Entscheidungsstichwort (Thema)
Verweisungsantrag im Beschwerdeverfahren bei Entscheidung durch das sachlich unzuständige LG
Leitsatz (amtlich)
1. Entscheidet das LG als sachlich unzuständiges Gericht (§ 788 Abs. 2 ZPO) über einen Kostenfestsetzungsantrag, so ist es auf die unbeschränkt eingelegte Beschwerde des Kostenschuldners befugt, den Kostenfestsetzungsbeschluss wegen des von Amts wegen zu beachtenden Zuständigkeitsmangels aufzuheben. Zur Zurückweisung des Kostenfestsetzungsantrages mangels sachlicher Zuständigkeit - wenn keine Abgabe oder Verweisung beantragt wird - ist nur das angerufene Gericht befugt.
2. Das Beschwerdegericht kann das Verfahren über den Kostenfestsetzungsantrag auf den erst mit der Beschwerde gestellten Antrag an das gem. §§ 788 Abs. 2 S. 1, 764 Abs. 2 ZPO örtlich und sachlich zuständige Vollstreckungsgericht verweisen, sofern dieses bestimmt werden kann. Andernfalls ist die Sache zur Entscheidung über den Verweisungsantrag an das LG zurückzuverweisen.
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 25.06.2003; Aktenzeichen 13 O 177/97) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben, soweit durch ihn der Festsetzungsantrag der Klägerinnen vom 26.8.2002 zurückgewiesen wurde.
Die Sache wird an das LG Berlin zur Entscheidung über den Verweigungsantrag der Klägerinnen zurückverwiesen.
Gründe
I. Mit dem am 28.8.2002 beim AG Schöneberg - Grundbuchamt - eingereichten Antrag haben die Klägerinnen die Festsetzung von Zwangsvollstreckungskosten gem. § 788 ZPO für einen dort am 19.3.2001 gestellten Antrag auf Eintragung einer Zwangshypothek gegen den Beklagten i.H.v. 588,53 Euro - einschließlich einer Erhöhungsgebühr nach § 6 BRAGO - beantragt. Die Sache wurde beim Grundbuchamt ausgetragen und mit Verfügung vom 2.9.2002 an das Vollstreckungsgericht bei dem AG Schöneberg I zur weiteren Veranlassung gesandt, gelangte jedoch an das LG Berlin, wo sie am 12.9.2002 einging. Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 13.9.2002 setzte das LG Berlin zu Gunsten der Klägerinnen Vollstreckungskosten i.H.v. 482,49 Euro fest, wobei die Erhöhungsgebühr gem. § 6 BRAGO abgesetzt wurde. Hiergegen haben die Klägerinnen am 18.10.2002 - wegen des abgesetzten Betrages - und der Beklagte am 23.10.2002 sofortige Beschwerde - jeweils rechtzeitig - eingelegt. Der Beklagte rügt, es handele sich nicht um notwendige Kosten der Zwangsvollstreckung, da die titulierte Forderung bereits am 19.3.2001 bezahlt worden und dem Zwangsvollstreckungsantrag der Klägerinnen der erforderliche Schuldtitel nicht beigefügt worden sei, was das AG Schöneberg zu Recht beanstandet habe.
Der Rechtspfleger des LG Berlin hat mit Beschluss vom 25.6.2003 den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 13.9.2002 aufgehoben und den Antrag zurückgewiesen. Zur Begründung wird ausgeführt, das LG Berlin sei für die Festsetzung nach § 788 ZPO "im vorliegenden Fall nicht zuständig". Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat das LG den Klägerinnen auferlegt.
II. Die mit Schriftsatz vom 8.8.2003 eingelegte Beschwerde ist als sofortige Beschwerde gegen den Beschluss vom 25.6.2003 zulässig (§ 11 Abs. 1 RPflG i.V.m. §§ 104 Abs. 3 S. 1, 567 Abs. 2 S. 2, 569 ZPO). Sie hat im Wesentlichen Erfolg.
1. Mit dem Rechtsmittel wenden sich die Klägerinnen gegen den im Kostenfestsetzungsverfahren ergangenen Beschluss vom 13.9.2002, soweit durch diesen Beschluss ihr Festsetzungsantrag vom 26.8.2002 mangels sachlicher Zuständigkeit des LG gem. § 788 Abs. 2 S. 1 ZPO zurückgewiesen wurde. Insoweit hat die sofortige Beschwerde Erfolg, denn die Zurückweisung des Antrags durch das LG war fehlerhaft. Die Klägerinnen hatten den Antrag beim AG Schöneberg - als Vollstreckungsgericht - gestellt und eine Abgabe an das LG - als Prozessgericht - nicht beantragt. Nur das angerufene Gericht konnte aber den Antrag mangels Zuständigkeit zurückweisen, wenn eine Abgabe oder Verweisung an das zuständige Gericht nicht beantragt wurde.
2. Bei der Aufhebung des Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 13.9.2002 durch den angefochtenen Beschluss hat es hingegen zu verbleiben, da die Klägerinnen den Beschluss vom 25.6.2003 insoweit nicht angegriffen haben. Das LG war im Übrigen durch den Grundsatz der auch für Kostenfestsetzungsbeschlüsse geltenden formellen und materiellen Rechtskraft (vgl. BGH v. 16.1.2003 - V ZB 51/02, MDR 2003, 476 = BGHReport 2003, 411 = AGS 2003, 176 = NJW 2003, 1462) nicht gehindert, seinen eigenen Beschluss vom 13.9.2002 wegen sachlicher Unzuständigkeit aufzuheben. Anders als im Fall OLG München RPfleger 2000, 298 war der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 13.9.2002 vom Beklagten mit Schriftsatz vom 23.10.2002 - rechtzeitig - in vollem Umfang angefochten worden, so dass dessen formelle Rechtskraft nicht eingetreten ist. Bei der gem. § 11 Abs. 1 RPflG, §§ 104 Abs. 3 S. 1, 572 Abs. 1 S. 1 ZPO zu treffenden Abhilfeentscheidung hatte das LG die fehlende sachliche Zuständigkeit auch ohne Rüge von Amts wegen zu beachten. § 571 Abs. 2 S. 2 ZPO schränkt die Abhilfebefugnis nicht ein; die Vorschrift, die der Prozessökonomie dient...