Entscheidungsstichwort (Thema)
Amtslöschung eines Vereins bei Wegfall aller Mitglieder
Leitsatz (amtlich)
1. Die Änderung der Satzung eines altrechtlichen Vereins bedurfte auch nach dessen gem. § 3 VereinsG-Bln erfolgter polizeirechtlicher Anmeldung und Zulassung im Jahre 1951 der staatlichen Genehmigung; die Einreichung der geänderten Satzung bei der Anmeldung genügte hierzu nicht.
2. Die staatliche Genehmigung einer erneuten Satzungsänderung wirkt nicht auf eine frühere, ohne Genehmigung erfolgte Satzungsänderung zurück.
3. Beitrittserklärungen bedürfen zur Wirksamkeit der Annahme durch den Verein, der dabei satzungsgemäß vertreten sein muss. Der Mangel satzungsgemäßer Vertretung wird nicht dadurch geheilt, dass der Beitritt die Voraussetzungen der mangels staatlicher Genehmigung unwirksamen geänderten Satzung erfüllt.
4. Der Tod des letzten wirksam beigetretenen Mitglieds führt zur Auflösung des Vereins und jedenfalls dann, wenn der Fiskus Anfallberechtigter ist, zu dessen Erlöschen ohne Liquidation.
5. Dem öffentlichen Interesse an der Löschung des mitgliederlosen Vereins steht ein schutzwürdiges Interesse der infolge unwirksamen Beitritts nur scheinbaren Vereinsmitglieder jedenfalls dann nicht entgegen, wenn das Vereinsvermögen nicht mehr dem ursprünglichen Vereinszweck gewidmet ist.
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 11.09.2001; Aktenzeichen 84 T 288/00) |
AG Berlin-Charlottenburg (Aktenzeichen 95 VR 8491 Nz) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Beschwerdewert wird für das Verfahren der sofortigen Beschwerde auf 5.000 DM festgesetzt.
Gründe
A. Die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 2) gegen die durch den angefochtenen Beschluss erfolgte Zurückweisung seines Widerspruchs gegen die mit Beschluss vom 16.6.2001 erfolgte Ankündigung der Löschung seiner Eintragung im Vereinsregister ist zulässig. Da das LG insoweit gem. §§ 159, 143 Abs. 1 S. 1, 142, 141 Abs. 3 FGG als erstinstanzliches Gericht entschieden hat, ist gegen seine Entscheidung die sofortige Beschwerde zum KG gem. § 143 Abs. 2 FGG gegeben. Die Beschwerdebefugnis des Beteiligten zu 2) folgt aus dem Umstand, dass er als durch die Löschungsankündigung in eigenen sachlichen Rechten gem. § 20 Abs. 1 FGG Betroffener erfolglos Widerspruch eingelegt hat (vgl. zu Vorstehendem Keidel/Winkler, FGG, 15. Aufl., § 143 Rz. 7 ff., § 159 Rz. 24).
Der Verein selbst ist in einem Verfahren, das die Löschung der ihn betreffenden Eintragung zum Gegenstand hat, immer selbst materiell Beteiligter und beschwerdebefugt, da durch die beabsichtigte Löschung in seine Rechtsstellung eingegriffen würde (vgl. BayObLG v. 15.12.1988 – BReg.3 Z 150/88, BayObLGZ 1988, 410 [411 f.]; OLG Köln v. 19.9.1997 – 16 Wx 215/97, NJW-RR 1999, 336 [337]; Reichert, Handbuch des Vereins- und Verbandsrechts, 9. Aufl., Rz. 2375, jew. m.w.N.). Er macht zudem geltend, er sei nicht durch Wegfall aller Mitglieder erloschen, wovon für die Prüfung der Beschwerdebefugnis auszugehen ist. Die beabsichtigte Löschung wäre daher unrichtig und geeignet, ihn in seinen Rechten zu verletzen.
B. Die sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Das LG hat den Widerspruch des Beteiligten zu 2) gegen die Ankündigung der Löschung seiner Eintragung im Vereinsregister mit Recht zurückgewiesen.
I. Zulässigkeit des Verfahrens nach § 143 FGG:
Gemäß §§ 159, 142 Abs. 1 FGG kann das Registergericht, wenn eine Eintragung in das Vereinsregister bewirkt worden ist, obgleich sie wegen Mangels einer wesentlichen Voraussetzung unzulässig war, sie von Amts wegen löschen. Die gleiche Befugnis steht nach § 143 Abs. 1 S. 1 FGG dem LG zu. Anlass zur Prüfung der Einleitung eines Amtslöschungsverfahrens gibt regelmäßig die Vorlage der Sache im Rahmen eines Erstbeschwerdeverfahrens. Dabei ist die Einleitung des Verfahrens gem. § 143 Abs. 1 S. 1 FGG regelmäßig nur dann angezeigt, wenn die Erstbeschwerde unzulässig ist, etwa weil sie gegen eine Eintragung gerichtet ist oder dem Beschwerdeführer die Beschwerdebefugnis fehlt. Handelt es sich dagegen um eine zulässige Beschwerde, ist es in der Regel angemessen, wenn das LG als Beschwerdegericht entscheidet, um zu vermeiden, dass dieselben Fragen in drei Tatsacheninstanzen erörtert werden (vgl. zu Vorstehendem KG v. 13.5.1986 – 1 W 2021/84, AG 1987, 41 = OLGZ 1986, 296 [297]; BayObLG v. 27.2.1992 – BReg.3 Z 205/91, BayObLGZ 1992, 47 [48]; FGPrax 2002, 82; Jansen, FGG, 2. Aufl., § 143 Rz. 4).
Vorliegend hat das LG allerdings die Erstbeschwerde des Beteiligten zu 1) ausdrücklich als zulässig und begründet angesehen und zugleich – unter Aufhebung der die Einleitung eines Amtslöschungsverfahrens ablehnenden Verfügung des AG – selbst das Verfahren gem. § 143 Abs. 1 S. 1 FGG eingeleitet. Diese Verfahrensweise ist jedoch unter den vorliegenden Umständen nicht zu beanstanden. Insbesondere waren keine weiteren Ermittlungen zur Sachverhaltsklärung erforderlich, nachdem die Beteiligten bereits im vorangegangenen nachlassgerichtlichen Verfahren zur Sach- und Rechtslage umfassend vorget...