Leitsatz (amtlich)
Bei einer Verurteilung wegen eines Verstoßes gegen § 244 Abs. 1 Nr. 1 lit. a StGB muss sich aus den tatrichterlichen Feststellungen ergeben, dass der Täter die Waffe oder das andere gefährliche Werkzeug derart griffbereit bei sich führte, dass er sich der Waffe oder des gefährlichen Werkzeugs ohne nennenswerten Zeitaufwand "beim Diebstahl" als Droh- oder Gewaltmittel hätte bedienen können.
Verfahrensgang
LG Berlin (Entscheidung vom 04.04.2006; Aktenzeichen (576) 13 Js 4806/05 Ns (53/06)) |
Tenor
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 4. April 2006 mit Ausnahme der zum Diebstahl getroffenen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe
Das Amtsgericht hat den Angeklagten wegen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt. Seine Berufung hat das Landgericht verworfen und ihn auf die Berufung der Staatsanwaltschaft wegen Diebstahls mit Waffen zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt und zugleich das "beschlagnahmte Taschenmesser" eingezogen. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat einen (vorläufigen) Teilerfolg.
Das Landgericht hat festgestellt: Der Angeklagte steckte in einem Supermarkt eine dort für 6,99 EUR zum Verkauf angebotene Packung Speck unter seine Jacke und wollte damit das Geschäft in der Absicht verlassen, den Speck zu stehlen. In seinem Rucksack führte der Angeklagte - wie er wusste - in einer mit "einem Reißverschluss gesicherten" Innentasche ein Taschenmesser mit einer Klingenlänge von 6,00 cm mit sich.
Die vom Landgericht zum Diebstahl ( §§ 242, 248a StGB) getroffenen Feststellungen sind rechtsfehlerfrei. Sie können bestehen bleiben.
Jedoch halten die Erwägungen des Landgerichts, mit denen es den Angeklagten des Diebstahls mit Waffen für schuldig befunden hat, einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.
Es fehlen schon ausreichende Feststellungen dazu, dass das Messer für den Angeklagten derart griffbereit war, dass er sich dessen ohne nennenswerten Zeitaufwand "beim Diebstahl" als Droh- oder Gewaltmittel hätte bedienen können. Das versteht sich bei dem vom Landgericht festgestellten Aufbewahrungsort nicht von selbst, zumal das Landgericht schon nicht mitteilt, ob der Rucksack verschlossen war und der Angeklagte ihn in der Hand oder auf dem Rücken trug.
Entscheidend kommt hinzu, dass die subjektive Tatseite nicht hinreichend mit Tatsachen belegt ist. Das Landgericht hat zwar nicht verkannt, dass das Tatbestandsmerkmal des "Beisichführens" in § 244 Abs. 1 Nr. 1a StGB nur dann erfüllt ist, wenn der Täter während des Diebstahls das Messer bewusst gebrauchsbereit bei sich hatte (vgl. BGH NStZ-RR 2005, 340; OLG Schleswig NStZ 2004, 212 ). Feststellungen dazu hat die Strafkammer jedoch nicht getroffen. Sie glaubt vielmehr, das "innere Tatgeschehen" bei "lebensnaher Betrachtung aus dem objektiven Sachverhalt" schließen zu können. Das ist rechtsfehlerhaft. Aus dem äußeren Tatgeschehen kann auf die subjektiven Tatbestandsmerkmale nur dann geschlossen werden, wenn eine andere Deutungsmöglichkeit des Täterverhaltens vernünftiger Weise nicht in Betracht kommt oder aufgrund weiterer Umstände ausscheidet. Bei einem Gegenstand des täglichen Lebens, wie einem Taschenmesser, liegt es aber nicht auf der Hand, dass dem Täter die Verfügbarkeit bei der Begehung des Diebstahls überhaupt bewusst ist (vgl. BGH NStZ-RR 2003, 12). Aus dem Einstecken des Messers zu einem früheren Zeitpunkt und dem "Beisichhaben" zur Tatzeit folgt nicht notwendig das (bewusste) "Beisichführen".
Insoweit muss das angefochtene Urteil aufgehoben werden. Der Senat verweist die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurück, da nicht auszuschließen ist, dass der neue Tatrichter zu Feststellungen gelangt, die den Qualifikationstatbestand des § 244 Abs. 1 Nr. 1a StGB belegen.
Fundstellen