Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuständigkeit für Vollstreckungsgegenklage gegen Schiedsspruch

 

Leitsatz (amtlich)

Auch in Schiedssachen ist das OLG (KG) für Vollstreckungsgegenklagen nicht zuständig. Greift die Schiedsabrede nicht ein, ist daher - wie sonst auch - das erstinstanzliche staatliche Gericht zur Entscheidung berufen, also das Gericht, das den Rechtsstreit zu entscheiden hätte, wenn die Schiedsvereinbarung nicht bestünde.

 

Verfahrensgang

LG Köln (Aktenzeichen 22 O 410/03)

 

Nachgehend

OLG Köln (Beschluss vom 12.07.2007; Aktenzeichen 8 W 59/07)

 

Tenor

Das KG erklärt sich für funktional nicht zuständig und verweist den Rechtsstreit an das LG Köln zurück.

 

Gründe

I. Die Klägerin hat in dem vor dem LG Köln geführten Rechtsstreit hilfsweise beantragt, die Zwangsvollstreckung aus dem Schiedsspruch des Internationalen Schiedsgerichts in Stockholm, Schweden, vom 7.7.1998, der vom KG mit Beschl. v. 16.2.2001 - 28 SCH 23/99 - für vollstreckbar erklärt worden war, für unzulässig zu erklären.

Das LG Köln hat auf den weiteren Hilfsantrag sich mit am 7.12.2006 verkündeten Urteil hinsichtlich der (Hilfs-) Vollstreckungsabwehrklage für sachlich und örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit insoweit an das KG verwiesen.

II. Der Rechtsstreit war an das LG Köln zurückzuverweisen, weil - wie der Senat bereits in einer anderen Sache mit Beschluss vom 16.3.2006 zum Geschäftszeichen 20 SCH 18/04, KGReport Berlin 2007, 157 (veröffentlicht auf www. kammergericht. de) entschieden hat - das KG für Vollstreckungsabwehrklagen nach § 767 ZPO (funktional) unzuständig ist und die Verweisung der rechtlichen Grundlage entbehrt.

1. Die Annahme, das KG als OLG sei Prozessgericht i.S.v. § 767 ZPO, ist unzutreffend (vgl. auch OLG Brandenburg mit Beschl. v. 5.1.2000 - 8 SCH 6/99, OLG Brandenburg v. 5.1.2000 - 8 Sch 6/99, OLGReport Brandenburg 2000, 97 = NJW-RR 2001, 645; Voit in: Musielak, ZPO, 5. Aufl., § 1060 Rz. 13; Münch in MünchKomm/ZPO, § 1060 Rz. 15 und § 1062 Rz. 7; Reichold in: Thomas-Putzo, ZPO, 27. Aufl., § 1060 Rz. 3).

a) Den OLG sind vom Gesetzgeber lediglich die in § 1062 ZPO enumerativ benannten Verfahren, sog. Schiedssachen, aber keine Rechtsstreite zugewiesen. Die rechtlich nicht begründbare Annahme einer Annexzuständigkeit missachtet, dass die Zivilprozessordnung an keiner Stelle erkennen lässt, die Führung erstinstanzlicher Rechtsstreite am OLG sei vorgesehen. Dementsprechend gliedert sich das zweite Buch der ZPO zum erstinstanzlichen Verfahren lediglich in die Abschnitte zum Verfahren vor dem LG und vor dem AG, sodass für die Führung eines erstinstanzlichen Rechtsstreits vor dem OLG bereits die verfahrensrechtlichen Grundlagen fehlen. Dass ein erstinstanzlicher Rechtsstreit aber offensichtlich systemwidrig im Beschlussverfahren unter Verkürzung um eine zweite Tatsacheninstanz mit Beschränkung des Rechtsmittels auf eine Rechtsbeschwerde zu führen sein sollte, ist schon aufgrund des verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatzes nicht zu rechtfertigen und kann als Wille des Gesetzgebers nicht mehr ernsthaft in Betracht gezogen werden. Soweit Anderes vertreten wird, lässt sich das nur damit erklären, dass offenbar die mit der Änderung der Zuständigkeit der AG und LG (§ 1045 ZPO a.F.) auf die OLG einhergehenden, vorstehend genannten Besonderheiten nicht beachtet wurden, die sich zuvor lediglich gerichtsintern auswirkten, ohne dass eine rechtliche Grundlage für das Verfahren gefehlt hätte. Dass sich eine Abwandlung des Systems der Verfahrensordnung aus einer nicht eben nahe liegenden Interpretation des § 767 ZPO rechtfertigen lassen sollte, vermag der Senat nicht nachzuvollziehen.

b) Die Auslegung des Begriffs des zuständigen Prozessgerichts des ersten Rechtszuges in § 767 ZPO kann schon deshalb nicht zur Zuständigkeit des OLG führen, weil dieses anlässlich der Vollstreckbarerklärung - anders als das LG Köln vorliegend meint - offenkundig nicht als Prozessgericht zu entscheiden hatte, denn der Prozess wurde vor dem Schiedsgericht nicht nur geführt, sondern dort auch entschieden, während das OLG entsprechend der Gesetzeslage lediglich über die Vollstreckbarkeit zu entscheiden hatte. Da der Schiedsspruch einem rechtskräftigen Urteil gleichsteht (§ 1055 ZPO), ist auch nicht zu erkennen, weshalb der Wortlaut des § 767 Abs. 1 ZPO ("Urteil") den Schiedsspruch nicht unmittelbar erfassen sollte und es irgendwelcher Konstruktionen bedürfte, an die bloße Vollstreckbarerklärung anzuknüpfen und diese als (alleinigen) anzugreifenden Vollstreckungstitel umzufunktionieren. Dann müsste § 767 ZPO konsequenterweise auch bei Beschlüssen nach §§ 887 ff. ZPO oder Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen an diese und nicht mehr das Urteil anknüpfen, was aber nicht der Fall ist.

c) Vor dem Schiedsgericht und nicht dem OLG wäre die Vollstreckungsabwehrklage zu verhandeln, wenn die Einwendung unter die Schiedsabrede fiele. Es ist dann nicht einzusehen, dass das OLG im Widerspruch dazu nun für die Fälle zuständig sein sollte, die von der Schiedsabrede ni...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge