Leitsatz (amtlich)
Scheidet während der Tätigkeit des Rechtsanwaltes ein Gegenstand - durch teilweise Hauptsachenerledigung oder teilweise Klagerücknahme - aus und wird sodann ein anderer Gegenstand in den Prozess eingeführt, werden die Gebühren, deren Tatbestände der Rechtsanwalt für diese Gegenstände erfüllt, nach dem zusammengerechneten Wert dieser Gegenstände berechnet.
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 07.06.2007; Aktenzeichen 12 O 400/06) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten vom 14.6.2007 wird der Streitwertbeschluss der Zivilkammer 12 des LG Berlin vom 7.6.2007 teilweise wie folgt abgeändert:
Der Gebührenstreitwert beträgt 12.695,20 EUR.
Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
Das Verfahren ist gebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Mit der am 5.9.2006 beim LG Berlin eingegangenen Klage hat die Klägerin von dem Beklagten Zahlung folgender Beträge verlangt:
- Mietzins für den Monat April 2006 i.H.v. 2.484,14 EUR
- Mietzins für den Monat August 2006 i.H.v. 2.484,14 EUR
- Schadensersatz i.H.v. 229,30 EUR.
Mit Schriftsatz vom 29.9.2006 hat die Klägerin die Klage i.H.v. 229,30 EUR zurückgenommen. Gleichzeitig hat sie die Klage um folgenden Betrag erweitert:
- Mietzins September 2006 i.H.v. 2.484,14 EUR
und hat folglich noch Zahlung eines Betrages i.H.v. (3 × 2.484,14) 7.452,42 EUR verlangt.
Mit Schriftsatz vom 15.11.2006 hat die Klägerin den Rechtsstreit wegen des Mietzinses für den Monat September 2006 in der Hauptsache für erledigt erklärt. Gleichzeitig hat die Klägerin die Klage um folgende Beträge erweitert:
- Mietzins für Oktober 2006 i.H.v. 2.489,94 EUR
- Mietzins für November 2006 i.H.v. 2.489,94 EUR.
Mit ihrem Klageantrag hat sie nunmehr Zahlung eines Betrages i.H.v. (4 × 2.489,94 EUR) 9.959,80 EUR verlangt.
Mit Schriftsatz vom 19.12.2006 hat die Klägerin den Rechtsstreit wegen des Mietzinses für den Monat November 2006 in der Hauptsache für erledigt erklärt und zugleich klageerweiternd die Zahlung von
- Mahnkosten i.H.v. 22 EUR geltend gemacht.
Mit ihrem Klageantrag hat sie nunmehr Zahlung eines Betrages i.H.v. 3 × 2.484,14 EUR = 7.452,42 EUR +22 EUR =) 7.474,86 EUR verlangt.
Mit Schriftsatz vom 31.1.2007 hat die Klägerin den Rechtsstreit insgesamt in der Hauptsache für erledigt erklärt. Der Beklagte hat seinerseits mit Schriftsatz vom 23.1.2007 die Hauptsache für erledigt erklärt.
Das LG hat den Streitwert auf (6 × 2.484,14 EUR) = 14.904,84 EUR festgesetzt mit der Begründung, der Mietzins für die Monate April, August, September, Oktober, November und Dezember 2006 sei Streitgegenstand gewesen.
Der Beklagte meint, der Streitwert betrage allenfalls 9.959,80 EUR, da die maximale Klageforderung sich auf 9.959,80 EUR belaufen habe.
Die nach § 68 Abs. 1 zulässige sofortige Beschwerde ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
Der Streitwert war auf 12.695,20 EUR festzusetzen, denn der Kläger hat insgesamt folgende Beträge zum Streitgegenstand gemacht:
- Mietzins April 2006 2.489,94 EUR
- Mietzins August 2006 2.489,94 EUR
- Mietzins Oktober 2006 2.489,94 EUR
- Mietzins November 2006 2.489,94 EUR
- Mietzins September 2006 2.484,14 EUR
- Schadensersatz 229,30 EUR
- Mahnkosten 22 EUR
12.695,20 EUR.
Dem Beklagten ist nicht zu folgen soweit er meint, der Streitwert orientiere sich an der geltend gemachten maximalen Klageforderung.
Der Streitwert berechnet sich nach demjenigen der Klage. Im Fall einer Klageerweiterung erhöht sich die Gebühr entsprechend. Denn sie entsteht als Verfahrensgebühr nach dem neuen Streitwert. Die Verfahrensgebühr kann sich nicht nachträglich vermindern (Peter Hartmann, Kostengesetze, 37. Aufl. 1210, 1211 KV, Rz. 25, 26). Ohne Auswirkung auf die Höhe der gerichtlichen Verfahrensgebühr ist daher eine nachträglich im Lauf des Verfahrens erfolgte teilweise Klagerücknahme (Josef Dörndorfer, der Streitwert für Anfänger, 4. Aufl., Teil I, Rz. 45; KG, KGReport Berlin 2007, 162).
Scheidet während der Tätigkeit des Rechtsanwaltes ein Gegenstand - durch teilweise Hauptsacheerledigung oder teilweise Klagerücknahme aus - und wird sodann ein anderer Gegenstand eingeführt, werden die Gebühren, deren Tatbestände der Rechtsanwalt für diese Gegenstände erfüllt, nach dem zusammengerechneten Wert dieser Gegenstände berechnet (Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert/Müller-Rabe, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 17. Aufl., § 2 RVG, Rz. 9).
Die Berechnung des LG ist insoweit unzutreffend, als der zunächst geltend gemachte Schadensersatzanspruch i.H.v. 229,30 EUR und die zunächst geltend gemachten Mahnkosten i.H.v. 22 EUR bei der Berechnung des Streitwertes nicht berücksichtigt worden sind. Andererseits ist der Mietzins für den Monat Dezember 2006 entgegen der Auffassung des LG nie Streitgegenstand gewesen, so dass er bei der Berechnung des Streitgegenstandes auch nicht zu berücksichtigen ist. Für die Monate April, August, Oktober und November 2006 hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 15.11.2006 jedenfalls im Klageantrag nicht nur 2.484,14 EUR sondern jeweils 2.489,94 EUR geltend gemach...