Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuwiderhandlung gegen das Wirtschaftsstrafgesetz
Verfahrensgang
AG Berlin-Tiergarten (Urteil vom 23.01.1991; Aktenzeichen 330 OWi 617/90) |
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten in Berlin vom 23. Januar 1991 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde – an das Amtsgericht zurückverwiesen.
Gründe
Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen zwei vorsätzlicher Zuwiderhandlungen gegen § 5 Abs. 1 Wirtschaftsstrafgesetz 1954 – Wi.S.tG – nach § 5 Abs. 2 Wi.S.tG zu Geldbußen von 4.750,– DM und 5.000,– DM verurteilt und gemäß § 8 Abs. 1 Wi.S.tG die Abführung des jeweils erzielten Mehrerlöses angeordnet. Die nach § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 OWiG zulässige Rechtsbeschwerde des Betroffenen, mit der er die Verletzung sachlichen Rechts rügt, führt zur Aufhebung des Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht.
1. Nach den Feststellungen des Amtsgerichts ist der Betroffene Eigentümer eines Grundstücks mit einem im Jahre 1908 erbauten Mehrfamilienhaus und zugleich Geschäftsführer der GmbH, die das Haus verwaltet. In dem Haus wurden seit dem Frühjahr 1988 umfangreiche Modernisierungsarbeiten durchgeführt. Zum 1. Januar 1989 vermietete die Verwalterin eine in dem Haus gelegene Zweizimmerwohnung mit einer Größe von 39,77 m². Der Mietzins für diese Wohnung hatte zuvor 337,91 DM betragen; in dem neuen Vertrag wurde eine monatliche Kaltmiete von 605,– DM vereinbart. Eine andere Zweizimmerwohnung mit einer Größe von 54,5 m² vermietete die Verwalterin zum 15. November 1989 für eine monatliche Kaltmiete von 633,– DM. Der Vormieter hatte 612,– DM gezahlt.
2. Das Amtsgericht hat die ortsüblichen Vergleichsmieten für die beiden Wohnungen anhand der Berliner Mietspiegel für Altbauwohnungen der Fahre 1988 und 1990 ermittelt. Es hat unter Berücksichtigung des Baujahrs des Hauses sowie der Größe beider Wohnungen, der Wohnlage und der Wohnqualität die Wohnungen in die Tabellen der Mietspiegel eingeordnet und anhand dieser Einordnungen ortsübliche Vergleichsmieten von 325,32 DM sowie 388,58 DM bis zum 31. Dezember 1989 und von 365,88 DM sowie 424,01 DM seit dem 1. Januar 1990 errechnet. Dabei hat das Amtsgericht es als gerichtsbekannt bezeichnet, daß die bei Neuvermietungen geforderten und gezahlten Mieten in Berlin derzeit die Mietspiegelsätze bei weitem übersteigen; es hat aber die Auffassung vertreten, daß diese Tatsache lediglich den „zeitweiligen Zusammenbruch” des Wohnungsmarktes in Berlin dokumentiere und der Heranziehung der Mietspiegel zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmieten nicht entgegenstehe. Für die erste Wohnung hat es bis zum 31. Dezember 1989 anstelle der aus den Mietspiegeln errechneten Vergleichsmiete die von dem Vormieter gerzahlte, bis zur Aufhebung der Mietpreisbindung preisrechtlich zulässige Miete in Höhe von 337,91 DM zugrunde gelegt. Es hat ausgeführt, daß die beiden von dem Betroffenen verlangten Mieten mehr als 20 %, mithin nicht unwesentlich über den Vergleichsmieten gerlegen hätten und daher im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 2 Wi.S.tG unangemessen hoch gewesen seien. Daran könnten auch die dem Betroffenen durch die Modernisierung der Wohnungen entstandenen Kosten nichts ändern. Auf die Frage, ob die Modernisierungskosten zu laufenden Aufwendungen im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 3 Wi.S.tG geführt haben, ist es nicht eingegangen.
3. Diesen Ausführungen kann nicht in allen Punkten gefolgt werden.
a) Im Ergebnis zutreffend hat das Amtsgericht zunächst angenommen, daß für die Frage, ob der Betroffene für die Vermietung der beiden Wohnungen unangemessen hohe Entgelte gefordert hat (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Wi.S.tG), allein entscheidend ist, ob diese Entgelte nicht unwesentlich über den nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Wi.S.tG zu ermittelnden ortsüblichen Entgelten gelegen haben, wobei die Wesentlichkeitsgrenze im Sinne dieser Bestimmung bei 20 % anzusetzen ist (vgl. Schmidt-Futterer/Blank, Wohnraumschutzgesetze 6. Aufl., Rdn. D 42 und 43; Meyer in Erbs-Kohlhaas, Strafr. Nebengesetze, § 5 Wi.S.tG Anm. 4 c, jeweils mit Rsprnachw.). Ob die geforderten Entgelte mit in anderen mietrechtlichen Gesetzen getroffenen Bestimmungen zu vereinbaren waren, hat des Amtsgericht demgegenüber zutreffend unerörtert gelassen. § 5 Wi.S.tG stellt eine selbständige Ahndungsnorm dar, die lückenlosen Rechsschutz gegen wesentlich überhöhte Mietforderungen gewährleisten soll (vgl. BGHSt 30, 280, 282). Diesem Zweck wird die Vorschrift nur gerecht, wenn sie Mietforderungen, die die ortsüblichen Entgelte wesentlich überschreiten, grundsätzlich ohne Rücksicht darauf untersagt, wie sie berechnet worden sind und auf welchen Gründen ihre Höhe beruht (so überzeugend OLG Karlsruhe NJW 1984, 62, 63; vgl. auch Schmidt–Futterer/Blank, Rdn. D 27 b). Es ist deshalb für die Entscheidung in der vorliegenden Sache insbesondere auch ohne Bedeutung, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe die dem Betro...