Verfahrensgang

AG Berlin-Tiergarten (Entscheidung vom 07.04.2016; Aktenzeichen (303 OWi) 3024 Js-OWi 12638/15 (1133/15))

 

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 7. April 2016 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde - an das Amtsgericht Tiergarten zurückverwiesen.

 

Gründe

Der Polizeipräsident in Berlin hat gegen den Betroffenen wegen (fahrlässigen) Führens eines Kraftfahrzeugs im Straßenverkehr unter Einfluss von Alkohol (hier: Atemalkoholkonzentration von 0,25 mg/l) eine Geldbuße in Höhe von 530,00 Euro, ein Fahrverbot von einem Monat verhängt und eine Wirksamkeitsbestimmung nach

§ 25 Abs. 2a StGV festgesetzt. Hiergegen hat der Betroffene rechtzeitig Einspruch eingelegt.

Der Verteidiger hat mit Schriftsatz vom 4. April 2016 beantragt, den Betroffenen von der Pflicht zum persönlichen Erscheinen in der Hauptverhandlung zu entbinden. Zur Begründung hat er unter Hinweis auf die ihm vom Betroffenen erteilte schriftliche und dem Gericht nachgewiesene Vertretungsvollmacht vorgetragen, dass der Betroffene einräumt, zur Tatzeit gefahren zu sein; weitere Angaben zur Sache und zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen wird der Betroffene nicht machen. Diesen Antrag hat das Amtsgericht Tiergarten am 5. April 2016 mit der Begründung abgelehnt, dass "bislang fehlende Angaben gem. § 111 OWiG einer Entbindung entgegenstehen". Daraufhin der Verteidiger am 6. April 2016 eine Auskunft aus dem Fahreignungsregister vom 17. September 2015 eingereicht und mitgeteilt, dass die dortigen Angaben zur Person zutreffend sind.

Zur Hauptverhandlung am 7. April 2016 erschienen weder der Verteidiger noch der Betroffene. Das Amtsgericht hat erneut den Antrag des Betroffenen auf Entbindung vom persönlichen Erscheinen "mangels vollständiger Angaben nach § 111 OWiG" zurückgewiesen unter Hinweis, dass "dem Verteidiger hinreichend früh dieses Erfordernis zur Kenntnis gebracht worden ist."

Anschließend hat das Amtsgericht den Einspruch des Betroffenen mit dem angefochtenen Urteil nach § 74 Abs. 2 OWiG mit der Begründung verworfen, das Ausbleiben des Betroffenen war in der Hauptverhandlung nicht genügend entschuldigt, obwohl er von der Verpflichtung zum Erscheinen nicht entbunden worden war.

Die gegen dieses Urteil gerichtete Rechtsbeschwerde des Betroffenen, mit der er die Verletzung formellen und sachlichen Rechts rügt, hat bereits mit der Verfahrensrüge Erfolg.

1. Das Rechtsmittel ist nach § 79 Abs. 1 Nr. 1 und 2 Satz 1 OWiG statthaft, da insoweit der Inhalt des Bußgeldbescheides maßgeblich und dort eine Geldbuße von 530 Euro festgesetzt und eine Nebenfolge nicht vermögensrechtlicher Art angeordnet worden ist (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 11. Januar 2002 - Ss 533/01 B -, juris).

Die Verfahrensrüge, das Amtsgericht habe dem Antrag des Betroffenen, ihn gemäß § 73 Abs. 2 OWiG von der gesetzlichen Pflicht zum persönlichen Erscheinen zu entbinden, zu Unrecht nicht entsprochen und daher durch die Verwerfung seines Einspruchs nach § 74 Abs. 2 OWiG seinen Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt, ist ordnungsgemäß ausgeführt.

a) Die Rechtmittelschrift enthält die nach §§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, 344 Abs. 2 Satz 2 StPO notwendigen Darlegungen. So hat der Betroffene mit der Rechtsbeschwerde vorgetragen, wessen er beschuldigt wird, dass er seinen Verteidiger zu seiner Vertretung ermächtigt, diese dem Amtsgericht nachgewiesen und der Verteidiger in seinem Namen einen Antrag auf Entbindung vom persönlichen Erscheinen vom 4. April 2016 in der Hauptverhandlung am 7. April 2016 gestellt hat, die Fahrereigenschaft eingeräumt und erklärt hat, zur Sache keine weiteren und zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen keine Angaben zu machen. Ferner hat er darauf verwiesen, dass er dem Amtsgericht auf dessen Ablehnungsbeschluss vom 5. April 2016 am folgenden Tag eine mit den zutreffenden Angaben zur Person des Betroffenen versehene Auskunft des Fahreignungsregisters übersandt hat. Den Beschluss des Gerichts vom 7. April 2016 über die erneute Ablehnung des Antrages vom 4. April 2016 hat er im Wortlaut der Rechtsbeschwerdebegründung beigefügt.

b) Weitere Ausführungen bedurfte es in diesem Fall nicht. Denn aus den Darlegungen ergibt sich bereits, dass von der Anwesenheit des Betroffenen keinerlei weitere Aufklärung zu erwarten gewesen wäre (vgl. Senat, Beschluss vom 12. Juni 2013 - 3 Ws (B) 202/13 - juris Rn. 2; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 5. Juni 2012 - 2(6) SsRs 279/12 - juris Rn. 4).

Der sonst im Rahmen einer Gehörsrüge erforderlichen Darlegung, was der Betroffene in der Hauptverhandlung vorgetragen hätte, bedarf es im vorliegenden Fall nicht, da der Betroffene nicht rügt, dass ihm eine Stellungnahme zu entscheidungserheblichen Tatsachen verwehrt worden sei, sondern dass das Gericht seine Erklärung zur Sache in dem Entbindungsantrag seines Verteidigers nicht ausreichend zur Kenntnis genommen hat (vgl. Senat...

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