.
Soweit das Amtsgericht die Haltereigenschaft der Angeklagten (lediglich) daraus ableitet, dass der gesondert verfolgte G... bestätigt hat, die Zulassung des Fahrzeuges auf die Angeklagte veranlasst zu haben (UA S. 3), begegnet die Beweiswürdigung durchgreifenden rechtlichen Bedenken, da es - wie ausgeführt - für die Bejahung der Haltereigenschaft (alleine) auf die Zulassung nicht ankommt.
Zwar ist die Würdigung der Beweise Sache des Tatrichters, dessen Schlussfolgerungen nicht zwingend sein müssen; es genügt grundsätzlich, dass sie möglich sind und der Tatrichter von ihrer Richtigkeit überzeugt ist. Das Revisionsgericht hat auf die Sachrüge aber zu prüfen, ob dem Tatrichter hierbei Rechtsfehler unterlaufen sind. Rechtsfehlerhaft ist die Beweiswürdigung unter anderem dann, wenn sie unklar oder lückenhaft ist. Um dem Revisionsgericht die insoweit gebotene Nachprüfung zu ermöglichen, müssen die Urteilsgründe erkennen lassen, dass die Beweiswürdigung auf einer tragfähigen, verstandesmäßig einsichtigen Tatsachengrundlage beruht und dass die vom Gericht gezogene Schlussfolgerung nicht etwa nur eine Annahme ist oder sich als bloße Vermutung erweist, die letztlich nicht mehr als einen - wenn auch s...