Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankentagegeld. Verletztengeld
Normenkette
BGB § 307 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
LG Berlin (Entscheidung vom 08.09.2016; Aktenzeichen 7 O 454/15) |
Gründe
I. Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass beabsichtigt ist, die Berufung der Beklagten vom 03. November 2016 gegen das am 08. September 2016 verkündete und am 05. Oktober 2016 zugestellte Urteil der Zivilkammer 7 des Landgerichts Berlin durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen, weil der Senat nach Vorberatung der Auffassung ist, dass das Rechtsmittel in der Sache offensichtlich unbegründet ist (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
Zu Recht hat das Landgericht die Beklagte zur Zahlung weiterer Krankentagegeldleistungen in Höhe von 94.119,77 EUR zzgl. Zinsen verurteilt. Die hiergegen gerichteten Berufungsangriffe der Beklagten greifen nicht durch.
Gemäß § 513 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht (§ 546 ZPO) oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Dies zeigt die Berufungsbegründung nicht auf.
Der Kläger hat für die von der Beklagten bereits anerkannten Leistungszeiträume -dies ist zwischen den Parteien auch nicht streitig- im Grundsatz einen Anspruch auf Zahlung eines Krankentagegeldes in Höhe der vereinbarten 250,00 EUR/Kalendertag. Streit besteht zwischen den Parteien nur insoweit, als sich die Beklagte auf ein Leistungskürzungsrecht im Hinblick darauf beruft, dass der Kläger in diesen Zeiträumen zugleich auch Verletztengeld von der Berufsgenossenschaft bezogen hat. Zutreffend stellt das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung fest, dass der Beklagten auf der Basis der vertraglichen Vereinbarungen ein solches Kürzungsrecht jedoch nicht zusteht.
1. Soweit das Landgericht auf die im angefochtenen Urteil dargestellte herrschende Meinung -der auch der Senat folgt- verweist, wonach eine Kürzung des Krankentagegeldes durch Anrechnung des Verletztengeldes nicht auf die Regelung in § 4 Abs. 2 AVB gestützt werden kann, weil diese keine Anspruchsbeschränkung, sondern lediglich eine Ordnungsvorschrift im Sinne eines unverbindlichen Programmsatzes formuliert (so zuletzt: OLG Dresden, Urteil vom 13.12.2016 zum Az. 4 U 976/16, zitiert nach juris, dort Rdz. 32 m.w.N.; vgl. auch OLG Saarbrücken ZfSch 2002, 445 - 446, zitiert nach juris, dort Rdz. 26 - 28; OLG Hamm VersR 2000, 750 - 752, zitiert nach juris, dort Rdz. 15) greift die Beklagte dies mit ihrer Berufung nicht an.
2. Entgegen der Ansicht der Beklagten gewährt ihr aber auch die Regelung unter Nr. 1.2 der Tarifbestimmungen zum Tarif TBB kein Kürzungsrecht.
Richtig ist zwar, dass Nr. 1.2 der Tarifbestimmungen -anders als § 4 Abs. 2 AVB- nicht nur ein Verbot ohne Rechtsfolgenregelung enthält, sondern dem insoweit eindeutigen Wortlaut nach eine Anrechnung des Verletztengeldes "bei der Ermittlung des Krankentagegeldanspruchs" anordnet. Der Senat folgt allerdings der Auffassung des Ausgangsgerichts, wonach die Anrechnungsklausel wegen Intransparenz gemäß § 307 Abs. 1 S. 2 BGB unwirksam ist (vgl. auch OLG Dresden a.a.O., Rdz. 33).
a) Das Transparenzgebot verpflichtet den Verwender allgemeiner Versicherungsbedingungen, die Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Dabei kommt es nicht nur darauf an, dass die Klausel in ihrer Formulierung für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer verständlich ist; vielmehr gebieten Treu und Glauben, dass die Klausel auch die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen soweit erkennen lässt, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann. Deshalb muss insbesondere bei einer den Versicherungsschutz einschränkenden Ausschlussklausel der Versicherungsnehmer den ihm danach noch zustehenden Umfang der Versicherung erkennen können (st. Rechtspr., vgl. BGH VersR 2013, 1397 - 1400, zitiert nach juris dort Rdz. 12 m.w.N.). Darüber hinaus verlangt das Transparenzgebot, dass allgemeine Versicherungsbedingungen dem Versicherungsnehmer bereits im Zeitpunkt des Vertragsschlusses vor Augen führen, in welchem Umfang er Versicherungsschutz erlangt und welche Umstände seinen Versicherungsschutz gefährden, denn nur dann kann er die Entscheidung treffen, ob er den angebotenen Versicherungsschutz nimmt oder nicht (vgl. BGH VersR 2016, 1177 - 1181, zitiert nach juris, dort Rdz. 30 m.w.N.).
Entgegen der Ansicht der Beklagten wird die Regelung unter Nr. 1.2 der Tarifbestimmungen TBB diesen Erfordernissen nicht gerecht. Insbesondere ist die Klausel
"In Ergänzung zu § 4 Abs. 2 bzw. 2.1 AVB wird bei Berufsunfällen das Verletztengeld der Berufsgenossenschaft bei der Ermittlung des Krankentagegeldanspruchs angerechnet, sofern Krankentagegeld und Verletztengeld das Nettoeinkommen übersteigen."
nicht eindeutig dahingehend zu verstehen, dass das mit 250,00 EUR/Kalendertag vereinbarte Krankentagegeld bei gleichzeitigem Bezug von Verletztengeld "nur" in dem Umfang gekürzt werden soll, in dem die Summe von Verletztengel...