Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsanwaltsvergütung: Anfall der Terminsgebühr in der Strafvollstreckung

 

Leitsatz (redaktionell)

Innerhalb einer strafvollstreckungsrechtlichen Angelegenheit entsteht die Terminsgebühr der Nr. 4203 VV-RVG nur einmal unabhängig davon, wie viele Termine stattfinden.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 06.04.2006; Aktenzeichen 546 StVK 61/05)

 

Gründe

I.

Der Beschuldigte ist aufgrund des Urteils des Landgerichts Berlin vom 22. Januar 1998 - (516) 53 Js 1572/96 KLs (35/97) - nach § 63 StGB in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht. Sein Krankheitsbild ist geprägt durch eine Störung der Sexualpräferenz (Paraphilie) in Form der Nekrophilie sowie transvestitischen Fetischismus und eine spezifische Persönlichkeitsstörung mit schizoiden Anteilen. Im Rahmen des jährlichen Überprüfungsverfahrens nach § 67e Abs. 1, Abs. 2 StGB bestellte der Vorsitzende der Strafvollstreckungskammer dem Untergebrachten im Anhörungstermin am 14. Februar 2005 in entsprechender Anwendung des § 140 Abs. 2 StPO (erneut) die im Termin anwesende Rechtsanwältin K als Pflichtverteidigerin. Im Ergebnis der Anhörung beauftragte die Strafvollstreckungskam-mer durch Beschluß vom 16. Februar 2005 einen Sachverständigen mit der Erstellung eines Prognosegutachtens gemäß §§ 454 Abs. 2, 463 Abs. 3 StPO. Nach Vorlage des Gutachtens fand am 6. Februar 2006 ein weiterer Anhörungstermin - nunmehr unter Mitwirkung des Sachverständigen und des den Untergebrachten behandelnden Arztes - statt, an dem die Beschwerdeführerin ebenfalls teilnahm. Mit Beschluß vom selben Tage, der inzwischen rechtskräftig ist, ordnete die Strafvollstreckungskammer die Fortdauer der Unterbringung an.

Mit Antrag vom 14. Februar 2005, der infolge eines Versehens erst im März 2006 bearbeitet wurde, begehrte die Beschwerdeführerin die Festsetzung von Pflichtverteidigergebühren gemäß Nrn. 4201, 4203 und 7002 VV (Vergütungsverzeichnis, Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG) in Höhe von 465,-- EUR zzgl. Mehrwertsteuer, insgesamt also 539,40 EUR, die am 15. März 2006 antragsgemäß festgesetzt wurden. Die Beschwerdeführerin beantragte ferner am 6. Februar 2006 mit dem Zusatz "Termin: 13.10.05" - gemeint war ersichtlich der Anhörungstermin am 6. Februar 2006 - die Festsetzung einer Pflichtverteidigergebühr gemäß Nr. 4203 VV in Höhe von 145,-- EUR zzgl. Mehrwertsteuer, insgesamt somit 168,20 EUR. Diesen Antrag wies die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Landgerichts durch Beschluß vom 16. März 2006 mit der Begründung zurück, daß die Terminsgebühr innerhalb eines Überprüfungsabschnitts nur einmal entstehe, unabhängig davon, wieviele Anhörungstermine stattfänden. Die gegen diesen Beschluß gerichtete Erinnerung der Beschwerdeführerin hat die Strafvollstreckungskammer durch ihren Vorsitzenden als Einzelrichter mit dem angefochtenen Beschluß als unbegründet zurückgewiesen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig. Zwar ist der Beschwerdewert nach § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG in Verbindung mit § 56 Abs. 2 Satz 1 RVG nicht erreicht. Jedoch hat das Landgericht die Beschwerde in dem angefochtenen Beschluß gemäß § 33 Abs. 3 Satz 2 RVG wegen grundsätzlicher Bedeutung der zu entscheidenden Rechtsfrage zugelassen. Das Rechtsmittel ist auch innerhalb der Frist des § 33 Abs. 3 Satz 3 RVG erhoben. In der Sache hat es jedoch keinen Erfolg. Das Landgericht hat die beantragte Festsetzung einer weiteren Terminsgebühr zu Recht abgelehnt.

1. Die Vergütung des Pflichtverteidigers im Verfahren nach § 67e StGB bemißt sich nach den Gebührentatbeständen aus Teil 4 Abschnitt 2 (Nrn. 4200 bis 4207) des Vergütungsverzeichnisses (vgl. Senat NStZ-RR 2005, 127 = JurBüro 2005, 251 = AGS 2005, 393 = RVGreport 2005, 102).

Die im Anhörungstermin vom 14. Februar 2005 vorgenommene neuerliche Pflichtverteidigerbestellung - die erforderlich war (vgl. EGMR StV 1993, 88; OLG Brandenburg NStZ-RR 1997, 96; OLG Braunschweig StV 2001, 21; Meyer-Goßner, StPO 48. Aufl., § 140 Rdn. 33 a) - galt nach der ständigen Rechtsprechung des Senats zum Umfang der Bestellung eines Pflichtverteidigers im Vollstreckungsverfahren, namentlich im Unterbringungsverfahren, für das inzwischen rechtskräftig abgeschlossene jährliche Überprüfungsverfahren nach § 67e Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 StGB (vgl. Senat aaO; NStZ-RR 2002, 63 = StV 2004, 39; Beschlüsse vom 10. März 1998 - 5 Ws 149/98 -, 24. Juni 1997 - 5 Ws 395/97 - und vom 5. September 1995 - 5 Ws 343 und 344/95 -), das heißt für den damals zu beurteilenden Vollstreckungsabschnitt bis zur Rechtskraft der Entscheidung über die Fortdauer der Unterbringung (vgl. OLG Schleswig SchlHA 1989, 105).

Aus der Bestellung (nur) für einen Verfahrensabschnitt folgt indes nicht, daß es sich bei der Bestellung lediglich um die Übertragung einer Einzelaufgabe aus dem Arbeitsbereich des Verteidigers gehandelt hätte. Die Beiordnung entsprechend § 140 Abs. 2 StPO ist vielmehr im Rahmen des jeweiligen Verfahrensabschnitts grundsätzlich eine umfassende und betrifft demgemäß alle insoweit denkbaren Tätigkeiten des Verteidige...

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