Normenkette
BGB § 249 Abs. 1, 2 S. 2
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 27.09.2019; Aktenzeichen 43 O 235/18) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen das am 27. September 2019 verkündete Urteil der Zivilkammer 43 des Landgerichts Berlin - 43 O 235/18 - teilweise geändert:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt,
1. an den Kläger 4.666,34 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15. September 2018 zu zahlen,
2. den Kläger von den Sachverständigenkosten in Höhe von 1.184,48 EUR, resultierend aus der Rechnung des A & K Kfz-Sachverständigenbüro Dipl.-Ing. T. A... vom 1. August 2018 (Rechnungsnummer 010818-2 312), gegenüber der ... GmbH freizustellen und
3. an den Kläger weitere 356,82 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15. September 2018 zu zahlen.
Die Kosten des ersten Rechtszuges Rechtsstreits haben der Kläger zu 39 % und die Beklagten zu 61 % zu tragen.
Die Kosten des zweiten Rechtszuges Rechtsstreits haben der Kläger zu 10 % und die Beklagten 90 % zu tragen.
Das Urteil sowie im Umfang der Zurückweisung der Berufung das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Von der Darstellung des Sachverhaltes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen.
II. Die zulässige Berufung ist überwiegend begründet.
Dem Kläger als Eigentümer des beschädigten Fahrzeuges stehen gegen die Beklagten, als Fahrzeughalter, Fahrzeugführer bzw. Haftpflichtversicherer, die geltend gemachten Schadenersatzansprüche gemäß §§ 823 Abs. 1, 249 BGB; §§ 7, 17 StVG; § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und S. 4 VVG § 421 BGB wegen des Verkehrsunfalls vom 31. Juli 2018 gegen 15:15 Uhr an der Kreuzung Oppelner Straße - Oberbaumstraße / Schlesische Straße in Berlin in Höhe von 4.666,34 EUR (Wiederbeschaffungsaufwand netto 4.646,34 EUR und 20 EUR Unkostenpauschale) auf Zahlung bzw. in Höhe von 1.184,48 EUR auf Freistellung zu, weil der Beklagte zu 2. den Unfall allein verschuldete und daher im Ergebnis der Abwägung des Verschuldens und der Mitverursachungsanteile (§§ 17 Abs. 1 und Abs. 2, 9 StVG, 254 BGB) die Beklagten den Schaden dem Grunde nach in vollem Umfang zu tragen haben. Ein Anspruch auf Ersatz der auf den Wiederbeschaffungsaufwand in Höhe der Differenzsteuer mit 2,5 % berechneten Mehrwertsteuer steht ihm mangels Anfallens von Mehrwertsteuer jedoch nicht zu. Im Übrigen steht ihm aus eigenem Recht ein Anspruch auf Zahlung der vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 150 EUR und i.V.m. §§ 86 Abs. 1 VVG, 398 BGB über die Selbstbeteiligung hinausgehende vorgerichtliche Anwaltskosten, allerdings nur nach einem entsprechend geringeren Gegenstandswert, in Höhe von weiteren 435,72 EUR aus (rück-) abgetretenem Recht der Rechtsschutzversicherung, insgesamt 585,72 EUR zu.
1. Das Alleinverschulden des Beklagten zu 2. steht fest. Er hat gegen die aus § 7 Abs. 1, Abs. 3 StVO folgende Pflicht zum Spurhalten im Fahrstreifen (vgl. BGH, Urteil vom 12.12.2006 - VI ZR 75/06 - NZV 2007, 185 [6]; Heß in: Burmann u.a., Straßenverkehrsrecht, 26. Aufl. (2020), § 7 StVO Rn. 1; Freymann in: Geigel, Der Haftpflichtprozess, 28. Aufl., Kap. 27 Rn. 216) verstoßen und zudem unter Missachtung der ihm obliegenden Sorgfaltspflichten aus § 7 Abs. 5 StVO das Wechseln in den rechten Fahrstreifen bei dem Halten vor der Rot abstrahlenden Ampel begonnen und nach dem Anfahren ohne Setzen des Fahrtrichtungsanzeigers fortgesetzt, ohne auf das im rechten Fahrstreifen bevorrechtigte Fahrzeug des Klägers zu achten. Der Umstand, dass der Lkw zunächst - trotz üblicher Breite des mittleren markierten Fahrstreifens - auch den rechten Fahrstreifen in einer Breite von 30 cm in Anspruch nahm, schloss die Nutzung des Fahrstreifens durch den Kläger nicht aus, denn andernfalls hätte er sich nicht in diesem Fahrstreifen rechts neben dem Lkw an der Haltelinie befinden können. Lkw-Fahrer dürfen zwar ausnahmsweise zwei Fahrstreifen belegen, wenn dies z.B. beim Abbiegen erforderlich sein sollte. Sie haben dann aber zunächst den Sorgfaltspflichten des § 7 Abs. 5 StVO zu genügen und den Fahrstreifenwechsel rechtzeitig vorher anzukündigen sowie anschließend deutlich beide Fahrstreifen zu belegen, so dass jedes Missverständnis für den nachfolgenden Verkehr ausgeschlossen ist (Senat, [Hinweis-] Beschluss vom 6. August 2020 - 22 U 99/19 - [nicht veröffentlicht]). Dies war hier nicht der Fall. Dass der seitliche Abstand zu einem Fahrzeug im linken Fahrstreifen beengt gewesen sein soll, rechtfertigt die Nutzung zweier Fahrstreifen noch nicht. Es ist nicht ersichtlich, dass ein (teilweiser) Fahrtstreifenwechsel zuvor ordnungsgemäß angezeigt und die Sorgfaltspflichten des § 7 Abs. 5 StVO eingehalten wurden. Das Überfahren der Fahrstreifenbegrenzung um 30 cm genügt auch nicht, um die Absicht, beide Fahrstreifen belegen zu wollen, deutlich zu machen. Ferner waren die Fahrstreifen mit Pfeilmarkierungen versehen und der rechte Fahrstreifen durf...