Entscheidungsstichwort (Thema)
Nur "Zweizeugentestament" statt "Dreizeugentestament"
Verfahrensgang
AG Berlin-Lichtenberg (Beschluss vom 29.05.2015; Aktenzeichen 61 H VI 1981/14, 61 H IV 1585/13) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 2) wird der Beschluss des AG Lichtenberg -Nachlassgericht - vom 29.5.2015 geändert:
Der Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 1) wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Die Erblasserin ist ledig und kinderlos verstorben. Sie hatte einen ebenfalls ledig und kinderlos gebliebenen Bruder, der wie ihre Eltern vorverstorben ist, und daher nur weitläufige Verwandte. Der Beteiligte zu 2) wurde neben anderen Nachkommen nach den Großeltern der Erblasserin von seinem vormaligen Verfahrensbevollmächtigten (Enkel des Bruders W...H.des Vaters der Erblasserin) ermittelt (Bl. 11, 29 ff. d.A.). Er macht geltend, neben weiteren Verwandten gesetzlicher Miterbe geworden zu sein.
Die Erblasserin litt vor ihrem Tode an Lungenkrebs. Sie wurde am ... 2013 in das Klinikum ...eingeliefert, wo sie am ... 2013 verstarb.
Am Samstag, den 2.11.2013 wurde dort zu Gunsten der Beteiligten zu 1) folgendes Nottestament errichtet (Blatt 2 der beigezogenen Akte des AG Schöneberg über Verfügungen von Todes wegen zum Aktenzeichen 61 .../13, im Folgenden: Beiakte):
"Nottestament für die Patientin H.H., geboren am ...1933 in Jena.
Hiermit möchte Frau H.H., welche sich derzeit in Behandlung im Klinikum ...befindet ein Testament aufsetzen, um Frau K.G.geb. am ...1960. Adresse: ...als Alleinerbin einsetzen.
Die Patientin befindet sich derzeit in einem schlechten Allgemeinzustand und kann bei körperlicher Schwäche und Blindheit die Unterschrift nicht selbst leisten, weshalb 1 Arzt und eine Pflegefachkraft als Zeugen eingesetzt werden.
Die Patientin ist zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung zeitlich, örtlich, zur Person und situativ orientiert.
Der Patientin wurde das Testament vor Unterzeichnung vorgelesen
Zeuge 1:
Sr. K.N.
Zeuge 2:
Dr. M.Z.".
Nach dem Tode der Erblasserin reichte die Beteiligte zu 1) das von den Zeugen 1 und 2 unterzeichnete Testament bei dem Nachlassgericht ein. Nach einem Hinweis des Nachlassgerichtes an die Beteiligte zu 1) vom 2.1.2014, dass das von ihr eingereichte Testament formunwirksam sein dürfte (Bl. 10 der Beiakte), und der Einholung eines Rechtsrates durch die Beteiligte zu 1), wonach der durch Fehlen einer Zeugenunterschrift entstandene Mangel des Testamentes durch Nachholen der Unterschrift geheilt werden könne (Schreiben der Beteiligten zu 1) vom 21.4.2014 und vom 6.6.2014, Bl. 13 und 15 der Beiakte), beantragte sie die Nachholung der Unterschrift und erschien zu diesem Zweck am 21.7.2014 mit Herrn G.O.vor dem Nachlassgericht, der dort auf das ihm zu diesem Zweck ausgehändigte Original des Testamentes folgenden Vermerk setzte:
"Nachtrag der Unterschrift des 3. Zeugen welcher während des Nottestaments von Frau H.H.anwesend war. G.O.,... (Anschrift) Datum: ... 2014 Berlin
Unterschrift: G.O.".
Mit Schreiben vom 20.10.2014 reichte die Beteiligte zu 1) eine Versicherung an Eides statt des G.O.vom 31.7.2014 ein, wonach er sich während des gesamten Vorganges der Testamentserrichtung am Krankenbett befunden habe; auf Blatt 22 der Beiakte wird verwiesen.
Die Beteiligte zu 1) hat aufgrund notarieller Urkunde vom 27.1.2015 (Blatt 22 ff. der Akten) beantragt, ihr einen Erbschein zu erteilen, der sie als Alleinerbin ausweist. Dem ist der Beteiligte zu 2) entgegengetreten.
Das Nachlassgericht hat durch den angefochtenen Beschluss vom 29.5.2015 die für die Erteilung des Erbscheins erforderlichen Tatsachen für festgestellt erachtet. Das Nottestament entspreche der Form des § 2250 Abs. 1 BGB, da es vor drei Zeugen errichtet worden sei. Der dritte Zeuge habe nachträglich auf dem Testament bestätigt, auch zugegen gewesen zu sein. Die Erblasserin habe sich in naher Todesgefahr befunden, da ihr Allgemeinzustand schlecht war und sie letztlich ihrem Leiden 25 Tage später erlegen sei. Es komme auf die Einschätzung der behandelnden Ärzte an.
Dagegen richtet sich die von dem vormaligen Verfahrensbevollmächtigten W...M.des Beteiligten zu 2) am 25.6. 2015 persönlich übergebene Beschwerde vom 24.6.2015, die er mit Schriftsatz vom 6.7.2015 begründet hat.
II. Die gemäß §§ 58 ff. FamFG statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist auch im Übrigen zulässig. Der Beteiligte zu 2) ist beschwerdebefugt gemäß § 59 Abs. 1 FamFG. Er hat durch die mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 24.11.2015 in beglaubigter Abschrift eingereichten Personenstandsurkunden nachgewiesen, als einer der Enkel des Bruders des Erblasservaters im Falle gesetzlicher Erbfolge einer der gesetzlichen Erben dritter Ordnung (§ 1926 BGB) und damit durch die angefochtene Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt zu sein.
Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.
Bei dem am 2.11.2013 verfassten Nottestament handelt es sich nicht um ein formwirksames Dreizeugentestament gemäß § 2250 BGB, sondern lediglich um ein formunwirksames Zweizeugentestament.
Ge...